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(GZ-7-2022)
GZ-Gespräch mit Peter Reisinger, Regionalleiter Kommunale Kooperation Bayern, Deutsche Glasfaser
 

► GZ-Gespräch mit Peter Reisinger, Regionalleiter Kommunale Kooperation Bayern, Deutsche Glasfaser:

 

Wettbewerb auf dem Netz, nicht um das Netz

80 Prozent der 6,3 Mio. bayerischen Haushalte haben keinen Glasfaseranschluss. Das sind mehr als 5 Mio. Haushalte. Im internationalen Vergleich aller OECD-Mitgliedstaaten steht Deutschland mit 5,4 Prozent gar auf dem fünftletzten Platz, wenn es um den Anteil von Glasfaseranschlüssen an allen stationären Breitbandanschlüssen geht. Schlechter als in Deutschland sieht es nur noch in Großbritannien, Österreich, Belgien, und Griechenland aus. Deutschland ist also Entwicklungsland, was die Versorgung mit schnellem Internet angeht. Mit dem Markteintritt der Deutschen Glasfaser hat der Ausbau einen Schub erlebt.

Peter Reisinger, Regionalleiter Kommunale Kooperation Bayern, Deutsche Glasfaser und GZ-Chefredakteurin Constanze von Hassel.
Peter Reisinger, Regionalleiter Kommunale Kooperation Bayern, Deutsche Glasfaser und GZ-Chefredakteurin Constanze von Hassel.

Bereits 2011 hat das Unternehmen erkannt, dass besonders der ländliche und suburbane Raum den größten Ausbaubedarf hat und sich auf diese Bereiche spezialisiert.

„Damit“, erklärte Peter Reisinger, Regionalleiter Kommunale Kooperation Bayern, im Gespräch mit der Bayerischen GemeindeZeitung, „war das Unternehmen in Deutschland Pionier für den eigenwirtschaftlichen Ausbau im ländlichen Raum und hat damit die Basis zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung der Regionen gelegt.“

Die Deutsche Glasfaser, der Name ist Programm, steht für einen kompletten FTTH-Ausbau, d.h. hier kommt nur Glasfaser ins Haus.

Eigenwirtschaftlicher Ausbau und staatliche Förderung

Ausgebaut wird vorrangig eigenwirtschaftlich, ergänzt durch den Angang von unterversorgten Gebieten mit „Weißen Flecken“ durch gezielte staatliche Förderung. Das deutschlandweite Investitionsvolumen des Unternehmens beläuft sich inzwischen auf sieben Mrd. Euro. Zum Vergleich: Laut einer Marktanalyse des Bundesverbands Breitbandkommunikation e.V. (BREKO) stehen bis 2025 insgesamt 43 Mrd. Euro an privatwirtschaftlichen Investitionen für die Glasfaserversorgung zur Verfügung. Die hohe Attraktivität des Breitbandausbaus ist bei Investoren also angekommen. Unterstützt wird dies durch das im Koalitionsvertrag formulierte Bekenntnis der neuen Bundesregierung zum Breitbandausbau mit Glasfaser. Außerdem verspricht die Regierung, dass Open Access zu fairen Bedingungen ermöglicht werden soll, wo nötig auch regulatorisch. Für die Deutsche Glasfaser ist das eine Absage an die Mitverlegungswünsche anderer Telekommunikationsanbieter.

Doppelten Netzausbau vermeiden

„Ein doppelter Netzausbau ist unnötig. Jeder doppelt ausgebaute Ort bedeutet, dass ein anderer Ort länger auf die Erschließung mit Glasfaser warten muss. Mit Open Access lassen sich Netze wirtschaftlich, nachhaltig und im Sinne aller Beteiligten nutzen. Der Wettbewerb muss auf dem Netz stattfinden. Wir haben ja auch nur einen Stromanschluss im Keller liegen und trotzdem die Möglichkeit, aus mehreren Stromanbietern zu wählen“ konstatiert Reisinger.

