(GZ-18-2024 - 26. September) |
► GZ-Interview mit Daniel Kleffel, Präsident des Landesamts für Digitalisierung, Breitband und Vermessung: |
Wie das LDBV Bayerns digitale Zukunft gestaltetAm 1. Januar 2023 haben die rund 3.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landesamts und der Ämter für Digitalisierung, Breitband und Vermessung (LDBV/ÄDBV) einen neuen Chef bekommen. Dipl.-Ing. Daniel Kleffel, der zuvor das Landesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (LSI) geleitet hat, folgte auf den bisherigen Präsidenten Wolfgang Bauer, der als Leiter der Abteilung VII „Digitalisierung, Breitband und Vermessung“ an das Bayerische Staatsministerium der Finanzen und für Heimat wechselte. Im Gespräch mit Constanze von Hassel, Chefredakteurin der Bayerischen GemeindeZeitung, erläutert Daniel Kleffel wie das LDBV durch den Ausbau von Glasfaser, die Bereitstellung von Geodaten und innovative Cloud-Dienste die bayerischen Kommunen unterstützt. Er spricht über die Herausforderungen des Breitbandausbaus, die Bedeutung von IT-Sicherheit und die Chancen, die Künstliche Intelligenz für die Staatsverwaltung bietet. GZ: Digitalisierung, Vermessung, Breitband: Welche Rolle spielt das LDBV bzw. die ÄDBV in der Modernisierung und Vernetzung der digitalen Infrastruktur Bayerns? Welche Dienstleistungen bieten Sie den bayerischen Kommunen? Daniel Kleffel: Wir sind mit mehr als 220 Jahren eine der ältesten Verwaltungen des Freistaats, seit vielen Jahren aber auch der Treiber von Digitalisierung in Bayern. Das beginnt bei der physischen Infrastruktur – Stichwort Glasfaser – und führt hin zu den IT-Basisdiensten, Cloud und KI im IT-DLZ (IT-Dienstleistungszentrum Anm. d. Red.; Teil des LDBV) als Arbeitsgrundlage der Verwaltungen in Bayern. Entscheidend ist eine gigabitfähige Infrastruktur, als Grundlage für alle weiteren Digitalisierungsmaßnahmen. Hier ist unser Bayerisches Breitbandzentrum in Amberg zentraler Ansprechpartner für den geförderten Glasfaserausbau in Bayern. Als Breitbandmanagerinnen und -manager sind die Leitungen unserer Ämter für Digitalisierung, Breitband und Vermessung in jedem bayerischen Landkreis vertreten und stehen im ständigen Austausch mit den dortigen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern sowie der Gemeindeverwaltung. Sie begleiten die Kommunen durch die Förderverfahren. Gerade für kleinere Gemeinden mit knappen Personalressourcen ist diese kostenfreie Beratung und Begleitung durch die Förderverfahren eine große Hilfe. Darüber hinaus sind z.B. das Bayerische Behördennetz, der Antragsmanager, das BayernPortal oder die Geodateninfrastruktur Bayern hochwertige Infrastrukturdienste für die Digitalisierungsaufgaben der Kommunen. Die Geodateninfrastruktur etwa schafft die technischen und organisatorischen Voraussetzungen für die Verfügbarkeit von Geodaten u.a. für die Verwaltungsebenen. Das inzwischen sehr engmaschige BayernWLAN bietet Konnektivität für alle. Der BayernAtlas bietet in seiner freien und in der Plus-Version einen schnellen Blick in alle verfügbaren amtlichen Geodaten Bayerns. Er liegt im Übrigen in neuer Version im Beta-Stadium vor und wir laden alle ein, Rückmeldungen zur Beta-Version zu geben. Auch Cloud-Dienstleistungen unseres IT-Dienstleistungszentrums, wie z. B. die „BayernBox“, erleichtern Kommunen die Arbeit: Über die digitale Datenaustauschplattform lassen sich große Datenmengen schnell, einfach und sicher austauschen. IT-Sicherheit ist ein wichtiges Stichwort: Die Bedrohungslage wird zunehmend komplexer und für einzelne Kommunen schwer zu beherrschen. Die Nutzung von zentral angebotenen Diensten und die Bündelung von IT-Know-How durch Zusammenarbeit sind hier Lösungsmöglichkeiten. Bundesfördermittelkürzung Breitbandausbau GZ: Ende Juli wurde bekannt, dass der Bund, der für den Breitbandausbau zuständig ist, seine laufenden Mittel drastisch kürzen werde. Zudem ist unklar, welche Fördermittel ab 2025 zur Verfügung stehen werden. Wird 2024 das Jahr der unbequemen Wahrheiten in Bezug auf den Breitbandausbau? Wie ist die aktuelle Lage und welche Antworten hat Bayern darauf? Kleffel: Die Kürzungen der Mittel durch den Bund bei einer der wichtigsten Zukunftsaufgaben sind ein verheerendes Signal und wirklich schlechte Nachrichten für den Gigabitausbau im ländlichen Raum sowie