GZ: Wie schätzen Sie die aktuelle Entwicklung der Digitalisierung in der Sparkassen-Finanzgruppe ein? Welche Rolle spielt die DSV-Gruppe dabei, um Sparkassen sowie ihre Privat- und Firmenkunden mit digitalen Lösungen zu unterstützen?
Jasmin Ghubbar: Die Digitalisierung ist ein strategisches Kernthema der Sparkassen-Finanzgruppe, um zukunftsfähig und kundenorientiert zu bleiben. Als Marktführer in Deutschland bieten die Sparkassen ein hohes Digitalisierungsniveau, ohne die persönliche Nähe zu verlieren – ob über die Internet-Filiale oder die Sparkassen-App.
Unsere digitale Strategie hat zwei Schwerpunkte:
- Kundenorientierte Lösungen: Mobile-first Services, höchste Sicherheitsstandards und smarte digitale Angebote wie der Chatbot Linda, der rund um die Uhr Kundenfragen beantwortet.
- Interne Automatisierung: KI-gestützte Prozesse vereinfachen Abläufe, optimieren Analysen und entlasten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sodass sie sich auf wertschöpfende Tätigkeiten konzentrieren können.
Die DSV-Gruppe treibt Innovationen aktiv voran – von digitalen Identifikationsverfahren bis hin zu Forschungsprojekten wie „Flow Factory“, einem Forschungs-Lab für KI-Innovationen in der Finanzpraxis. Ein weiteres Beispiel ist SparkasseGPT, das seit 2024 mit geprüften Sparkassen-Inhalten verständliche Antworten auf komplexe Finanzfragen liefert. So gestaltet die Sparkassen-Finanzgruppe die digitale Zukunft – sicher, effizient und kundenfreundlich.
Nachhaltigkeit und Digitalisierung
GZ: Digitalisierung und Nachhaltigkeit werden oft als zentrale Zukunftsthemen genannt. Wie gelingt es, beides sinnvoll zu verbinden? Welche Lösungen bietet die DSV-Gruppe, um Sparkassen, Unternehmen und Privatpersonen wirtschaftlich und ökologisch nachhaltig aufzustellen?
Ghubbar: Nachhaltigkeit ist fest in der DNA der Sparkassen verankert – vor allem in ihrer sozialen Verantwortung. Digitalisierung hilft uns, diese noch gezielter wahrzunehmen. Ein Beispiel: finanzielle Bildung. Über digitale Kanäle wie TikTok und zielgruppengerechte Formate lernen junge Menschen den bewussten Umgang mit Geld. Wer früh Finanzwissen aufbaut, ist langfristig finanziell selbstbestimmt – ein nachhaltiger Ansatz.
Auch digitale Barrierefreiheit und Mehrsprachigkeit sind uns wichtig. Unsere Lösungen ermöglichen es Menschen in den verschiedensten Sprachen, Finanzdienstleistungen in ihrem Tempo zu nutzen – ohne sich unwohl an einem Schalter zu fühlen. So schaffen wir mehr Teilhabe für alle.
Und natürlich profitiert die ökologische Nachhaltigkeit, denn digitale Prozesse reduzieren Papierverbrauch und sparen Ressourcen. Die DSV-Gruppe bietet konkrete Lösungen:
- Nachhaltigkeitsmanagement-Software „nawisio“ unterstützt Klimabilanzierung und Berichterstattung.
- Der „Modernisierungsrechner“ hilft bei CO2-sparenden Sanierungen.
- Debit- und Kreditkarten aus 85 Prozent recyceltem Material und virtuelle Karten reduzieren Plastikmüll.
- Die Sparkassen Einkaufsgesellschaft fördert nachhaltige Beschaffung mit dem „Greenbook“.
Mit digitalen Innovationen macht die DSV-Gruppe Nachhaltigkeit für Sparkassen, Unternehmen und Privatkunden wirtschaftlich und ökologisch effizient.
GZ: Der Mangel an Fachkräften ist in vielen Branchen spürbar. Welche Wege sehen Sie, um junge Talente für den Finanzsektor zu gewinnen und langfristig zu halten? Inwiefern können digitale Tools und flexible Arbeitsmodelle dabei eine Rolle spielen?
Ghubbar: Um junge Talente für den Finanzsektor zu begeistern und langfristig zu halten, braucht es vor allem flexible Arbeitsmodelle. Mobiles Arbeiten, Homeoffice, Teilzeit, Gleitzeit, Workation, Sabbatical etc. – all das sind wichtige Faktoren für eine bessere Work-Life-Balance und eine moderne Unternehmenskultur. Besonders für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die zurückkehren, etwa Mütter nach der Elternzeit, sind solche Modelle essenziell.
Weiterbildung und lebenslanges Lernen spielen ebenfalls eine zentrale Rolle. Der Finanzsektor verändert sich rasant, und wir bieten gezielte Schulungen, digitale Lernplattformen und agile Workshop-Formate, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kontinuierlich weiterzuentwickeln.
Diversität ist ein Muss! Teams mit unterschiedlichen Perspektiven sind kreativer, innovativer und attraktiver für neue Talente. Wir setzen uns aktiv für eine vielfältige Unternehmenskultur ein – unabhängig von Herkunft, Geschlecht oder Behinderung.
