Interviews & Gesprächezurück

(GZ-17-2022)
GZ-Interview mit Markus Ferber, MdEP
 

► Markus Ferber, MdEP:

 

Große Chancen zur Erneuerung

„Die Pandemie hat in vielen Bereichen einen Rückschlag verursacht, aber sie bietet auch große Chancen, sich zu erneuern“, so MdEP Markus Ferber. Der Vorsitzende der Hanns-Seidel-Stiftung sprach mit der Bayerischen GemeindeZeitung über vergangene und künftige Herausforderungen.

GZ: Die Hanns-Seidel-Stiftung steht für „Politische Bildung“. Welche Highlights erwarten uns in den kommenden Monaten?

Markus Ferber: Politische Bildung muss neue Wege gehen. Die Digitalisierung spielt hier eine entscheidende Rolle. Wir bieten Lernvideos an, wir veranstalten Seminare auf Twitch unter #spielendlernen. Hier sind junge Zielgruppen gut abzuholen. Diese neuen Formate bedeuten aber nicht, dass das Bisherige nicht mehr stattfindet. Im Herbst starten wir erneut in ganz Bayern mit Präsenzseminaren. Wenn ein Verein ein gesellschaftspolitisch interessantes Thema in einer Kooperation mit uns umsetzen möchte, versuchen wir das gerne umzusetzen.

Preisverleihungen sind immer Highlights. Neulich hatten wir einen Schreibwettbewerb zum Thema „Freundschaft“ ausgeschrieben. 250 Einsendungen aus dem deutschsprachigen Raum erreichten die Jury, 39 davon zeichneten wir aus. Diese Texte veröffentlichten wir in einem Sammelband. Im Herbst prämieren wir wieder Schülerzeitungsredaktionen mit dem Preis DIE RAUTE. Und unser Bildungszentrum Kloster Banz ist immer für Seminare zu empfehlen.

GZ: Besonders interessieren uns natürlich die Weiterbildungsmöglichkeiten für kommunale Entscheiderinnen und Entscheider. Was bietet die Hanns-Seidel-Stiftung für unsere Zielgruppe?

Ferber: Die Hanns-Seidel-Stiftung bietet kommunalen Entscheidungsträgern wichtige Schulungsangebote in Form von gut anwendbarem Rechtswissen für Gemeinde-, Kreis- und Bezirksräte, aber auch für Bürgermeister und Landräte. Neben dem Basiswissen in Form von Kommunalrecht, Baurecht, Finanzwesen und Rechnungsprüfung, Vergabe, Zuwendungsrecht usw. vermitteln wir auch Handlungskompetenzen wie z.B. Verhandlungstraining oder Führungskompetenzen. Zudem bieten wir ein breites Rhetorikangebot an, etwa Stimmtraining, Diskussionstraining, Argumentationstraining oder Medientraining.

Mit Themen wie „Wohnungsbaugesellschaften, Förderangebote und Mietwohnungen im ländlichen Raum“ wollen wir auch hier unseren Beitrag leisten. Unsere Themenspanne – in Präsenz und Online – ist breit gefächert. In der Kommunalreihe „Auf einen Kaffee mit“, in der wir Impressionen von den jeweiligen Regionen Bayerns zeigen, in der wir gerade drehen, interviewt unsere Kommunalreferentin immer wieder Kommunalpolitiker, welche die Herausforderungen und aktuellen Projekte der Region thematisieren. Zudem gibt es ein Themenportal www.hss.de/kommunalpolitik mit Erklärvideos oder essentiellen Handlungsanweisungen für Kommunalpolitiker bei „Hatespeech“-Vorfällen, insbesondere wie man sich zur Wehr setzen kann.

Politische Bildung auf Höhe der Zeit

GZ: Die bayerischen Kommunen beweisen derzeit große Solidarität mit den Geflüchteten aus der Ukraine. Aktuell gehen 25.000 ukrainische Schülerinnen und Schüler in Bayern zur Schule. Die Lehrkräfte haben sich sozusagen über Nacht darauf eingestellt, den Kindern Bildung, Geborgenheit und Stabilität zu vermitteln und dem Tagesablauf Rhythmus zu geben, damit sie hoffentlich mit guten Erinnerungen an Deutschland in ihr Land zurückkehren werden. Die Hanns-Seidel-Stiftung hat für die vielen Ehrenamtlichen, die sich für die Geflüchteten engagieren, eine Orientierungshilfe entwickelt. Können Sie das näher beschreiben?

Ferber: Wie schon in der Flüchtlingskrise 2015 unterstützt die Hanns-Seidel-Stiftung die Ehrenamtlichen mit Orientierungswissen in Form eines Leitfadens. Wir haben die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in ganz Bayern angeschrieben, auch die Helferkreise können bei uns die Leitfäden beziehen. Die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer spielen beim Ankommen, beim Zurechtfinden und in der Integration eine entscheidende Rolle.