für die betroffenen Kommunen. Über die konkrete Ausgestaltung der Bundesfördermittel in 2024 und 2025 stimmt sich das Bayerische Staatsministerium der Finanzen und für Heimat derzeit mit dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr ab. Dem Ergebnis dieses Prozesses möchte ich nicht vorgreifen. Bayerns Ziel ist selbstverständlich nach wie vor der flächendeckende Gigabitausbau zu jedem Wohngebäude und zu jedem Gewerbebetrieb in Bayern. Der Freistaat Bayern unterstützt seine Kommunen hier seit vielen Jahren mit sehr viel staatlichem Geld, obwohl die Verantwortung für die digitale Infrastruktur nach dem Grundgesetz vom Bund wahrzunehmen ist. Kommunen im Fokus GZ: Sie haben diverse Stationen in der Bayerischen Vermessungsverwaltung durchlaufen und anschließend das LSI, das Landesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie, mit aufgebaut, bevor Sie zurückkehrten. Gibt es Schnittstellen zwischen diesen beiden Ämtern? Kleffel: Die sich bisher stellenden Aufgaben waren stets mit ingenieurmäßigem Denken, Freude am Umgang mit Menschen und einem großen Interesse an digitalen Lösungen lösbar – egal ob bei der Arbeit am Vermessungsamt, am Finanzministerium, am LSI oder am LDBV. Der Aufbau des LSI von 2017 an machte die hohen Anforderungen noch deutlicher, die sich im ständig wachsenden Gefahrenpotential durch IT-Angriffe gerade auch im IT-DLZ stellen. Am LSI standen mir – wie ich es in der Vermessungsverwaltung vom ersten Tag an gelernt hatte – die Kommunen als ganz besonders wichtige Kunden und Partner im Fokus. Und nicht zuletzt die Gewinnung von qualifiziertem IT-Personal war und ist an beiden Ämtern eine wichtige Aufgabe. GZ: Ende Juli wurde bestätigt, dass China vor drei Jahren einen Hackerangriff auf das Bundesamt für Kartographie verübt hat. Warum war das Bundesamt für Kartographie von besonderem Interesse? Kleffel: Über die Gründe des Angriffs auf das BKG möchte ich nicht spekulieren. GZ: In Bezug auf die Digitalisierung: Worauf sollte eine bayerische Kommune unbedingt achten und welche Maßnahmen sollten bereits abgeschlossen sein? Kleffel: Bayerns Kommunen haben die Digitalisierung ihrer Verwaltungsleistungen mit großem Engagement vorangetrieben. Gleichzeitig stellt die beschleunigte digitale Transformation Kommunen auch vor große Herausforderungen. Bestehende Strukturen, Prozesse und IT-Lösungen müssen auf Optimierungspotenzial geprüft und, wo nötig, behutsam, aber entschlossen fortentwickelt werden. Angesichts zunehmender Cyberangriffe muss die IT-Sicherheit dabei höchste Priorität haben. Das Bayerische Behördennetz bietet als wichtige Grundlage höchstmögliche Ausfallsicherheit, einen gesicherten Internetübergang, sowie viele weitere Sicherheitskomponenten. Wir wollen daher die noch verbliebenen Kommunen baldmöglichst davon überzeugen, sich an unser Bayerisches Behördennetz anzuschließen, damit auch sie noch mehr vom umfassenden Schutz durch das Landesamt für Sicherheit in der Informationstechnik profitieren. Nicht nur im Bereich der IT-Sicherheit haben die Nutzung zentraler Lösungen und interkommunale Zusammenarbeit große Vorteile. GZ: Stichwort „Künstliche Intelligenz“: Fluch oder Segen? Kleffel: Die Nutzung von Künstlicher Intelligenz bietet viele Potenziale – in fast jedem professionellen Umfeld. KI-Algorithmen bieten schon heute oft die schnellste Möglichkeit, mit den explodierenden Datenmengen umzugehen und zielgerichtete Auswertungen zu erstellen. Wir befassen uns im LDBV, insbesondere das IT-DLZ aber auch im Geobereich, deshalb sehr intensiv mit unterschiedlichen Anwendungen von KI, um Kompetenz aufzubauen, uns diese neue Technologie nutzbar zu machen und so die Anforderungen unserer Kunden, aber auch eigene Fachaufgaben erfüllen zu können. Das IT-DLZ wird eine zentrale Rolle beim KI-Einsatz in der Staatsverwaltung einnehmen. Eine leistungsfähige Infrastruktur ist für die Technologie grundlegend. KI ist viel stärker ein technisches Thema, als wir dies von der klassischen Verwaltungsdigitalisierung gewohnt sind. Einsatzbereiche von KI sehen wir u.a. bei der Bilderkennung, der Klassifikation von Dokumenten oder der Einrichtung von Chatbots. Aktuelle Projekte setzen beispielsweise die Bereitstellung einer sicheren KI-Lösung zur internen Anwendung in der Staatsverwaltung oder die Einrichtung von