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(GZ-13-2023 - 6. Juli)
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► Bayerns Landrätinnen und Landräte:

 

Neue Wege in der Pflege

 

Bayerische Landrätinnen und Landräte haben sich im Rahmen einer offenen Klausurtagung im Juni mit der sich zunehmend verschärfenden Versorgungslage in der Langzeitpflege beschäftigt und „neue Wege in der Pflege“ diskutiert.

Landrat Thomas Eichinger, Landsberg a. Lech, Vorsitzender des Sozialausschusses beim Bayerischen Landkreistag, zur Begrüßung: „Wir diskutieren die Versorgung pflegebedürftiger Menschen seit Jahren unter den Prämissen fehlender Pflegekräfte, steigender Bedarfe und überforderter Angehöriger. Als Landkreise sind wir zwar einerseits mittendrin und doch sind uns andererseits aufgrund des eingeschränkten gesetzlichen Auftrages die Hände gebunden. Aus dieser Misere gibt es verschiedene Wege. Wollen wir dem Personalmangel etwas entgegensetzen, brauchen wir u. a. eine vollständige Aufhebung der Fachkraftquote, um umgehend die Kapazitäten ohne Qualitätseinbußen ausweiten zu können. Wir brauchen schnellstmöglich eine Entbürokratisierung der Pflegedokumentation und wir müssen die Leistungen von Pflegefachkräften aus dem Ausland schnell und unbürokratisch anerkennen.“

Negatives Bild und viele innovative Konzepte

„Mindestens genauso wichtig ist aber die Antwort auf die Frage, wie gute Pflege in Zukunft überhaupt aussehen soll, und wie wir diese neu denken können. Pflegeeinrichtungen, die aufgrund des Arbeitskräftemangels Betten oder ganze Trakte still legen müssen, oder Dienste, die keine Touren mehr machen, gehören heute zum negativen Bild der Langzeitpflege. Auf der anderen Seite sehen wir viele innovative Konzepte, die starke und empathische Antworten auf die bestehenden Engpässe geben. Darin liegt die Zukunft! So sind unter anderem der Pflegebauernhof Marienrachdorf, die Pflegewohnung in Euerdorf, die Gemeindeschwester Steinbach am Wald/ Teuschnitz oder auch die Gemeindeschwester des BRK Kronach und auch der Pflegekrisendienst im Landkreis Erding Vorzeigemodelle neuer Wege in der Pflege. Diese Modelle bekämpfen nicht nur den Pflegenotstand, sie erlauben es unseren Älteren, auch bei Pflegebedürftigkeit länger noch ein eigenbestimmtes Leben zu führen“.

Große gesellschaftliche Herausforderung

Bayerns Gesundheits- und Pflegeminister Klaus Holetschek betonte: „Eine gute Betreuung und Versorgung der steigenden Zahl von Pflegebedürftigen ist die große gesellschaftliche Herausforderung. Klar ist: Diese Aufgabe können wir nur gemeinsam erfolgreich bewältigen. Die Strategie ‚Gute Pflege. Daheim in Bayern‘, die wir am 21. Oktober 2022 zusammen mit den Kommunalen Spitzenverbänden und den Pflegekassen beschlossen haben, liefert Lösungsansätze zum Auf- und Ausbau einer zukunftsfähigen pflegerischen Versorgungsstruktur.“

Holetschek fügte hinzu: „Mir ist es wichtig, individuelle und bedarfsgerechte Angebote in Bayern auszubauen, denn die Pflege muss zu den Menschen kommen. Im Rahmen unseres sehr erfolgreichen Investitionskostenförderprogramms ‚Pflege-soNah‘ unterstützen wir den Ausbau der Pflegeinfrastruktur.

Lauterbach muss endlich seine Hausaufgaben machen

Der Minister ergänzte: „Ich werde beim Megathema Pflege nicht lockerlassen und dabei auch immer wieder Bundesgesundheitsminister Lauterbach auffordern, endlich seine Hausaufgaben zu erledigen. Er muss das Thema Pflege zur Chefsache machen. Wir brauchen dringend Meilensteine für die Pflege – einen schlüssigen Plan gegen den Fachkräftemangel, steuerfreie Zuschläge sowie eine umfassende Finanz- und Strukturreform der Pflegeversicherung. Ohne zusätzliche Steuermittel werden wir keine solide Basis hinbekommen.“

Landrat Peter von der Grün, Neuburg-Schrobenhausen: „Der Anteil der älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger steigt an. Nehmen wir ein Beispiel aus dem Landkreis Neuburg-Schrobenhausen: Bis 2041 wird bei uns laut regionalisierter Prognose die Zahl der über 65-Jährigen im Vergleich zu 2021 um 40 Prozent ansteigen. Es ist höchste Zeit, dass wir gemeinsam das Thema Pflege neu denken. Die Herausforderung der Zukunft wird sein, mehr Menschen in die Pflegeberufe zu bringen und gleichzeitig neue Pflegekonzepte zu entwickeln, die schonender mit den Personalressourcen umgehen als bislang in der stationären Versorgung. Ein Beispiel aus unserem Landkreis, das Vorbildcharakter hat, ist das Projekt „Pflegebauernhof mit zwei ambulant betreuten Wohngemeinschaften“, das in Karlshuld mit finanzieller Förderung des Bayerischen Gesundheitsministeriums umgesetzt wird. Es ist vor allem auch hinsichtlich eines respektvollen Umgangs mit den Pflegebedürftigen und deren Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ein Leuchtturmprojekt.“

Gastgeber der Veranstaltung war der Landkreis Neuburg-Schrobenhausen. Beteiligt war die Kommunale Altenhilfe Bayern, ein genossenschaftlicher Zusammenschluss der Kreispflegeheime von 14 Landkreisen. Referiert haben neben Staatsminister Klaus Holetschek, MdL, Prof. Dr. Alexander Schraml, Kommunale Altenhilfe Bayern, der Vorstandsvorsitzende des Kuratoriums Deutsche Altershilfe, Helmut Kneppe (ehem. Sozialdezernent des Kreises Siege-Wittgenstein), die Vorstandsvorsitzende der AOK Bayern, Dr. Irmgard Stippler, und Prof. Frank Weidner vom Deutschen Institut für angewandte Pflegeforschung.

 

 

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