Nicht zuletzt sind digitale Tools die Grundlage für moderne Arbeitsmodelle. Sie ermöglichen ortsunabhängige Zusammenarbeit, unterstützen Auszubildende beim Lernen und Erleichtern durch KI-gestützte Prozesse die Arbeit in vielen Bereichen. Die Zukunft der Finanzbranche ist digital – und genau das macht sie für Fachkräfte interessant.
Mehr Frauen in Führung – ein Erfolgsfaktor
GZ: Sie engagieren sich für mehr Frauen in Führungspositionen. Welche Maßnahmen halten Sie für besonders wirkungsvoll, um Diversität in der Finanzbranche weiter voranzubringen? Und was bedeutet für Sie persönlich das Hashtag #kindundkarriere?
Ghubbar: Mir liegt besonders am Herzen, dass Frauen Karriere und Familie vereinen können, ohne sich für eines entscheiden zu müssen. Dazu braucht es eine Unternehmenskultur, die Führung in Teilzeit, Job-Sharing und flexible Arbeitsmodelle ermöglicht. Entscheidend sind auch Mentoring-Programme und starke Role-Models wie z.B. Karolin Schriever, seit September 2022 geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, die zeigen, dass es geht!
Frauen bringen wertvolle Führungskompetenzen mit – gerade als Mütter: Organisationstalent, Kommunikationsstärke und Entscheidungsfähigkeit unter Druck. Deshalb möchte ich Frauen ermutigen, den Schritt in Führung zu wagen. Lasst euch nicht von der Vorstellung abschrecken, dass Karriere und Kinder nicht vereinbar seien – es geht!
Aus eigener Erfahrung weiß ich: Man muss nicht alles allein machen. Unterstützung annehmen und Prioritäten setzen hilft, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Mehr Frauen in Führung bedeutet mehr Vielfalt, mehr Innovation und eine bessere Zukunft für alle.
Wero und EPI
GZ: Die Bedeutung eines starken europäischen Zahlungssystems wächst. Warum ist eine Lösung wie Wero gerade jetzt besonders wichtig, und welche Vorteile bringt sie für Sparkassen, Unternehmen und Bürger? Was ist die EPI?
Ghubbar: Die European Payments Initiative (EPI) ist ein Zusammenschluss von 16 Banken und Zahlungsdienstleistern aus Deutschland, Belgien und Frankreich mit dem Ziel, eine unabhängige europäische Zahlungslösung zu schaffen. Mit Wero machen wir Europa im Zahlungsverkehr unabhängiger von internationalen Paymentanbietern – die Wertschöpfung bleibt in Europa, Daten werden sicher nach EU-Standards verarbeitet.
Gerade jetzt, in geopolitisch unsicheren Zeiten, ist eine starke europäische Alternative entscheidend. Wero bietet Sparkassen, Kommunen, Unternehmen und Bürgern eine moderne, verlässliche Lösung kombiniert mit einer einfachen Nutzung:
- Freischaltung direkt in der Sparkassen-App
- Echtzeitzahlungen rund um die Uhr
- Schnelle Überweisungen per Handynummer oder E-Mail-Adresse
Ich nutze Wero selbst begeistert und sehe großes Potenzial, dass es sich als neuer Standard im europäischen Zahlungsverkehr etabliert. Ab Mitte 2025 wird Wero noch weiter ausgerollt, dann wird es auch in Onlineshops als Zahlverfahren integriert. Der nächste wichtige Schritt für die Zukunft des Payments in Europa! Wero wird die Lücke, die durch den Wegfall von Giropay entstanden ist, mehr als ausfüllen. Daher auch mein dringender Aufruf an alle Kommunen: Es lohnt sich, auch im Sinne von starken europäischen Strukturen und insbesondere für die geschützten Daten der eigenen Kunden, nicht zu amerikanischen Dienstleistern zu wechseln, sondern noch ein paar Monate durchzuhalten.
GZ: Was wollen Sie unseren Leserinnen und Lesern noch mit auf den Weg geben?
Ghubbar: Vieles, was wir heute für unsere Kunden, die Sparkassen, entwickeln, kann auch von Kommunen genutzt werden, aber das wäre ein eigenes Gespräch wert. Fest steht: Die digitale Transformation bietet enorme Chancen – für Sparkassen, Kommunen, Unternehmen und Bürger. Doch wir dürfen sie nicht nur hinnehmen, sondern müssen sie aktiv mitgestalten.
Appell an Kommunen und Unternehmen
Ein starkes europäisches Zahlungssystem ist dafür essenziell. Mit Wero haben wir die Möglichkeit, uns von außereuropäischen Abhängigkeiten zu lösen und Daten sicher in Europa zu halten. Ich appelliere an Unternehmen und Kommunen, sich bewusst für europäische Lösungen zu entscheiden – denn unsere wirtschaftliche Unabhängigkeit steht auf dem Spiel. Gleichzeitig müssen wir die Arbeitswelt zukunftsfähig machen: Diversität und flexible Arbeitsmodelle sind kein Luxus, sondern ein Wettbewerbsvorteil. Mehr Frauen in Führung und moderne Strukturen machen den Finanzsektor innovativer und attraktiver.
Lassen Sie uns gemeinsam an einer digitalen, nachhaltigen und souveränen Finanzwelt arbeiten – für eine starke Zukunft Europas!
GZ: Vielen Dank für das Gespräch! CH
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