Chatbots zur bürgerfreundlichen Kommunikation auf Webseiten um. Zu berücksichtigen sind dabei natürlich die Anforderungen des Datenschutzes und der Datensicherheit. Im Geobereich wenden wir schon seit Jahren KI-Algorithmen zur Detektion von Neubauten in Luftbildern an. Heute Nachmittag starten wir gemeinsam mit Herrn StM Füracker an der OTH Amberg-Weiden ein Forschungsprojekt, um KI-gestützt Daten zur Fortführung der topographischen Datenbanken aus Bildern zu erkennen. Diese Algorithmen sollen auch bei unserer Satellitenmission, die kommendes Jahr mit dem Start der 5 Cubesats in die heiße Phase gehen wird, eingesetzt werden. GZ: Kommunen verfügen über den Rohstoff unseres Zeitalters: Daten. Sollten sie diese Daten monetarisieren? Kleffel: Die Frage deckt ein weites Feld an denkbaren Datenbeständen ab. Daher kommt es darauf an, über welche Daten man genau spricht. Kommunen verwalten und speichern sehr viele schützenswerte Daten, beispielsweise Adress- und Ausweisdaten, Daten aus Gemeindesteuern, Beiträgen usw. Hier stehen selbstverständlich der Datenschutz und die IT-Sicherheit an oberster Stelle. Eine Monetarisierung dürfte mit dem Datenschutz schwer vereinbar sein. Wenn ich als ein Beispiel allerdings noch die Geodaten nennen darf, ist festzustellen, dass wir als Vermessungsverwaltung mit der einfachen und inzwischen meist völlig kostenfreien Bereitstellung unserer Daten – Stichwort „Open Data“ – sehr gute Erfahrungen gemacht haben. Die Daten werden zahlreich nachgefragt und genutzt, innovative Anwendungen werden ermöglicht. Natürlich sind eventuelle gesetzliche Restriktionen bei der Bereitstellung der Daten, gerade auch was den Schutz von kritischen Infrastrukturen betrifft, zu berücksichtigen. Ein Beispiel zu freien Geodaten: Die von den Kommunen beschilderten Wanderwege werden in den Karten der Vermessungsverwaltung mit ihrer jeweiligen Bezeichnung übernommen, sowohl in digitalen Angeboten als auch in Druckausgaben. Ein Verzicht auf Gebühren entlastet auch die Verwaltung und kann zu einer positiven Wahrnehmung führen, wenn die Daten leicht nutzbar und ausreichend Informationen und Beratung verfügbar sind. GZ: Ist der Beruf des Geodäten zukunftssicher? Kleffel: Der Beruf des Geodäten ist außerordentlich zukunftssicher. Die Arbeit der Geodäten wird zunehmend wichtiger für die Gesellschaft, da sie u.a. die Grundlagen für Navigation und Geoinformation liefert. Dabei nutzen sie nicht nur klassische Vermessungsinstrumente, sondern auch Satelliten- und Luftbilder, aus denen sich mittlerweile eine Vielzahl auch dreidimensionaler Informationen ableiten lassen. So können beispielsweise Überschwemmungsgebiete oder Standorte von Windenergieanlagen genau berechnet werden. Speziell im öffentlichen Bereich sichern die Geodäten mit ihrer Arbeit das öffentliche Register aller Grundstücke und Gebäude und bilden die Grundlage zum Nachweis von Immobilieneigentum. Die Ausbildung hat auch eine starke rechtliche Komponente. Geodäten sind Baurechtsexperten – nicht nur im Bauplanungsrecht, sondern gerade auch im Bereich von Baulandumlegungen, einer Dienstleistung, die wir seit vielen Jahren den Kommunen anbieten und so schon viele Bebauungspläne realisiert haben. Für diese und weitere Aufgabenfelder werden in der Bayerischen Vermessungsverwaltung ebenso wie bei vielen anderen privaten und öffentlichen Arbeitgebern Geodäten weiterhin dringend benötigt, sowohl in Ausbildungsberufen als auch nach einem Studium mit Bachelor- oder Masterabschluss. GZ: Gibt es noch etwas, das Sie unseren Leserinnen und Lesern mit auf den Weg geben möchten? Kleffel: Meine inzwischen zahlreichen Stationen in der Vermessungs- und Digitalisierungsverwaltung mit den vielen Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Kommunen bestätigen immer wieder, dass wir als gesamte öffentliche Verwaltung digital gut aufgestellt sind. Den weiter wachsenden Anforderungen können wir mit mehr Zusammenarbeit, der Nutzung zentral bereitgestellter Angebote und vor allem mit Lust und Mut zu Neuem bestens begegnen. Der öffentliche Dienst ist auch für Digitalexperten ein attraktiver Arbeitgeber, was mir die hochqualifizierten Kolleginnen und Kollegen exemplarisch in meinen bisherigen Stationen immer wieder bestens gezeigt haben. |
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