Interviews & Gesprächezurück

(GZ-21-2015)
Gespräch mit Landrat Sebastian Gruber
 
► Sebastian GruberLandrat:
 
Landkreis Freyung-Grafenau: Region mit hohem Potenzial

Die Zukunft gemeinsam mutig und aktiv gestalten – dies hat sich der seit Mai 2014 amtierende Landrat von Freyung-Grafenau, Sebastian Gruber, auf seine Fahnen geschrieben. Für den 33-jährigen früheren Mittelschullehrer und Regionalmanager lohnt es sich, in der Region zu leben, zu arbeiten und sich zu engagieren. „Mein Ziel ist es, vernünftige Rahmenbedingungen für eine positive wirtschaftliche Entwicklung zu schaffen und konsequent zu fördern“, machte Gruber in einem Interview mit GZ-Chefredakteurin Anne-Marie von Hassel deutlich. „Der Landkreis Freyung-Grafenau besitzt großes Potenzial, dieses will ich entfalten“.

„Die Identifikation mit der Region ist das A und O“, hob der CSU-Politiker hervor. Damit die Menschen in der Region bleiben, gelte es, Überzeugungsarbeit zu leisten. „Raum zum Leben schaffen“ laute die Devise.

Freyung-Grafenau sei auch in einer sich wandelnden Gesellschaft ein hervorragender Wohnstandort. Sich verändernde Familienstrukturen und eine sich wandelnde Arbeitswelt beeinflussten freilich auch im Landkreis Freyung-Grafenau das Wohnverhalten, erläuterte Gruber. Neben dem gezielten Leben in der unberührten Natur gehe bei jungen Familien der Trend auch und gerade zu zentrumsnahem Wohnen – insbesondere in Freyung, Grafenau und Waldkirchen, den drei Städten des Landkreises. Konkrete Konzepte seien hier bereits erarbeitet worden, weshalb der Landrat der Zukunft gelassen entgegensieht – „auch im Hinblick auf das Thema Flüchtlinge“. Gruber zufolge ist davon auszugehen, dass sich in den städtischen Metropolen die ohnehin angespannte Wohnsituation noch verschärfen und sich dort zudem die Arbeitsplatzsituation gravierend verändern wird – mit entsprechenden positiven Folgen für den ländlichen Raum.

Kreisentwicklung

Zu den bestimmenden kommunalpolitischen Themen im Landkreis Freyung-Grafenau werden in den nächsten Jahren neben der Konsolidierung der Landkreisfinanzen die Kreisentwicklung sowie der Bereich der kreiseigenen Liegenschaften und Einrichtungen gehören. Bereits zu Beginn seiner Amtszeit hatte Sebastian Gruber das Landratsamt umstrukturiert und die Arbeit in den Gremien neu aufgestellt. In der Folge passte er auch die Organisation des Landratsamtes an die aktuellen Bedürfnisse und Herausforderungen an.

Der Landkreischef erhofft sich davon schnell deutlich spürbare Verbesserungen. „Ich will nicht nur eine funktionierende Verwaltung, sondern ein Landratsamt, mit dem ich unsere Zukunft gestalten kann.“ Dabei sieht Gruber es als „Daueraufgabe aller Verantwortlichen im Landratsamt“ an, „noch intensiver auf den Dienstleistungsgedanken hinzuweisen“. Dass dieser von ihm persönlich vorgelebt werden muss, verstehe sich von selbst.

Gesundheitslandschaft

Unter der Trägerschaft des Landkreises wird auch die Gesundheitslandschaft mit den Klinikstandorten Freyung, Grafenau und Waldkirchen ein Stück weit umstrukturiert. Wie Gruber berichtete soll die Akutversorgung auf die Standorte Freyung und Grafenau konzentriert werden. Der Standort Waldkirchen soll zu einem Gesundheitszentrum umgebaut werden, das nicht nur eine angemessene Notfallversorgung vor Ort gewährleistet, sondern auch die ambulante Versorgung weiter entwickelt. Es bestehe die realistische Chance, hier einen Leuchtturm zu schaffen, der auch qualifizierte Ärzte in die Region lockt, weil die Gesamtinfrastruktur hervorragend sei. Die Kreiskliniken werden in kommunaler Hand verbleiben, „da wir ein originäres Interesse daran haben, das medizinische Angebot vor Ort selbst zu bestimmen“.

Fokussierung auf Grundversorgung

Künftig, so der Landrat, werde es unverzichtbar sein, „dass wir uns in der Region auf eine qualitativ hochwertige Grundversorgung fokussieren“. Die Hausarztsituation sei momentan noch durchaus komfortabel, jedoch werde sich aus Altersgründen die Lage in zehn, spätestens 15 Jahren deutlich verschärfen. Vor allem in den kleineren Gemeinden könnte es dann schwierig werden, geeignete Nachfolger zu finden, prognostizierte Gruber.  

Das Regionalmanagement wird sich dem Thema der „potenziell Rückkehrwilligen“ noch intensiver widmen, um dem demografischen Wandel entgegen zu treten. Zahlreiche Aktionen der letzten Jahre haben bereits Erfolge erzeugt, der Landkreis Freyung-Grafenau wird an der Verstetigung dieses Instruments arbeiten.

