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(GZ-23-2024 - 5. Dezember)
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► bvse-Jahrestagung in Hamburg:

 

Veraltete Prozesse modernisieren

 

„Wir können heute mit fast 1.100 Mitgliedsunternehmen den 75. Geburtstag unseres Verbandes feiern“, unterstrich der wiedergewählte bvse-Präsident Henry Forster auf der Jahrestagung in Hamburg. „Trotz vieler negativer Trends entwickelt sich unser Verband prächtig. Das macht mich stolz.“

Für seine kommende Amtszeit kündigte Forster an, veraltete Prozesse zu modernisieren, darunter auch die Beitragsordnung. Mit Blick auf die bisherige Praxis, Beiträge nach Stoffstrommengen zu erheben, meinte er: „Das können wir besser und gerechter!“

bvse-Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock griff in seinem Bericht u.a. neue Entwicklungen auf, wie etwa das Recycling von Lithium-Ionen-Batterien. Hier habe der Verband einen neuen Arbeitskreis gebildet, um sich rechtzeitig und kompetent für ein neues Aufgabenfeld mit neuen Herausforderungen zu positionieren. Zudem informierte Rehbock über das bvse-Nachhaltigkeitstool, das den Mitgliedsunternehmen ermögliche, über jeden Entsorgungs- oder Liefervorgang einen CO2-Report zu erstellen und dem Kunden zur Verfügung zu stellen.

Rehbock zufolge stehen mit den neuen gesetzlichen Anforderungen zur umfassenden Nachhaltigkeitsberichterstattung viele größere Unternehmen vor der Herausforderung, ihre CO2-Bilanz transparent darzustellen. Dazu seien kleinere mittelständische Unternehmen derzeit zwar noch nicht verpflichtet, aber darauf komme es auch nicht an. „Das ist wirklich ein wichtiges Thema, wenn man im Markt als Bestandteil der Lieferkette bleiben will. Sie müssen liefern können“, machte der Hauptgeschäftsführer deutlich.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts, hob hervor, dass die Branche wettbewerbsrechtlich zu den komplexesten gehöre. Mit einem Jahresumsatz von über 100 Milliarden Euro und 315.000 Beschäftigten sei sie jedoch auch ein gewichtiger Wirtschaftsfaktor, den das Bundeskartellamt seit Jahrzehnten intensiv beobachte.

Das Bundeskartellamt habe in den vergangenen Jahren sehr viele Fusionen gesehen, die zum Teil „vertieft“ geprüft wurden, so Mundt. Außerdem seien Sektoruntersuchungen in den Jahren 2021 und 2023 durchgeführt worden. Gerade erstere habe bei den Wettbewerbswächtern Sorge ausgelöst. Mundt: „Wir haben bei LVP und Altglas gesehen, dass wichtige Wettbewerbsparameter sich auf regionalen Märkten verschlechtert haben.“

So sei etwa festgestellt worden, dass es teilweise sehr hohe Marktanteile einzelner Anbieter bis hin zu Monopolen gebe. Aber auch bei bundesweiter Betrachtung sieht das Bundeskartellamt vor allem Zugewinne beim Marktführer Rethmann. Auch dies sei aus wettbewerbsrechtlicher Sicht nicht gerade eine beruhigende Entwicklung.

Zahl der Unternehmen sinkt

Insgesamt könne festgehalten werden, dass steigende Preise zu beobachten sind und die Zahl der im Markt aktiven Unternehmen „eher rückläufig“ ist. So sei die durchschnittliche Bieterzahl bei Ausschreibungen zurückgegangen und die Wahrscheinlichkeit eines Auftragnehmerwechsels gesunken. „Das lässt alles insgesamt auf eine rückläufige Wettbewerbsintensität schließen“, fasste Mundt die Erkenntnisse seiner Behörde zusammen.

Ähnlich sehe es aus bei Restmüll, Altpapier und anderen kommunalen Abfällen. Das Bild sei hier ein wenig heterogener, weil es sehr unterschiedliche Entscheidungsträger und Ausschreibungen gebe. Trotzdem sei die Bieterzahl insgesamt und die Anzahl an Geboten je Ausschreibung leicht rückläufig. Auch hier sei jedoch ein hoher und steigender Anteil bei der bundesweiten Erfassungsmenge beim Marktführer Rethmann festzustellen.

Mundt erklärte in diesem Zusammenhang, dass das Bundeskartellamt unter bestimmten Voraussetzungen ein Unternehmen verpflichten kann, jede Fusion anzumelden. Momentan führe das Bundeskartellamt ein Verfahren gegen Rethmann. Es werde geprüft, ob eine solche Anordnung erlassen wird.

Besondere Aufmerksamkeit widmete der Präsident auch der kartellrechtlichen Prüfung der Ausschreibungsverträge der dualen Systeme. Zwar habe sich dieses System grundsätzlich bewährt, er sehe aber eine Unwucht zu Lasten der kleinen und mittleren Unternehmen.

Offen zeigte sich Mundt bezüglich längerer Vertragslaufzeiten. Dies sei eine Frage der richtigen Balance: Wenn der Ausschreibungszeitraum zu kurz sei, könnten sich notwendige Investitionen nicht amortisieren. Sind die Ausschreibungszeiträume zu lang, gehe das zu Lasten derjenigen, die die Ausschreibung nicht gewonnen haben.

Ein weiterer kritischer Punkt sei die Sicherungsleistung bei Ausfall eines dualen Systems bei Insolvenz. Die dualen Systeme stellten momentan Sicherheitsleistungen zugunsten der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. Mundt glaubt jedoch, dass eine andere Lösung in Form einer Gesetzesänderung gefunden werden müsse, die auch die Entsorgungswirtschaft einbezieht.

Kritik an Novelle der Gewerbeabfallverordnung

Abschließend kritisierte der Kartellamtschef die Novelle der Gewerbeabfallverordnung. Aus wettbewerbsrechtlicher Sicht sei es problematisch, dass im Entwurf die Kaskadenlösung eingeschränkt worden sei, weil somit weniger Unternehmen am Markt teilnehmen können. Stattdessen müsse der Vollzug der bestehenden Regelungen bei den zuständigen Behörden verbessert werden. bvse-Hauptgeschäftsführer Rehbock schlug vor, dass der Vollzug bei den Müllverbrennungsanlagen ansetzen solle, um eine wirksame Kontrolle zu erreichen und somit die stoffliche Verwertung zu stärken.

DK

 

 

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