Interviews & Gesprächezurück

(GZ-24-2020)
GZ-Interview mit Dr. Andreas Hartung, Leiter des Sana-Geschäftsbereichs Managementverträge
 

► GZ-Interview mit Dr. Andreas Hartung, Leiter des Sana-Geschäftsbereichs Managementverträge:

 

Krankenhausversorgung: „Kein Erfolg ohne Veränderung“

Krankenhäuser sind in der Pandemie unentbehrlich. Aber sie stünden auch ohne Corona vor riesigen Herausforderungen. Denn viele Häuser sind defizitär und die kommunalen Haushalte sind deutlich geschrumpft. Das dürfte sich in den kommenden Monaten auch eher verschlechtern. Die GZ hat deshalb mit Dr. Andreas Hartung gesprochen, der beim drittgrößten privaten Klinikbetreiber Deutschlands, der Sana Kliniken AG, für Managementverträge verantwortlich ist, also für Krankenhäuser, die in kommunaler Hand bleiben, aber durch Sana geführt werden.

Dr. Andreas Hartung. Bild: Sana Kliniken AG
Dr. Andreas Hartung. Bild: Sana Kliniken AG

GZ: Herr Dr. Hartung, Krankenhausmanagement ist sicher nicht erst seit Corona ein echter Fulltime-Job?

Hartung: Die Führung eines Krankenhauses ist heute deutlich komplexer als dies früher der Fall war. Heute muss ein Krankenhausmanager von der komplexen Krankenhausfinanzierung, über Abläufe im klinischen Bereich bis hin zu Hygiene und Notaufnahme alles beherrschen. Zudem müssen Krankenhäuser ständig neu auf gesetzlichen Veränderungen ausgerichtet werden. Ein Krankenhaus befindet sich medizinisch, pflegerisch und organisatorisch in einem permanenten Wandel. Zudem müssen gute Mitarbeiter gefunden und Ihnen ein attraktives Umfeld geboten werden. Es ist eine Teamaufgabe, bei der viele Experten Hand in Hand zusammenarbeiten, damit das Gesamtergebnis stimmt.

GZ: Vertragen sich denn ein professionelles Management und der Anspruch, den Bürgern eine umfassende medizinische Versorgung zu garantieren?

Hartung: Nur ein professionell geführtes und wirtschaftlich gesundes Krankenhaus kann auf Dauer die Ergebnisse liefern, die sich ein Patient wünscht. Nur die Krankenhäuser, die technisch und baulich auf der Höhe sind sowie den Besten ihres Fachs in Medizin und Pflege das richtige Umfeld bieten, werden die beste Versorgung für die Bevölkerung erbringen.

GZ: Corona hat in Sachen Finanzen und Wirtschaftlichkeit vieles durcheinander gewirbelt.

Hartung: Verwirbelt und verstärkt. Schon ohne Corona mussten sich viele Träger Gedanken machen, wie es mit ihrem Krankenhaus weitergehen soll – viele Häuser schreiben rote Zahlen und belasten nachhaltig einen jetzt schrumpfenden Haushalt. Es wird einen Verteilungskampf ums Geld geben: Spielplatz oder Umgehungsstraße, Schule oder Krankenhaus? Vor solchen schwierigen Entscheidungen werden Bürgermeister und Landräte bald stehen.

GZ: In solchen Situationen wird ja oft über einen Verkauf nachgedacht – und dann im gleichen Atemzug reflexhaft die Privatisierung verteufelt.

Hartung: Leider ist das so – zumindest in der Öffentlichkeit. Viele Bürgermeister sagen nach persönlichen Gesprächen, so schlecht sei das eigentlich gar nicht, aber den Bürgern sei es nur schwer zu vermitteln.

GZ: Aber eine Schließung wegen fehlender Mittel ist noch schwerer zu vermitteln, oder?

Hartung: Naja, die Grauzone zwischen einem „weiter so“, einer Insolvenz und einer Privatisierung ist ja zum Glück groß und hält auch Alternativen bereit ‒ etwa durch einen Managementvertrag.

