(GZ-23-2024 - 5. Dezember) |
► Gewaltpräventionskurse an Schulen im Landkreis Lindau: |
Eindrucksvolle Resonanz |
Anlässlich des „Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen und Mädchen“ organisierte der Arbeitskreis „Wege aus der Gewalt“ unter der Koordination der Gleichstellungsbeauftragten des Landkreises Lindau (Bodensee) Selbstbehauptungskurse an weiterführenden Schulen im Landkreis Lindau (Bodensee). Bei fünf der insgesamt sechs teilnehmenden Schulen haben inzwischen Kurse stattgefunden. Am 25. November, dem Aktionstag, trafen sich Mitwirkende des Projektes mit Vertreterinnen und Vertretern der am Projekt beteiligten Schüler- und Lehrerschaft, um eine erste Resonanz aus den Kursen zu bekommen.
Viele bewegende und eindrucksvolle Schilderungen gab es beim Austausch zwischen den Akteuren der Selbstbehauptungskurse und Vertretern der teilnehmenden Schüler- und Lehrerschaft. Bild: Landratsamt Lindau (Bodensee)
2023 waren über eine Viertelmillion Menschen von häuslicher Gewalt betroffen, 70 Prozent der Betroffenen sind weiblich. In Deutschland wird statistisch gesehen jede dritte Frau mindestens einmal in ihrem Leben Opfer von physischer und/oder sexualisierter Gewalt, fast jeden Tag wird eine Frau umgebracht. Der „Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen“ möchte auf diese Problematik aufmerksam machen und zum Aufstehen gegen Gewalt aufrufen.
Psychische und physische Gewalt nahm aber auch an Bayerns Schulen in den letzten Jahren deutlich zu und stellt Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte sowie die Schulsozialarbeit vor eine große Herausforderung. Vor allem Mobbing, die Verrohung der Sprache und psychische Gewalt in sozialen Netzwerken seien mittlerweile leider Alltag berichten auch Lehrkräfte aus Schulen im Landkreis Lindau.
Deshalb initiierte der Arbeitskreis „Wege aus der Gewalt“ des Landkreises Lindau (Bodensee) Selbstbehauptungskurse für Schulklassen der Jahrgangsstufen 6 und 7 mit dem Ziel, präventiv zu wirken, indem Mädchen und Jungen in ihrem Selbstbewusstsein gestärkt und für Themen wie „Grenzen setzen und wahren“ sowie „Konfliktlösung ohne Gewalt“ sensibilisiert werden. Inhaltlich orientiert sich der Kurs nach dem Konzept „Zammgrauft“ des Polizeipräsidiums München. Durch Übungen und Rollenspiele werden Werte wie „zur eigenen Meinung stehen“, „starke Gemeinschaft“ und „Zivilcourage zeigen“ vermittelt.
Das Interesse an dem Projekt ist groß: Insgesamt 14 Schulklassen aus sechs weiterführenden Schulen machen mit. Nachdem zwei Drittel der Kurse bereits stattgefunden haben, nahmen die Projektbeteiligten den Aktionstag zum Anlass, um sich mit Vertretern der am Projekt beteiligten Schüler- und Lehrerschaft auszutauschen, wie es ihnen in den Kursen ergangen ist und vor allem, was sie an Erfahrungen aus den Kursen mitnehmen.
Die Schilderungen der Kinder
waren sehr eindrucksvoll. So lernten sie beispielsweise, dass es zwar ordentlich Mut braucht, für jemanden einzustehen und zu helfen, es aber toll ist, wenn die anderen dann mitziehen und daraus eine positive Gruppendynamik entsteht.
Einem Mädchen vom Bodensee-Gymnasium hatte die Übung „Zur eigenen Meinung stehen“ sehr gut gefallen, auch wenn sie gemerkt hat, dass es ein komisches Gefühl ist, mit seiner Meinung eher alleine da zu stehen - das Mädchen isst sehr gerne Spinat. Ihrem Mitschüler wurde durch eine Übung klar, dass es besser ist, einen längeren und dafür sicheren Weg zu wählen, anstelle des kürzeren und gefährlicheren – in diesem Fall eine schlecht beleuchtete Unterführung.
Die Kinder schilderten aber auch die Angst, selbst Opfer zu werden, wenn man anderen Kindern hilft. „Bei Jürgen habe ich gelernt, dass man sich am Besten noch weitere Hilfe von anderen dazu holt und jetzt traue ich mich auch mehr, zu helfen“, so das Fazit eines Schülers aus der Realschule im Dreiländereck. Auch dass man sich als Opfer klar und vor allem laut artikulieren muss, damit andere auf die Situation aufmerksam werden und helfen können war eine wichtige Lektion, die ein Schüler aus der Mittelschule Lindenberg anhand einer Übung mitgenommen hat.
Auch die Lehrkräfte zogen eine positive Bilanz aus den Kursen. Die Schülerinnen und Schüler hätten sehr schnell verstanden, um was es bei den Übungen ging und auch dass Teamarbeit, Zusammenhalt und das Aufeinander-Schauen ein ganz wichtiger Aspekt gegen Gewalt ist. Sie waren positiv überrascht, wie schnell sich die Kinder im Kurs öffneten und aktiv mitgearbeitet haben. Das eine oder andere sehr schüchterne Kind sei durch den Kurs mehr aus sich herausgekommen. Sie würden es sehr begrüßen, wenn es auch zukünftig und wiederkehrend Aktionen zur Gewaltprävention an Schulen geben würde.
Sowohl die Projektverantwortlichen als auch die stellvertretende Landrätin, Sonja Müller, freuten sich sehr über die positive Resonanz und waren sehr berührt von den Erzählungen der Kinder. „Das war ein sehr beeindruckender und schöner Termin heute, herzlichen Dank dafür“, verabschiedete Sonja Müller die Teilnehmer. Ein großer Dank ging auch an die Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises, Sandra Dalferth, für die Initiierung und Leitung des Projektes und an Jürgen Fiebig vom MSE Allgäu e.V., der die Kurse mit viel Herzblut durchgeführt hat.
Die am Projekt beteiligten Schulen: Mittelschulen Lindau, Lindenberg und Weiler, Realschule im Dreiländereck, Bodensee-Gymnasium und Valentin-Heider-Gymnasium.
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