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(GZ-3-2020)
GZ-Interview mit Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger
 

► GZ-Interview mit Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger:

 

Fakten liegen auf dem Tisch

Die Bundesnetzagentur wird die bisher von zwei Unternehmen genutzten 450-MHz-Frequenzen 2020 neu vergeben. Sowohl die Energie- und Wasserwirtschaft als auch nationale Sicherheitsbehörden haben erklärt, diesen Frequenzbereich für ein redundantes Kommunikationsnetz in Notfällen zu benötigen. Die Frequenz hat eine verhältnismäßig große Wellenlänge, durchdringt so Gebäude gut und benötigt keinen engmaschigen Ausbau von Funkmasten. Sie eignet sich daher besonders für die Kommunikation im Krisenfall wie einem partiellen oder gar totalen Stromausfall. Zu diesem Themenkomplex befragten wir Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger.

GZ: Wie bewerten Sie in diesem Kontext die Bedarfe der Energie- und Wasserversorger?

Aiwanger: Die Energieversorgung ist die entscheidende kritische Infrastruktur. Ausfälle oder Störungen wirken sich unmittelbar und extrem auf alle anderen kritischen Infrastrukturen und somit auf Staat, Wirtschaft und Gesellschaft aus. Deswegen brauchen die Energieversorger sichere, flächendeckende, hochverfügbare und kosteneffiziente Kommunikationssysteme.

So können sie die Netze überwachen und steuern sowie Verbrauchs- und Erzeugungsanlagen einfach anbinden. Der Frequenzbereich rund um 450 MHz deckt große Gebiete ab, durchdringt auch Gebäude und ist daher für eine ausfallsichere Kommunikation besonders gut geeignet.

GZ: Welche Forderungen stellen Sie zum Wohl der Bürger an die Nutzung der 450-MHz-Frequenzen durch die Energiewirtschaft und wie stehen Sie zu einigen der in Diskussion befindlichen ordnungspolitischen Ansätzen?

Aiwanger: Die Energieversorgungsbranche sucht eine maßgeschneiderte Kommunikationslösung, die zuverlässig funktioniert und allen Stromnetzbetreibern – von kleinen Gemeindewerken bis hin zu großen Verteilnetzbetreibern – zur Verfügung gestellt wird. Bedenken hinsichtlich möglicher Monopole oder Gewinnmaximierung bei der Nutzung des 450-MHz-Frequenzbereichs kann die Bundesnetzagentur bereits im Vorfeld begegnen, indem sie als zuständige Regulierungsbehörde entsprechende Auflagen festlegt.

Ich bin dafür, dass die Energiewirtschaft ein 450-MHz-Funknetz aufbaut und betreibt, weil sie so die Anforderungen an eine ausfallsichere Infrastruktur kosteneffizient erfüllen kann.

GZ: Wie sehr ist Ihr Ministerium bereit, die Interessen der Energie- und Wasserwirtschaft gegen die mächtige „Sicherheitsfront“ zu vertreten?

Aiwanger: Ich sehe einen ganz klaren Bedarf der Energiewirtschaft an einem solchen Kommunikationssystem. Das habe ich ja bereits mehrmals bekräftigt, unter anderem im Beirat der Bundesnetzagentur, aber auch durch einen entsprechenden Beschlussvorschlag bei der Wirtschaftsministerkonferenz im Juni 2019, der übrigens einstimmig angenommen wurde.

Die Stromversorgung ist heute unter allen kritischen Infrastrukturen die wichtigste. Natürlich sind auch gerade die Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben, also die BOS, auf ein sicheres Kommunikationssystem angewiesen.

Im Gegensatz zur Energiewirtschaft verfügen diese Einrichtungen aber bereits über umfangreiche Kommunikationsmöglichkeiten im Rahmen eines eigenständigen Funknetzes. Eine Forderung, dass die 450-MHz-Frequenzen ausschließlich den BOS oder der Bundeswehr zur Verfügung gestellt werden, kann ich als bayerischer Wirtschaftsminister insofern nicht mittragen. Ich kann mir aber vorstellen, anderen Anwendern wie den BOS ein Mitnutzungsrecht anzubieten.

GZ: Wie geht der politische Prozess weiter, welche Bedeutung hat dieses Kompromissangebot der Energiewirtschaft, welche anderen Lösungsansätze gibt es für den politischen Konflikt (andere Frequenzbänder für BOS, ...)?

Aiwanger: Es ist alles ausdiskutiert. Jetzt gilt es, eine Entscheidung zu treffen. Die dafür erforderlichen Fakten liegen auf dem Tisch. Um Planungssicherheit zu gewährleisten und trotz der erforderlichen Vorlaufzeiten eine möglichst zügige Nutzung der Frequenzen durch die Unternehmen der Energieversorgungsbranche zu gewährleisten, ist eine unverzügliche Entscheidung auf Bundesebene und anschließende Zuteilung der Frequenzen erforderlich.

GZ: Herr Minister, wir danken für das Gespräch.

 

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