Kommunale Praxiszurück

(GZ-24-2019)
gz kommunale praxis

► Zum 15. Mal in Folge - keine neuen Schulden:

 

„Traumpaar der Zukunft“ prägt Nachtragshaushalt

 

Der allgemeine Staatshaushalt kommt im Jahr 2020 ohne neue Schulden aus – zum 15. Mal in Folge. Die Schuldentilgung liegt 2019 und 2020 bei jeweils 50 Millionen Euro. Statt einer Milliarde Euro in den kommenden beiden Jahren wird der Freistaat damit 900 Millionen Euro weniger zurückbezahlen. Die bayerischen Kommunen können zudem mit zusätzlichen 316 Millionen Euro rechnen. Der kommunale Finanzausgleich steigt damit auf fast 10,3 Milliarden Euro.

Albert Füracker.
Albert Füracker.

Finanzminister Albert Füracker nannte gleich mehrere Rekordzahlen bei der Vorstellung des Nachtragshaushalts 2020. Die realen Staatsausgaben steigen damit – bereinigt um den zum Jahresende auslaufenden Länderfinanzausgleich – erstmals auf über 60 Milliarden Euro. 14,6 Prozent (knapp neun Milliarden) würden für Investitionen aufgewendet, fast 260 Millionen mehr als zuletzt. „Dieser Investitions- und Innovationshaushalt ist beispiellos“, betonte Füracker.

Der Zuschlag auf den ursprünglich im Doppelhaushalt 2019/2020 geplanten Ansatz von knapp 59,8 Milliarden Euro beträgt rund 530 Millionen Euro. Neue Schulden sind dafür nicht nötig. Dafür aber wird die für dieses und kommendes Jahr veranschlagte Tilgung von Altschulden von einer Milliarde auf 100 Millionen Euro reduziert.

Hightech Agenda Bayern

„Wir stemmen die Herausforderungen der Zukunft, ohne irgendetwas zu vernachlässigen“, sagte Füracker in seiner Haushaltsrede. „Ein Zukunftsprogramm erster Güte“ sei der Nachtragshaushalt, geprägt von Innovationen und Investitionen. Der Finanzminister nannte sie „das Traumpaar der Zukunft“. Das Haushaltsvolumen steigt vor allem wegen der von Ministerpräsident Markus Söder angekündigten „Hightech-Agenda Bayern“. Dafür sind 2020 in einem ersten Schritt 346 Millionen Euro vorgesehen. Die Staatsregierung wird mit den Haushaltsmitteln 10.000 neue Studienplätze schaffen und 1.000 zusätzliche Professuren ermöglichen.

Die Bayerische Klimaschutzoffensive umfasst einen Zehn-Punkte-Plan mit 96 Maßnahmen. Die Offensive basiert auf den drei Säulen der bayerischen Klimapolitik: Minderung des Treibhausgas-Ausstoßes in Bayern, Anpassung an die Folgen des Klimawandels und mehr Forschung in den Bereichen Umwelt- und Klimaschutz.

Bayerische Klimaschutzoffensive

Für die Klimaschutzoffensive stehen zusätzlich 60 Millionen Euro im Nachtragshaushalt für das Jahr 2020 zur Verfügung – sowie jeweils 60 Millionen Euro in den drei Folgejahren. Bislang sind im Doppelhaushalt 2019/2020 für das beschlossene Klimaschutzprogramm 2050 des Freistaats insgesamt rund 231 Millionen Euro für den Klimaschutz veranschlagt, davon rund 125 Mio. Euro im Jahr 2020. Das Volumen für den Klimaschutz steigt damit auf rund 185 Millionen Euro allein im Jahr 2020 an. Ziel ist zudem ein deutliches Plus beim Natur- und Artenschutz in Bayern. Die neuen gesetzlichen Regelungen werden durch umfangreiche Förderprogramme und mehr Beratung begleitet. Im Entwurf des Nachtragshaushalts 2020 sind für den Artenschutz insgesamt 71,8 Millionen Euro zusätzliche Mittel vorgesehen.

Bildung und Straßenbau

Der Nachtragshaushalt sieht ein Stellenhebungsprogramm an Grund- und Mittelschulen vor. Der Umfang zur Verbesserung der Beförderungsmöglichkeiten beträgt 2.000 Stellenhebungen in Höhe von insgesamt bis zu 12 Millionen Euro Jahreskosten. Die Baumittel für den Staatsstraßenbau sollen im Jahr 2020 um 40 Millionen Euro auf ein neues Rekordniveau von 350 Millionen Euro erhöht werden. Einschließlich Planungsmittel und Mittel für den Erwerb privatwirtschaftlich realisierter Staatsstraßenabschnitte sind damit im Jahr 2020 insgesamt 392,4 Millionen Euro vorgesehen.