Weiße und graue Flecken

Investitionsmittel wären also reichlich vorhanden und daher solle der eigenwirtschaftliche Ausbau Vorrang haben. Förderprogramme wären nur auf Orte zu beschränken, deren Ausbau tatsächlich unrentabel sei: „Die staatliche Förderung leistet ohne Frage einen wichtigen Beitrag für unterversorgte weiße Flecken. Bei den grauen Flecken sind allerdings weniger als 10 Prozent auf Subventionen angewiesen. Diese gilt es zu identifizieren und mit dem privatwirtschaftlichen Ausbau zu verzahnen. Wir sprechen dabei von „Integraler Planung“. Die Gemeinde Haimhausen ist hierfür ein gutes Beispiel,“ appelliert Reisinger.

Im Normalfall brauche die Deutsche Glasfaser ab der Übereinkunft mit einer Kommune zum gemeinsamen Angang des Projekts 18 Monate, um eine Gemeinde an das schnelle Internet anzuschließen. Für einen reibungslosen Ablauf werden schlanke Prozesse und moderne Verlegeverfahren benötigt. Daher hat das Unternehmen diverse Kooperationen und Absichtserklärungen unterzeichnet. 2019 wurde gemeinsam mit dem Bayerischen Gemeindetag ein Mustervertrag für alle bayerischen Gemeinden erstellt. So konnte die Anzahl der beteiligten Ansprechpartner reduziert werden.

Memorandum of Understanding mit VBEW

Seit August 2021 sorgt ein Memorandum of Understanding mit dem Verband der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (VBEW) dafür, dass vor Aufnahme der Baumaßnahmen alle Kontaktdaten der kommunalen Versorger bekannt sind. Schließlich liegen im Gehweg neben der Telefonleitung auch die Gas- und Stromversorgung. In einem Letter of Intent mit dem Bayerischen Finanzministerium, unterzeichnet im Dezember 2021 von Finanzminister Albert Füracker und CEO Thorsten Dirks, erklärt das Unternehmen bis 2025 für insgesamt 550.000 Glasfaseranschlüsse in Bayern sorgen zu wollen.

Gebaut sind derzeit 100.000 und weitere 250.000 sind in der Planung. Ende Januar folgte schließlich eine weitere Erklärung mit dem Bayerischen Gemeindetag zu weiteren Standardisierungen und Handlungsrichtlinien. Die Deutsche Glasfaser hat sich so verpflichtet, Glasfaser-Infrastrukturen nach den anerkannten Regeln der Technik zu planen und zu errichten sowie die Wiederherstellung der Oberfläche zu gewährleisten. Das Unternehmen verspricht sich von den bayerischen Kommunen wiederum eine schnelle Bearbeitung der Anträge, eine zeitnahe Erteilung von verkehrsrechtlichen Anordnungen und, aus Effizienzgründen, die kommunale Zustimmung zu modernen Verlegeverfahren, durch die viermal schneller gebaut werden kann. Das Unternehmen verpflichtet sich die Qualität der Baumaßnahmen sicherzustellen und als Ansprechpartner bis zur Abnahme durch die Gemeinde nach Beendigung der Baumaßnahme zur Verfügung zu stehen.

Zukunftssichere Bandbreiten

„Die Pandemie hat die Schwachstellen der Digitalisierung in Deutschland klar aufgezeigt. Gleichzeitig hat sie für einen notwendigen Schub im Bewusstsein der Bevölkerung für eine leistungsfähige Glasfaserinfrastruktur gesorgt. Distanzunterricht und Homeoffice erfordern die Versorgung mit schnellem Internet – und nur der Ausbau mit Glasfaser garantiert zukunftssichere Bandbreiten im Gigabitbereich. Umso wichtiger ist es, dass wir unsere Ressourcen jetzt nicht durch einen unnötigen Doppelausbau verbrauchen, der den flächendeckenden Glasfaserausbau in die Länge zieht und dabei auch noch wertvolle Ressourcen verschwendet.“, fasste Reisinger den Unternehmensanspruch zusammen.

CH

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