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(GZ-5-2022)
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Der olympische Geist: Einschränkung und Überwachung

Damit sich freiheitliche Gedanken nicht wie ein Virus verbreiten und pandemisch werden, nutzte China die Null-Covid-Strategie für Einschränkungen, Überwachungen und Schikanen. Nun ist der Spuk vorbei, allerdings steht mit der Fußball-WM ausgerechnet im Wüstenstaat Qatar der nächste Kommerzklamauk schon vor der Tür.

Puh, was waren das für zwei anstrengende Wochen – Olympia total zu den ungünstigsten Sendezeiten. Nur übertroffen vom Super Bowl, der erst in den frühen Morgenstunden zu Ende war und zu einer einmaligen Verödung des Büros geführt hat, so viele hatten sich den Montag darauf freigenommen. American Football ist offensichtlich mächtig im Kommen!

Aber zurück zu Olympia, wobei man eigentlich einen anderen Namen für diesen Kommerzklamauk finden sollte, denn von Bobfahren, Eiskunstlaufen und Skitrick in der Halfpipe wissen die Analen des antiken Olympia nicht zu berichten. Aber es geht ja eh nicht um Sport, denn sonst hätte man eine vollgedopte Fünfzehnjährige ja erst gar nicht zugelassen. Mein Gott, 15 Jahre! Da schaut man, Achtung Klischeealarm, sich Schminktutorials auf YouTube an oder probiert aus, bis zu welchen Minusgraden man ohne Socken in Siebenachteljeans und Chucks herumlaufen kann, aber man lässt sich doch nicht freiwillig vollgepumpt mit Opas Herztabletten psychisch fertigmachen. Das ist doch alles nicht normal.

Nein, es geht um Geld und die Ehre – und bei letzterem ging es den Deutschen ja ganz gut. Platz 2 im Medaillenspiegel, Respekt. Aber noch viel schöner ist es, dass auf Platz 1 nicht irgendein großes Land wie die USA oder ein Gernegroßland wie China steht, sondern Norwegen. Ein kleines skandinavisches Land mit sympathischen Leuten, wo vom Langlauf bis zum Skifahren der Wintersport einfach zu Hause ist. Ob die auch dopen? Weiß ich nicht, aber man kann sich bei den Norwegern wenigstens der Illusion hingeben, dass es dort so etwas nicht gibt.

Ginge es allerdings nicht nur nach der Zahl der Goldmedaillen, sondern nach den Medaillen insgesamt, stünden die Russen nach den Norwegern auf Platz 2. Ja, Russland darf zwar wegen wiederholtem Staatsdoping nicht mehr bei Olympia mitmachen, aber die Russen unter dem Kürzel ROC für Russian Olympic Committee schon. Ich sagte ja schon, es ging nicht um Sport.
Um Freiheit und Menschenrechte geht es bei solchen großen Sportereignissen ja auch schon lange nicht mehr.

Die Einschränkungen, Überwachungen und Schikanen, denen die Sportler ausgesetzt waren, sind ja nicht nur damit zu erklären, dass die Chinesen keine Lust auf den Song „Corona’s coming home“ (auf die Melodie von Football’s coming home) hatten.

China ist halt mal eine Diktatur, die ihre eigene Definition von persönlicher Freiheit, Redefreiheit und Bewegungsfreiheit hat. Die Überwachung ist perfekt, auch wenn man nicht wie die Sportler eine spezielle Big-Brother-App auf seinem Smartphone installieren musste. Der putzige Auftritt einer Alibi-Uigurin wurde ja im deutschen Fernsehen mit einer erschreckenden Dokumentation über die Unterdrückung dieser und anderer nationaler Minderheiten im heutigen China gekontert, aber ansonsten wurde der Bambusvorhang eisern unten gehalten.

Nach einer Anweisung – so war zu lesen – war es den Bewohnern der Austragungsorte sogar verboten, Sportlern zu helfen, wenn sie zum Beispiel in einen Autounfall verwickelt gewesen werden. Jaja, alles natürlich wegen der Null-Covid-Strategie, aber auch freiheitliche Gedanken können sich bekanntlich wie ein Virus ausbreiten und pandemisch werden. Die Kommunistische Partei Chinas hat die friedlichen Revolutionen in Osteuropa 1989 genau studiert.

Naja, der Spuk ist vorbei und das nächste Sportspektakel findet erst um die Adventszeit statt, nämlich die Fußball-WM in Qatar. Die Ingenieurskunst ist zwar in der Lage, olympische Winterspiele in einer Gegend zu organisieren, in der es nie schneit, aber das mit den 50 Grad Celsius im Sommer auf der arabischen Halbinsel war noch nicht in den Griff zu bekommen. Also gibt es dieses Jahr halt auch Fußball-Winterspiele.

Bei den vielen Stürzen, Verletzungen und Demütigungen der letzten 14 Tage ist mir übrigens immer wieder Bertold Brecht in den Sinn gekommen: „Der große Sport fängt da an, wo er längst aufgehört hat, gesund zu sein.“

Ihr Pino

Pino

 

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