Erscheinungs- & Themenplanzurück

(GZ-15/16-2017)
Neues von Sabrina
 
Wurscht, ob Obazda oder Obatzer; Hauptsache: er schmeckt!

Gestern hat mein Chef gesagt...

„Liebe Sabrina, haben Sie denn heuer gar nichts von Ihrem herrlichen, selbstgemachten Obazdn mitgebracht? Wäre zu schade, der gehört doch zu unserem Biergartenbesuch dazu wie die Radieserl und der Radi.“ Mein Chef, der Bürgermeister, beäugte meinen Picknickkorb, ob ich noch etwas rausfischen würde, nachdem die genannte Rohkost und die Bratensülze schon auf dem Biergartentisch lagen.

Wir im Bürgermeisterbüro haben nämlich die schöne Angewohnheit, uns an einem der ersten Augusttage, bevor sich die Mannschaft urlaubsbedingt verkleinert, zu einem Biergartennachmittag zu treffen. In der Stadt gibt es einen schönen großen Biergarten mit noch nicht von irgendeinem neumodischen Viehzeug verseuchten Kastanienbestand und mit einer Selbstbedienungszone. Jeder bringt was mit und der Bürgermeister höchstselbst schleppt die Maßen und die Brezn an.

Klar, dass sich da schon Rituale eingeschlichen haben. Zum Beispiel, dass ich für Rohkost, Sülze und Obazdn zuständig bin. Heuer allerdings fällt der Obazde aus, stattdessen verwöhne ich meine Kollegen mit einer großen Schüssel Käsematsche à la Sabrina.

Die Befürchtung, die Gluthitze der vergangenen Wochen hätte mir aufs Gemüt geschlagen, ist unberechtigt. Auch der unverzüglich vom Chef durchgeführte Geschmackstest hatte das Ergebnis, dass sich das neue Produkt vom Obazdn 2016 nur in einer natürlichen Schwankungsbreite unterschied, die bei selbstgemachten Lebensmitteln unausweichlich ist.

Was ich 2016 noch nicht wusste, jetzt aber aufgrund ausführlicher, auch überregionaler Berichterstattung weiß: Der „Obazda / Obatzter“ unterliegt zur Durchsetzung der Interessen großer Produzenten mittlerweile europaweit dem Schutz als „Geographische Angabe“, darf also nicht mehr einfach unkontrolliert durch Kreti und Pleti hergestellt werden. Man darf ihn deshalb wahrscheinlich auch nicht mehr – wie ich es von meinen Eltern gelernt habe – als „der Obazde“ bezeichnen und beim Wirt mit den Worten „an Obazdn, bittschön“ bestellen, sondern wird sich wohl des unter Zugereisten und norddeutschen Touristen beliebten Obazda (mit der Betonung auf der ersten und letzten Silbe) bedienen müssen.

Regionale Herkunftsbezeichnungen sind natürlich gut und sinnvoll, das gilt für den Aischgründer wie den Oberpfälzer Karpfen, das Kulmbacher wie das Münchner Bier. Auch beim Allgäuer Bergkäse ist es einsichtig. Aber das passt halt auf den Obazdn nicht so ganz. Beim Karpfen kann man nachverfolgen, wo er gefangen wurde, der Käse reift im Allgäu und beim Bier weiß man, es wurde in München gebraut, es ist aber Wurscht, ob als Helles, Dunkles, Pils oder Weizen.

Auch für Obazde gibt es ungefähr so viele Rezepte, wie es traditionelle Wirtshäuser und sparsame Hausfrauen gibt. Denn der Ursprung dieser Käsespezialität liegt im Dunkeln der Bierkeller Altbaierns. Es ist nicht mal klar, ob es ihn seit dem 19. Jahrhundert gibt, seit den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts oder erst seit 1958, wie eine launige Anekdote aus Freising besagt. Fest steht nur, es handelt sich um ein Produkt, das dazu dient, aus überreifem Weichkäse, wie er in Deutschland nicht mehr gerne gegessen wird, etwas herzustellen, das pikant und bekömmlich ist. Dazu kann man Camembert nehmen oder wie ich Brie. Angeblich soll es auch Leute geben, die Romadur oder Limburger nehmen, aber die haben sich mir noch nicht vorgestellt. Wahrscheinlich die Firmen, die eine Käsemasse industriell zusammenmischen und dann in Plastikschälchen via Supermarkt als Obatzter vertreiben.

Mein Chef, der Bürgermeister, wusste, dass an einer Lösung für die kleinen Gastwirte gearbeitet wird, damit sie weiter Obazdn selbst herstellen dürfen. Mir legte er Mut zum Ungehorsam nahe und fragte nach meinem Rezept: 500 g sehr reifen Brie mit einem großzügigen Esslöffel Butter, 200 g Frischkäse und 100 g gehackten Zwiebeln gut durchmischen. Großzügig Paprikapulver, ausgiebig Pfeffer und etwas Salz (keinen Kümmel!) und je nach gewünschter Konsistenz vorsichtig dunkles Bier dazugeben. Garnieren kann man mit Zwiebelringen und Schnittlauch. Dazu frische Brezn oder dunkles Brot.

Ihre Sabrina

GemeindeZeitung

Neues von Sabrina

GZ Archiv

Kolumnen & Kommentare aus Bayern

AppStore

TwitterfacebookinstagramYouTube

Google Play

© Bayerische GemeindeZeitung