GZ: Als Bürgermeister „leihe“ ich mir einen Manager, der das Haus dann führt?

Hartung: Als Auftraggeber erhalte ich über den Managementvertrag nicht nur einen erfahrenen und versierten Geschäftsführer, ich erhalte, wie in unserem Fall, das gesamte Expertenwissen des drittgrößten deutschen Krankenhausträgers. Wir decken mit unseren Spezialisten sämtliche Fragestellungen im Krankenhaus ab. Und dadurch, dass die Kollegen auf ihren Gebieten die Erfahrung aus 54 Krankenhäusern mitbringen, profitiert der Träger von der Größe des Verbunds ohne seine Eigenständigkeit aufzugeben. Er bekommt ein Managementteam das die gesamte Komplexität modernen Krankenhausmanagements abdeckt und zudem noch alle wirtschaftlichen Vorteile, die ein so großer Verbund mit sich bringt.

GZ: Gibt die Kommune damit nicht viel Einfluss und Gestaltungsspielraum auf, wenn sie einen externen Manager beauftragt?

Hartung: Im Gegenteil. Denn weil Sie ja keine Anteile verkaufen, verlieren die Kommunen keinen Einfluss. Und weil sie von uns ja im Vorfeld genau beraten werden und wir den Trägern auf Grundlage einer umfassenden Analyse Handlungsempfehlungen geben, wird der Spielraum eher größer. Erfahrene Manager, ein Verbund im Rücken und eine klare Perspektive auf das Mögliche und Notwendige: Das ist für die Erfüllung des Versorgungsauftrages ein klarer Vorteil und wird langfristig auch den Haushalt schonen. Der Einzelkämpfer wird es in Zukunft schwer haben zu überleben.

GZ: Dennoch: Ist ein Management durch einen externen Manager nicht der erste Schritt in die Privatisierung?

Hartung: Nein. Ein externes Managementteam ist ein entscheidender Schritt zu einer sicheren und besseren Versorgung und einer wirtschaftlichen Gesundung. Sie stärken kommunale Strukturen, da sie wirtschaftlicher und leistungsfähiger werden.

GZ: Sie kaufen also keine Anteile, stellen dafür aber alles auf den Kopf im Krankenhaus?

Hartung: Wenn es über viele Jahre Defizite angehäuft hat, dann gibt es dafür ja Ursachen. Diese wollen wir natürlich finden und abstellen. Erfolg ohne Veränderung gibt es nicht.

GZ: ... deshalb schließen Sie dann sofort unrentable Bereiche wie die Geburtshilfe?

Hartung: Reflexhafte Schließungen sind niemals die richtige Lösung. Auch bei einem Managementvertrag entscheidet der Träger über solche grundlegenden Themen. Der Unterschied ist nur, dass das Krankenhaus in seiner Komplexität, in seinem Umfeld und Wettbewerb betrachtet wird. Eine wirtschaftliche Gesundung durch das Wissen von Experten und den Vorteilen eines großen Verbunds helfen da schon viel. Zudem müssen alle Aspekte des jeweiligen Versorgungsgebiets analysiert und Lösungen erarbeitet werden. Nicht die Frage: wie bekomme ich mein Krankenhaus voll ist die Richtige, sondern vielmehr wie versorge ich meine Bevölkerung optimal. Darauf gibt es häufig sehr unterschiedliche Antworten. Anstelle einer Schließung steht nicht selten eine ergänzende Spezialisierung.

GZ: Abschließende Frage: Werden es alle Krankenhäuser in Deutschland schaffen, unbeschadet aus der Corona-Krise zu kommen?

Hartung: Vermutlich nicht. Deshalb sollten die kommunalen Träger rechtzeitig die Weichen dafür stellen, dass die Versorgung der Bevölkerung angemessen, professionell und zukunftssicher gestaltet wird ‒ ehe ihnen diese Entscheidung abgenommen wird.

 

 

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