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(GZ-12-2021)
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Mit Ruhe, Überlegung und Gemütlichkeit kommt man am weitesten

„Mit Ruhe, Überlegung und Gemütlichkeit kommt man am weitesten“, meint der Rathauskater, der viel vom Oblomowieren hält und sich ansonsten an einer über die Lebensarbeitszeit gestreckten Work-Life-Balance orientiert. Gerne zitiert er Marie von Ebner-Eschenbach: „Das meiste haben wir gewöhnlich in der Zeit getan, in der wir meinen, nichts getan zu haben“.

„Pino, was fläzt Du wieder faul in der Gegend rum? Das kann doch wohl nicht wahr sein, so etwas Träges habe ich ja noch nie gesehen.“ Der Bürgermeister war schlechter Laune und ließ diese an mir aus, obwohl ich im buchstabenwörtlichen Sinne gar nichts gemacht habe.

Nebenbei hat sich der Bürgermeister als schlechter Beobachter geoutet. Denn dass Katzen Meister im „arte di vivere“ sind, weiß ein interessiertes Publikum ja spätestens seit den Abenteuern des Katers Garfield, der fett, faul und Lasagne-mampfend Comicgeschichte geschrieben hat.

Streng wissenschaftlich ist es so, dass Katzen im Durchschnitt 70 Prozent des Tages verschlafen, also so 16 Stunden, wobei man an hektischen Tagen manchmal nur auf knapp zwölf Stunden kommt, während an ungemütlichen Wintertagen auch schon mal 20 Stunden zusammenkommen können. Man muss ja mit seinem Energievorrat haushalten. Als Raubtiere mit gesundem Selbsterhaltungstrieb schlafen wir natürlich nicht 16 Stunden am Stück, sondern die Schlafpausen verteilen sich über den ganzen Tag. Mit dieser klugen Verteilung von Ruhe- und Regenerationsphasen über die Zeitachse erklärt sich natürlich ein Stück weit der ausgeglichene und souveräne Charakter, der uns Katzen eigen ist. Mit Ruhe, Überlegung und Gemütlichkeit kommt man halt immer noch am weitesten.

Die Menschen haben die Kunst des Müßiggangs ja vollkommen verlernt. „Müßiggang ist aller Laster Anfang“, „Im Schweiße Deines Angesichts sollst Du das Brot essen“, „Die Pflicht ruft“ – allüberall Aufforderungen zur Leistung, zur Tätigkeit, zum sich tummeln. Und auch das Motto „Arbeit macht das Leben süß“ wird nur noch von schlafbedürftigen Pubertieren durch den Nachsatz „doch Faulheit stärkt die Glieder“ ergänzt.

Dabei war das Ideal des Müßiggangs, der Freiheit vom Zwang zur Arbeit, die Möglichkeit des von materiellen Sorgen befreiten Austauschs von Gedanken über Jahrhunderte in der Antike ein erstrebenswertes Ziel. Mönchisches Leben ist auch geprägt von Phasen der inneren Einkehr, vom Weg zu sich selbst, der natürlicherweise nicht hektisch, sondern nur kontemplativ beschritten werden kann. Zu unseren festen kulturellen Schätzen gehören Vorstellungen vom Schlaraffenland, vom einfachen Leben zurück zur Natur und solche literarischen Gestalten wie Iwan Gontscharows „Oblomow“, der seit 160 Jahren eine so nachhaltige Wirkung hat, dass das träge in den Tag hineinleben immer noch als oblomowieren bezeichnet wird; sogar im Französischen gibt es das Wort.

In der nichtliterarischen Realität ist der Mensch aber einer gnadenlosen Leistungserwartung ausgesetzt. Sorry, aber burn-out gibt es im Tierreich nicht. Nach einem Bericht der Vereinten Nationen sterben jährlich weltweit 745.000 Menschen an der unnatürlichsten aller Todesursachen – Überarbeitung!

Und warum das alles? Nur um mit 63 Jahren in Rente gehen zu können. Oder es begeben sich Leute in eine extreme Form des Leistungsdrucks, indem sie sich ein Ziel für Kapitalakkumulation bis zu einem bestimmten Lebensalter setzen, um dann aussteigen zu können – und nichts mehr zu tun. Also auf der einen Seite von 30 bis 60 sich kaputtarbeiten bis zum Umfallen und auf der anderen Seite die Rente mit 68 oder 70 als sozialpolitischen Gottseibeiuns zu brandmarken, das ist eine intellektuelle Transferleistung, die ich nicht nachvollziehen kann. Da bin ich doch eher bei der Generation Y, die sich stärker an einer über die Lebensarbeitszeit gestreckten Work-Life-Balance orientiert. Vielleicht machen die Millennials weniger Überstunden als die Generationen vor ihnen, dafür sind sie aber auch offener für längere Lebensarbeitszeiten.

Gut, der Bürgermeister ist noch aus altem Schrot und Korn und hat ein ganz klares Arbeitsethos. Andererseits ist er ein glühender Verehrer der Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach. Und schon diese wusste: „Das meiste haben wir gewöhnlich in der Zeit getan, in der wir meinen, nichts getan zu haben“.

Ihr Pino

Pino

 

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