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(GZ-5-2025 - 27. Februar)
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Politik im TV-Zirkus: Katerstimmung nach der Wahl

Unser freigeistiger Kater Pino nimmt den medienspektakulären Wahlkampf aufs Korn und ruft zu schärferen Regeln für TV-Debatten und Umfragen auf – ein Appell für mehr Substanz in der Politik.

Heute erleben Sie eine Premiere. Ich, der freiheitsliebende, auf Deregulierung und Selbstverantwortung setzende Kater, fordere Verbote. Ich sehe das ordnende Eingreifen der Obrigkeit in zwei Fällen für unabweislich an.

Zum einen muss die Veröffentlichung von Wahlabsichts- und Sonntagsfragen für eine Karenzzeit von mindestens zehn Tagen vor einem Urnengang untersagt werden.

Zudem sind mehr als zwei Wahlsendungen pro Sender im Fernsehen mit Spitzenkandidaten der sich bewerbenden Parteien strikt zu unterbinden. Wir brauchen vor allem Vorkehrungen gegen die um sich greifende Kanzlerkandidateninflation, die auch immer skurrilere Sendungsformate nach sich zieht.

Mir jedenfalls sind die dauernden Duelle, Trielle, Quadrelle (so die offizielle Bezeichnung der Viererrunden durch die Sender, die offensichtlich den schönen alten Begriff der Quadrille nicht mehr kennen), Wahlarenen, Bürgerdialoge und was sonst noch tierisch auf die Nerven gegangen. In wechselnden Zusammensetzungen wurde immer das gleiche gefragt und immer das gleiche geantwortet. Und ja, man wird immer irgendwo in der Republik eine ältere Dame finden, die eine sehr kleine Rente hat, dies unter Tränen einem Spitzenpolitiker vorträgt und dieser sich, sofern er nichts vom Sozialversicherungssystem versteht, empört für generell höhere Renten stark macht. Denn im Gegensatz zu einem Gespräch am Infostand oder in der Bürgersprechstunde gibt es beim Fernsehtribunal keine Möglichkeit nachzufragen, warum die Rente so niedrig ist (Zeiten der Arbeitslosigkeit? Teilzeit?) und auf bereits bestehende Wege zur Aufbesserung des Haushaltseinkommens zu verweisen.

Entsprechend war der Neuigkeitswert der Aussagen in solchen Formaten in der Regel gleich Null. Wenn in diesem Wahlkampf richtige journalistische Arbeit geleistet wurde, etwa bei Interviews, gab es meist eine Nachricht zu verkünden oder zumindest etwas in die Aussagen hineinzugeheimnissen. Aber bei den Multipersonengeplänkeln? Da waren nicht mal Auswirkungen auf die Wählerhaltung demoskopisch messbar. Trotzdem ermittelten die Wahlforscher dann einen „Sieger“ oder noch besser, wer sympathischer und wer kompetenter erschien. Bitte was soll das mit der Sympathie? Die zwei sympathischsten Menschen, die ich kenne, sind Sabrina und ihre Nachfolgerin als Assistenz des Bürgermeisters, die mir immer die ganz exklusiven Katzensnacks gönnt. Befähigt sie das zur Kanzlerin?

Überhaupt Umfragen. Über ein halbes Dutzend Umfrageinstitute haben uns die letzten Wochen teilweise im Wochentakt mit Wahlumfragen bombardiert. OK, Demoskopie ist ein lukratives Geschäft und wer bei Wahlumfragen nahe am Ergebnis ist, kann sich auf fette Aufträge aus der Wirtschaft freuen. Das ist Marktwirtschaft und so ein Wettstreit hat ja auch den Zweck, die Methoden der Erhebung und Gewichtung zu verfeinern.

Aber nicht in der letzten Woche vor der Wahl! Das verunsichert und macht ganz kirre, weil ja nicht auszuschließen ist, dass taktisch eingestellte Wähler sich tatsächlich an solchen Umfragen orientieren. Zwar ist wissenschaftlich nicht gesichert, ob Umfragen wirklich das Wahlverhalten einzelner beeinflussen. Aber wir hatten in der Woche vor der Wahl eine Umfrage mit 28 Prozent für die Union und eine mit 32 Prozent. Eine mit sieben Prozent für die Linke und eine mit neun Prozent. Ganz schöne Unterschiede, die zumindest das Zeug haben, mobilisierend oder demobilisierend auf Anhänger zu wirken.

Gut, die Bundestagswahl ist gelaufen, der Pulverdampf des Wahlkampfs verzieht sich und die Demoskopen können sich mit ihren Fragen nach der Beliebtheit von Koalitionen und Politikern noch einige Zeit beschäftigen. Für uns alle gilt aber ein Satz von Orson Welles: „Beliebtheit sollte kein Maßstab für die Wahl von Politikern sein. Wenn es auf die Popularität ankäme, säßen Donald Duck und die Muppets längst im Senat“.

Nachsatz anlässlich des Erscheinungstages: München hat den Straßenfasching wegen des Attentats vom 13. Februar abgesagt. Eine solche Entscheidung kann man nicht kritisieren. Man muss nur fragen, ob sich diese Gesellschaft ihren Lebensstil tatsächlich von den Taten fanatischer Mörder diktieren lassen will.

Ihr Pino

Pino

 

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