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(GZ-9-2019)
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► Pressegespräch der Waren- und Dienstleistungsunternehmen:

 

Stabile Geschäftsentwicklung bei Bayerns Genossenschaften

 

Bayerns genossenschaftliche Waren- und Dienstleistungsunternehmen haben auch 2018 erfolgreich gewirtschaftet. Sie sind erneut gewachsen und haben mehr verdient. „Bei ihnen läuft es rund, sie sind als eine der größten mittelständischen Wirtschaftsorganisationen fest im bayerischen Wirtschaftsleben verankert und ein lebendiger Bestandteil der bayerischen Gesellschaft“, betonte Jürgen Gros, Präsident des Genossenschaftsverbandes Bayern (GVB), vor der Presse. Die 1.053 Genossenschaften in Bayern mit ihren mehr als 20.000 Mitarbeitern, hinter denen 620.000 Mitglieder stehen, sind in 35 Branchen aktiv. Addiert haben sie im Berichtsjahr 12,7 Mrd. Euro umgesetzt (+1,5 %) und ein Ergebnis vor Steuern von 259,5 Mio. Euro (+ 8,0 %) erzielt.

Die vielfältig tätigen Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften sind als Partner der Landwirtschaft, als dezentrale Energielieferanten, regionale Nahversorger, im Gesundheitswesen, in Handel und Handwerk, aber auch als IT-Dienstleister tätig. Sie sind nur ein Teil des GVB, der auch 236 Volks- und Raiffeisenbanken zu seinen insgesamt 1.242 Mitgliedern zählt. Beide Bereiche zusammengenommen, sind im bayerischen Genossenschaftsbereich, der sich auf rund 2,9 Mio. Mitglieder stützt, mehr als 50.000 Menschen beschäftigt.

Molkereigenossenschaften

Für viele Landwirte haben die 146 Molkereigenossenschaften besonders große Bedeutung, denn die Existenz der Grünlandbauern hängt entscheidend vom Milchpreis ab. 2018 blieb der Molkereisektor, anders als in den Vorjahren, von extremen Ausschlägen beim Milchpreis durch die hohe Nachfrage am Weltmarkt und die hohen Preise für die Fettverwertung verschont. Übers Jahr gerechnet, betrug der Preis 36,7 Cent je kg, bei Bio-Milch etwa 49,0 Cent. Auf dem volatilen Markt ist der Preis gegenüber 2017 leicht gesunken. Dass die genossenschaftlichen Molkereien, die über die Jahre ihr Eigenkapital um 90 % aufgestockt haben, den Preis dennoch leicht gestützt haben, trug zur Stabilisierung bei, „denn stabile Preise dienen der Marktglättung“.

Verhaltener Ausblick

Der Ausblick fürs laufende Jahr ist „sehr verhalten“. Der Milchpreis, der sehr stark vom Weltmarkt abhängt und von den großen Einzelhändlern in Deutschland, die auf diesem Gebiet fast 82 % des Marktes beherrschen, immer wieder zu drücken versucht wird, wird nach GVB-Ansicht etwa auf 35 Cent sinken. Der Preis für Bio-Milch dürfte konstant bleiben. Der Markt für Bio-Milch, die zur Kostendeckung etwa 12 Cent teurer sein müsse, sei aber nicht unbegrenzt aufnahmefähig, weil die Nachfrage fehle. Es komme darauf an, dass sich das Verbraucherverhalten ändere. Ein Viertel der Bio-Milch stammt aus Genossenschaftsmolkereien.

Rückläufiger Umsatz

Der Umsatz der 146 Genossenschaftsmolkereien war um 5,1 % auf 3,106 Mrd. Euro rückläufig. Das Ergebnis fiel gar mit 27,4 Mio. Euro um 18,0 % geringer aus. Dass der Anteil der im Milchsektor tätigen Genossenschaften am gesamten Mengenaufkommen rückläufig war, sei auf strukturelle Änderungen des Geschäftsmodells der Milchliefergenossenschaften zurückzuführen. Sie träten nämlich zunehmend als Vermittler auf und wiesen Umsätze damit nicht mehr in den eigenen Büchern aus. Die Zahl der Molkereien ging um 6 zurück.

Von den Brüsseler Politikern forderte Gros, die Autonomie der Lieferbeziehungen im genossenschaftlichen Milchsektor zu respektieren. Die Abnahmegarantie in Kombination mit der  Andienungspflicht biete den Landwirten Planungssicherheit. Selbst bei schwierigen Marktbedingungen könnten Landwirte ihre Milch bei Molkereigenossenschaften absetzen. Diese Stabilität aber würde den zuletzt immer wieder diskutierten staatlichen Eingriffen in die Lieferbeziehungen zum Opfer fallen.

Mit 46 Genossenschaften hat der Handelsbereich seinen Um-satz um 3 % auf 4,746 Mrd. Euro gesteigert. Dennoch schrumpfe der Gewinn leicht um 0,9 % auf 32,4 Mio. Euro. Als eine wesentliche Ursache nannte Gros den Strukturwandel durch das zunehmende online-Geschäft und durch den Direktvertrieb der Firmen, vor allem im Baustoffbereich, aber auch bei Agrar- und Stalltechnik.