Opposition vermisst Qualität

Neben ihrer Kritik an dem weitgehenden Verzicht auf eine Tilgung der Altschulden bemängelte Claudia Köhler (Bündnis 90 / Die Grünen) vor allem die hohen konsumtiven Ausgaben. Pflegegeld, Familiengeld, Baukindergeld sowie die weitgehende Kita-Beitragsfreiheit summierten sich bis 2023 auf 5,3 Milliarden Euro, ohne dass die Qualität in den Pflege- und Betreuungseinrichtungen verbessert oder die Wohnungsnot gelindert würde. „Das alles sind Zuschüsse und keine Investitionen“, monierte Köhler. Zudem sei das Klimaschutzprogramm ein Fehlkonstrukt. Statt in die Reduzierung des CO2-Ausstoßes zu investieren, werde das meiste Geld für die Beseitigung schon entstandener Klimaschäden ausgegeben. Ein weiterer Kritikpunkt der Landtags-Grünen sei das „überbordende Mitteilungsbedürfnis des Ministerpräsidenten“, das den Landeshaushalt ungebührlich hoch belaste.

Schuldentilgung in der Kritik

Harald Güller (SPD) sprach von einem „Blenderhaushalt“, der viel verspreche, aber wenig halte. Von den 900 Millionen eingesparter Schuldentilgung flössen nur 258 in echte neue Investitionen. Der Rest versickere „ideenlos, uninspiriert, mutlos und ohne schöpferische Kraft“ in den Tiefen des Zahlenwerks. Güller vermisste namhafte Beträge für echten Klimaschutz, eine radikale Verkehrswende und die versprochene Barrierefreiheit im öffentlichen Raum. Speziell kritisiert Güller, dass die Staatsregierung zwar, entgegen ihrer früheren Ankündigungen, nahezu keine Schulden zurückzahlen will, wichtige Investitionen in die Zukunftsfähigkeit des Freitstaats aber trotzdem ausbleiben.

„Von den insgesamt 900 Millionen Euro, die durch die verminderte Schuldentilgung frei werden, kommen viel zu wenig dort an, wo tatsächlicher Bedarf besteht“, so Güller. „Hightech-Agenda, KI-Fabrik, Hyperloop oder Smart Bavaria sind zwar innovativ und modern klingende Schlagwörter, die wirklich drängenden Investitionen in wichtigen Bereiche des Lebens werden aber gleichzeitig vernachlässigt.“ Für die FDP erkannte Helmut Kaltenhauser eine „Politik, die eindeutig auf Kosten der nachfolgenden Generationen geht“. So werde die Schuldentilgung auf symbolische Beträge reduziert, der Pensionsfonds für Beamte aber nicht stärker bedient.

Altersforschung statt KI?

Ferdinand Mang (AfD) lehnte alle Ausgaben für den aus Sicht seiner Partei nicht belegten Klimawandel ab. Stattdessen sollte mehr Geld zum Abbau des Investitionsstaus auf den Staatsstraßen ausgegeben werden. Als fehlgeleitet bezeichnete Mang die Forschungsförderung im Bereich Künstliche Intelligenz. Unterstützt werden müsse vielmehr die Altersforschung, die nach Mangs Einschätzung auf dem Weg sei, das Altern zu stoppen, Alterskrankheiten zu besiegen und den Menschen womöglich noch in diesem Jahrhundert unsterblich zu machen. Einen Dreiklang aus solidem Wirtschaften, Investitionen in die Zukunft und Generationengerechtigkeit sah Josef Zellmeier (CSU) in der Vorlage Fürackers. 

Neue Prioritätensetzung

Zellmeier verteidigte die Einschnitte bei der Schuldentilgung. Die aktuell niedrigen Zinsen sowie der hohe Investitionsbedarf rechtfertigten die neue Prioritätensetzung. Das Ziel der Schuldenfreiheit werde aber nur „kurzzeitig ausgesetzt“. Bernhard Pohl (Freie Wähler) begrüßte, dass mit dem Haushalt die Mitte der Gesellschaft gestärkt werde. Er verwies auf die Hilfen für Familien und die Unterstützung des Mittelstands. Zudem würden alle Regionen bedacht, was die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse in ganz Bayern voranbringe. „Ob Technologieoffensive, Klimaschutz, Bildung oder mehr Geld für die bayerischen Kommunen: Wir haben die richtigen Weichen gestellt, um Bayern weiter voranzubringen.“

 

GemeindeZeitung

Kommunale Praxis

AppStore

TwitterfacebookinstagramYouTube

Google Play

© Bayerische GemeindeZeitung