Behördengänge sind zu begleiten, Ansprechpartner der richtigen Schulen müssen gefunden werden – die Ehrenamtlichen können nicht alles wissen und dürfen selbst nicht alleingelassen werden.

Unser Leitfaden „Engagement für Geflüchtete aus der Ukraine“ gibt hier wichtige Hinweise zum rechtlichen Rahmen, aber auch zur Selbsthilfe. Er ist über unsere Homepage www.hss.de/flucht kostenfrei zu beziehen, als Download oder auch als Druckexemplar.

GZ: Die Hanns-Seidel-Stiftung lebt durch den persönlichen Austausch. In Pandemiezeiten leider kein geeignetes Geschäftsmodell. Welche Anstrengungen waren notwendig, die Digitalisierung vorabzutreiben und was hat sich seither verändert?

Ferber: Die Pandemie hat in vielen Bereichen der Gesellschaft einen Rückschlag verursacht, aber sie bietet auch große Chancen, sich zu erneuern oder das Geschäftsmodell anzupassen. Die Hanns-Seidel-Stiftung hat diesen Auftrag angenommen. Weil Präsenzveranstaltungen mit Politischer Bildung von heute auf morgen nicht mehr möglich waren, haben wir uns digital neu aufgestellt.

Wir haben enorme Kompetenzen in diesem Bereich erworben, die uns auch in Zukunft nützen werden, gerade junge Zielgruppen verstärkt zu erreichen. Es zeigte sich aber auch, dass es Formate gibt, die nur in Präsenz gut funktionieren. Parallel hierzu haben wir die veranstaltungsarme Zeit genutzt, unser Konferenzzentrum in München auf den neuesten Stand der Digitaltechnik zu bringen. Glasfaser, Green-Screen und optimierte Beleuchtung werden uns fortan begleiten, politische Bildung auf Höhe der Zeit zu vermitteln.

GZ: Dieses Jahr steht ein besonderes Jubiläum an: 40 Jahre Begabtenförderung. Unzählige junge Menschen konnten sich mit Hilfe der Hanns-Seidel-Stiftung vollkommen auf ihre Ausbildung konzentrieren. Wie wird dieser Meilenstein gefeiert?

Ferber: Wir feiern 40 Jahre Begabtenförderung durch die Hanns-Seidel-Stiftung und gleichzeitig 30 Jahre Club der Altstipendiaten. Das ist das starke Netzwerk der früheren Stipendiaten mit nunmehr über 2.500 Mitgliedern.

Für beide Jubiläen veranstalteten wir Ende August einen Festakt in Kloster Banz, unserem Bildungszentrum, das auch Begegnungsstätte unserer Stipendiatinnen und Stipendiaten ist.

Wir fördern vielseitige Begabungen. Die musikalische Umrahmung übernahm ein Orchester von Stipendiaten. Andere produzierten einen sogenannten Digi-Walk durch das Bildungszentrum und letztlich, den Festgästen konnte durch Grußbotschaften auch ein Eindruck der Altstipendiaten-Vereinigung aus aller Welt, aus China, Afrika oder Lateinamerika vorgeführt werden. Insgesamt eine sehr gelungene Veranstaltung, die zeigte, wie modern und weltumspannend die HSS auch in diesem Bereich aufgestellt ist.

GZ: Zu guter Letzt, wir leben in einer Pandemie. Haben Sie vielleicht einen persönlichen Aufruf an diejenigen, denen diese zwei Jahre Corona sehr zugesetzt haben?

Ferber: Beim Weg durch die Pandemie muss jeder seinen eigenen Weg finden, flankiert von den staatlichen Maßnahmen zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger. Wir müssen lernen mit dem Virus zu leben. Ich empfehle jedem ein Stück Gelassenheit zu bewahren, sich über Impfprogramme zu informieren und wo nötig mit einer Maske zu schützen.

Markus Ferber, MdEP. Bild: markus-ferber.de

Der 1965 in Augsburg geborene Diplom-Ingenieur Markus Ferber arbeitete zunächst als Entwicklungs- und Vertriebsingenieur in den Bereichen Mikroelektronik und Umwelttechnik, bevor er 1994 als Vertreter von Schwaben ins Europaparlament gewählt wurde. Dort war er bis 1999 zunächst Sprecher der Jungen Gruppe der EVP-Fraktion, von 1996 bis 1999 Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Gruppe im EP. Von 1999 bis 2014 war er Vorsitzender der CSU-Gruppe, seit 2013 Sprecher des Parlamentskreises Mittelstand, von 2014 bis 2018 erster stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschaft und Währung, seit 2018 Koordinator der EVP-Fraktion dieses Ausschusses im EP. Außerdem ist Ferber stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr. Zudem ist er Bezirksvorsitzender der CSU Schwaben und seit 2000 Landesvorsitzender der Europa Union Bayern. Sechs Jahre war er stellvertretender Vorsitzender der Hanns-Seidel-Stiftung, seit dem 1. Januar 2020 ist er deren erster Vorsitzender und wurde 2022 im Amt bestätigt. Bild: markus-ferber.de

 

 

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