Die 97 Raiffeisen-Warengeschäfte, von denen 48 eigenständig wirtschaften und 49 einer Kreditgenossenschaft mit Warengeschäft angeschlossen sind, konnten zwar ihren Umsatz um 1,4 % auf 1,176 Mrd. Euro steigern, doch ging der Gewinn um 1,3 % auf 11,8 Mio. Euro zurück. Ihnen erging es ähnlich wie den Handelsgenossenschaften. Wegen der schwachen Ernte gab es Einbußen beim Getreidehandel. Andererseits florierte der Handel mit Baustoffen sowie mit Agrar- und Stalltechnik.

Zunehmende Nachfrage nach regionalen Erzeugnissen

Dagegen steigerten die 272 ländlichen Genossenschaften, die sich u.a. mit Viehzucht und –vermarktung, Getreidehandel so-wie Gemüse- und Weinanbau beschäftigen und an 148 Standorten 249 Lagerhäuser betreiben, ihren Umsatz um 9,6 % auf 1,323 Mrd. Euro, und den Gewinn gar um 11,0 % auf 21,8 Mio. Euro. Positiv wirkte die zunehmende Nachfrage nach regionalen Erzeugnissen. Die Zahl der Mitglieder hat weiter zugenommen.

Die Energiegenossenschaften spürten die Wetterkapriolen des Jahres 2018. Unternehmen mit Photovoltaik speisten so viel Strom in die Netze wie noch nie zuvor. Bei den Wärmeversorgern schmälerten jedoch die höheren Durchschnittstemperaturen den Erlös, weil die Haushalte weniger heizten. Und die Betreiber von Wasserkraftanlagen litten unter den niedrigen Wasserständen. Mit 170.000 (Vorjahr: 155.000) Megawattstunden erzeugten die Genossenschaften so viel Strom, wie etwa 55.000 Durchschnittshaushalte im Jahr verbrauchen.

Bürokratische Hemmnisse abbauen

Beim derzeitigen Energiedialog der bayerischen Staatsregierung vertritt der Verband die Interessen von 262 Energiegenossenschaften. „Wir setzen uns besonders dafür ein, bürokratische Hemmnisse abzubauen“, sagte der GVB-Präsident. Dazu zähle beispielsweise, dass Mitglieder von Energiegenossenschaften beim Verbrauch des mit einer Gemeinschaftsanlage produzierten Stroms die volle EEG-Umlage abführen müssten, von Privatpersonen und anderen Unternehmen bei der Eigenversorgung hingegen nur eine reduzierte Umlage verlangt werde. Diese Ungleichbehandlung gehöre abgeschafft.

Besonders gut ging es den 144 gewerblichen Genossenschaften, die zum Beispiel im Gesundheitswesen oder in der Beratung tätig sind. Sie legten beim Umsatz um 5,2 % auf 1,133 Mrd. Euro zu und erhöhten ihren Gewinn um 19,4 % auf 112,6 Mio. Euro. Ähnlich gut schnitten die 45 Handwerksgenossenschaften ab mit einem Umsatz von 793 Mio. Euro (+3,9 %) und Erlösen von 30,4 Mio. Euro (+ 11,6 %). Hier sind z.B. Dachdecker, Gebäudetechniker wie Spengler oder Elektriker, aber auch Mitglieder zu finden, die Einkäufe bündeln.

In den zurückliegenden zehn Jahren sind 380 neue Genossenschaften entstanden. Im Berichtsjahr sind 14 hinzugekommen nach 19 im Jahr zuvor. Drei der Neuen waren kleine Brauereien, nämlich in Schleißheim, Altenfurt bei Nürnberg und Holztraubach bei Regensburg. Insgesamt gibt es in Bayern nun 14 Genossenschafsbrauereien, die im Jahr etwa 170.000 hl Bier brauen. Gros: „Das stellt nicht den Biermarkt auf den Kopf, zeigt aber, dass die bayerische Bierkultur mit regionalen, oft über Jahrzehnte überlieferten Brautraditionen weiter lebt.“

Generationenwechsel

Zum Schluss seiner Ausführungen wies Gros auf ein sehr spezielles Problem hin. Im Jahr 2021 werde es fast 30.000 Betriebe geben, die vor dem Problem des Generationenwechsels stünden, ohne zu wissen, wie sie dieses Problem lösen könnten. Hier biete der Genossenschaftsbereich drei Lösungsmöglichkeiten an: Zum ersten könne die Altgesellschaft in eine eingetragene Genossenschaft umgewandelt werden, wobei weitere Mitglieder aufgenommen werden könnten. Zum zweiten könne eine Genossenschaft als Holding gegründet werden, die die Interessen der Familie wahre, aber die Mitarbeiter an der Altgesellschaft beteilige. Und zum dritten gäbe es die Möglichkeit, dass eine Mitarbeiter-Genossenschaft das operative Geschäft der Altgesellschaft übernehme, ohne am Vermögen des Unternehmens, etwa den Immobilien, beteiligt zu werden.

dhg

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