Kolumnen & Kommentarezurück

(GZ-23-2020)
 

► Constanze von Hassel, Chefredakteurin der Bayerischen GemeindeZeitung:

 

Öffentlichkeitsarbeit: Nicht nur ein Gebot der Fairness

Liebe Leserinnen und Leser,

was zeichnet professionelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit amtlicher Stellen aus in Zeiten, in denen grundgesetzlich verbriefte Rechte auf freie Meinungsäußerung eingeschränkt werden (müssen) und gleichzeitig Hate Speech, Fake News, Mobbing und Stalking über vielfältigste Kommunikationskanäle uns alle überfluten?

Kann man die Öffentlichkeitsarbeit eines deutschen Bundesministeriums als seriös bezeichnen, wenn via Facebook dazu aufgefordert wird, gegen alle „Bullshitbingo“ zu spielen, die sich besorgt mit Positionen dieses Hauses auseinandersetzen (Quelle: https://www.facebook.com/bmg.bund/posts/932832660213246)?

Behörden sind zu wahrheitsgetreuer und umfassender Information der Öffentlichkeit gesetzlich verpflichtet. In einer Vielzahl kommunaler Ämter wird diese Aufgabe vorbildlich erfüllt. Gleichwohl gibt es nach wie vor auch viele, die ihr nicht den gebührenden Stellenwert einräumen. Daher bietet die Bayerische GemeindeZeitung in normalen Zeiten Veranstaltungen zum Thema „Kommunale Presse- und Öffentlichkeitsarbeit“ an.

Obwohl keineswegs datenschutzrechtlich abschließend freigegeben, nutzt man oftmals recht sorglos Auftritte in sozialen Netzwerken wie Facebook, Instagram und YouTube. Ein zusätzlicher Nachteil dieser Medien ist, dass es von einem Algorithmus oder der Bereitschaft, für Werbung zu zahlen, abhängt, ob Beiträge gesehen werden.

Auch bayerische Ministerien schalten bezahlte Werbung auf Facebook für Inhalte, die lokale Medien umsonst aufgreifen. Von der rechtlichen Problematik abgesehen, findet so auch die Wertschöpfung nicht mehr im Inland statt. Viele News-Konsumenten erkennen inzwischen diese ungefilterten Selbstdarstellungswerkzeuge.

Amtlichen Stellen ist zudem gesetzlich vorgeschrieben, Informationen für die Gesellschaft nach den Grundsätzen der Neutralität, Objektivität und wissenschaftlichen Unabhängigkeit zu gewinnen und bereitzustellen.

Wie viel hier inzwischen im Argen liegt, sieht man beispielsweise am Umgang mit Zahlen und Statistiken rund um die Problematik, die die Infektionskrankheit COVID-19 durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 in die Welt gebracht hat. Es ist zu einfach, all‘ jene, die sich – teilweise mit höchster Fachkompetenz – mit diesem Thema auseinandersetzen und differenziert Positionen beziehen, in einen Topf zu werfen mit Radikalen, die man als „Covidioten“ bezeichnet. Und, so nebenbei, dieser inzwischen auch von politischen Amtstragenden gebrauchte Begriff ist doch nichts anderes als vom Mainsteam unreflektiert akzeptierte Hate Speech.

Zum „Dilemma mit den sozialen Medien“ hat Netflix eine sehenswerte Doku herausgebraucht. Der britische Historiker, Soziologe und Publizist Cyril Northcote Parkinson (1909-1993) sagte einst: „Ein Vakuum, geschaffen durch fehlende Kommunikation, füllt sich in kürzester Zeit mit falscher Darstellung, Gerüchten, Geschwätz und Gift.“

Ihre Constanze von Hassel, Chefredakteurin der Bayerischen GemeindeZeitung

 

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