Ein weiteres Anliegen des Landkreischefs ist die Stärkung des Tourismus in der Region. Zwar hat die Tourismusregion Ostbayern, bestehend aus Niederbayern und der Oberpfalz, mit 4,8 Millionen Gästen im vergangenen Jahr einen Rekordwert verzeichnet; dennoch sieht Gruber Handlungsbedarf, um die Wettbewerbsfähigkeit etwa der Tourismusdestination Bayerischer Wald langfristig zu verbessern.

Qualitätssteigerung

Erklärtes Ziel müsse sein, sich künftig verstärkt auf eine flächendeckende Qualitätssteigerung der Hotels in der Region hinzuarbeiten. Die Vorstellung vom Bayerischen Wald als Billigurlaubsdestination müsse der Vergangenheit angehören. Vor kurzem erst habe ein Wellnesshotel in Röhrnbach als erstes Haus im gesamten  Bayerischen Wald den fünften Stern erhalten. „Davon erhoffen wir uns eine gewisse Sogwirkung. Wir brauchen noch mehr solche Leuchttürme“, stellte Gruber fest.

Zu einer Qualitätssteigerung könnten freilich auch Nischenangebote beitragen. Rund um das Thema Bier ist bereits ein Wohlfühlhotel in der Region entstanden. Barrierefreiheit im Hotel oder ein exklusives Wellnessangebot stellten weitere Beispiele dar. Gleichwohl wies Gruber auch auf die Notwendigkeit einer „kleinen, gesunden Vermieterstruktur im Landkreis für Familien und Pensionsurlauber“ hin. Insgesamt müsse der Tourismus in der Region noch mehr als „Leitökonomie“ betrachtet werden.

Neuinvestitionen

Darüber hinaus gelte es, die bereits bestehende touristische Wirtschaftsförderung aus EU-Töpfen auch über die aktuelle, bis 2020 laufende Förderperiode hinaus zu sichern, erklärte der Landrat. Auf diesem Weg erhalten Betriebe bis zu 25 Prozent Förderung für Neuinvestitionen, die zur Qualitätsverbesserung ihrer Häuser beitragen. Solche Investitionsanreize seien für den Bayerischen Wald von größter Wichtigkeit. „Wir als Landkreis wollen diese Möglichkeit auch bei den touristischen Betrieben noch bekannter machen und intensiv beraten“, unterstrich Gruber.

Eine „Motivation, in unseren Bemühungen um eine weiterhin attraktive Region nicht nachzulassen“, ist nach Grubers Darstellung auch die kürzlich erfolgte Auszeichnung als Bildungsregion. Vor fünf Jahren hatte sich der Landkreis Freyung-Grafenau als einer der Ersten in Bayern an der Aktion beteiligt.

Das Gütesiegel „Bildungsregion in Bayern“ belegt, dass der Landkreis auch in diesem Bereich zeitgemäß aufgestellt ist. Ein fließender Übergang von Kindergarten zu Schule und von Schule zu Unternehmen ist gewährleistet. Schulische und außerschulische Bildungsangebote werden vernetzt, für junge Menschen in schwierigen Lebenssituationen gibt es zahlreiche Hilfsangebote. Schule und Jugendarbeit sollen zukünftig noch enger verbunden werden. So könne man den Herausforderungen des demographischen Wandels begegnen.

Bildungsregion

Wichtig werden Gruber zufolge auch die Strukturen der Berufsschullandschaft sein. Hier habe das Thema Bildungsregion - zumindest begleitend – bereits einen positiven Einfluss genommen. Zwar könnten Berufszweige wie das Metzger- oder Bäckerhandwerk nicht mehr direkt vor Ort beschult werden. Dass dies auch für die Wirtschaft in der Region zu einer Gefahr werden kann, liege auf der Hand. Hier müsse dringend gegengesteuert werden, stellte der Landrat fest. Glücklicherweise sei am Staatlichen Beruflichen Schulzentrum in Waldkirchen aber der Blockschulunterricht für Dachdecker aus ganz Bayern untergebracht. Dies sichere den Landkreis als Berufsschulstandort und sei ein wichtiger Anknüpfungspunkt für eine Weiterentwicklung der beruflichen Bildung im Landkreis, so der Landrat weiter.

Schullandschaft

Seit 2001 hat der Landkreis Freyung-Grafenau über 100 Millionen Euro in die Schullandschaft investiert. Ihr künftiger Zuschnitt ist laut Gruber das dominierende Thema in der Bildungspolitik des Landkreises. Aufgrund der demografischen Entwicklung werden sich nach seiner Überzeugung hier zwangsläufig Anpassungen ergeben müssen, beginnend beim Kindergarten über die Grundschule bis hin zur weiterführenden Schule. „Wir werden dafür sorgen, dass eine attraktive Schullandschaft erhalten bleibt, die dem aktuellen und künftigen Bildungsbedarf gerecht wird“, kündigt Gruber an.

Um die Zukunft seines Landkreises ist dem Landrat insgesamt nicht bange. Freyung-Grafenau bringe alle Voraussetzungen mit, um im Wettbewerb der Regionen zu bestehen. „Die notwendige Anpassung an eine sich veränderte Welt werden wir erfolgreich vollziehen“, ist sich Landrat Sebastian Gruber sicher.

DK

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