(GZ-8-2025 - 10. April) |
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► Kommunale Identität im digitalen Zeitalter: |
Aus Wissen entsteht Verbundenheit |
Michael Bachmann über Digitalisierung, regionale Geschichte und kommunales Standortmarketing
Geschichte gibt Identität. Viele Kommunen präsentieren ihre Geschichte zum Anfassen in Heimatmuseen und haben damit Erfolg. Die Chance, die Ergebnisse einer intensiven und mit viel Herzblut gestalteten Heimatkunde auch ins Internet zu tragen, nutzen jedoch nur wenige. Der Politikwissenschaftler Michael Bachmann, gelernter Journalist und Vorstandsvorsitzender der Gesellschaft für Medien, Marketing, Kommunikation (GMM AG) in München, erklärt, warum das aber Sinn macht, wie es funktioniert und zum kommunalen Standortmarketing beitragen kann.
GZ: Herr Bachmann, was hat Sie dazu inspiriert, sich damit zu beschäftigen, wie lokale oder regionale Geschichte digitalisiert werden kann?
Michael Bachmann: Wir erleben gerade weltweit eine Form von Entwurzelung, sei es durch digitale, politische oder gesellschaftliche Disruption. Da bekommt die eigene Herkunft eine ganz neue Bedeutung. Und das fängt im Lokalen und Regionalen an. Gerade hier fehlt es besonders in Sachen Digitalisierung, die diese Wurzeln überall verfügbar machen und konservieren würde. Daher die Idee.
GZ: Also gründlicher Aufholbedarf für Heimatmuseen und -archive?
Bachmann: Ja! Digitalisierung stand hier bislang sicher nicht im Vordergrund – das war zumindest unser Eindruck.
Aus dem Archiv ins Internet
GZ: Wie sollten die Formate aufbereitet sein, um auch jüngere Zielgruppen für regionale Geschichte und kulturelles Erbe zu begeistern?
Bachmann: Gut funktionieren immer Videos v.a. mit Zeitzeugen, Bilderstrecken – klassisches digitales Storytelling. Kennen Sie das Gefühl, wenn man ein Bild aus den 1950ern von der eigenen Stadt, einer speziellen Straße sieht und dabei die dramatischen Veränderung zu heute bemerkt? Da klicken Sie nicht einfach weiter.
Identifikation und neue Perspektiven
GZ: Digitalisierte Heimatgeschichte kann somit als einen Beitrag zum kommunalen Standortmarketing sehen?
Bachmann: Eindeutig ja und viele Potentiale könnten besser genutzt werden. Jeder Ort steckt voller Geschichten: die Kirche, die schon seit 400 Jahren die Ortsmitte prägt; die Gasse, die nach einem lokalen Olympiasieger benannt ist; der Prominente, der auf dem Friedhof begraben liegt. Aus Wissen darum entsteht Verbundenheit.
GZ: Bleiben wir einen Moment bei dem Thema regionale Identität. Haben Sie konkrete Beispiele dafür, wie ein digitaler Auftritt erfolgreich regionale Identität und Heimatbewusstsein gestärkt hat?
Bachmann: Wir haben mit www.wintersportmomente-thueringen.de ein Portal zur Thüringer Wintersportgeschichte produziert, parallel zu einer Ausstellung vor Ort in Oberhof. Ein Stück bayerische Heimat – zumindest im übertragenen Sinn – ist die www.csu-geschichte.de. Da können Sie sich stundenlang durch die Köpfe von den Anfängen bis heute klicken. Oder die Wahlplakate aus den verschiedenen Dekaden durchstöbern – großartig und toll, dass wir das realisieren durften.
Herausforderungen und Lösungswege
GZ: Was waren dabei die größten Herausforderungen, und welche Lösungswege wurde gefunden?
Bachmann: Am Ende geht es immer um die Qualität des Contents. Wir stellen unseren Kunden die technische Plattform zur Verfügung und beraten sie bei der Kuratierung. Dabei haben wir natürlich in der Zwischenzeit viel Erfahrung und jede Menge best practice-Beispiele. Wir helfen auch gerne personell, wenn es bei der Zusammenstellung eng wird. Hilfreich ist es zum Beispiel, wenn schon mal eine Ortsgeschichte in Buchform erschienen ist – und das ist ja in den meisten Fällen so.
GZ: Wo und wie kommen Sie ins Spiel, wenn es darum geht, regionaler Geschichte eine digitale Heimat zu geben?
Bachmann: Wir haben eine Webplattform entwickelt, die übrigens im Arbeitstitel wirklich „Digitale Heimat“ heißt. Damit können unsere Kunden, seien es Kommunen, Vereine, Institutionen oder Unternehmen, ihre Geschichte schnell digital erlebbar machen, weil die ganze technische Infrastruktur schon vorhanden ist und der Content nur noch eingepflegt werden muss. Unsere Kunden können sofort loslegen und dann auch schnell online gehen. Und Kosten sparen sie sich außerdem, wenn nichts Eigenes entwickelt werden muss.
GZ: Software und Realisierungs-Know-how sind das eine. Datensicherheit oder zum Beispiel Serverstandorte das andere. Wer kümmert sich um diese Aspekte?
Bachmann: Ganz wichtig! Deswegen sind wir auch ein bisschen stolz, dass unser Konzept die Prüfung einer Bankengruppe, die auch ihre Geschichte auf unserer Plattform erlebbar machen möchte, ohne Beanstandungen durchlaufen hat. Heißt: DSGVO-konform und mit Servern auf deutschem Boden.
GZ: Abschließende Frage, Herr Bachmann. Wann waren Sie zuletzt persönlich in einem Heimatmuseum und was hat Sie dabei besonders fasziniert?
Bachmann: Das war vor kurzem in Österreich in Zell am See, wo u.a. die Anfänge des Wintertourismus in der Region gezeigt werden – übrigens in herrlichen Räumen eines alten Bauernhauses. Unglaublich, in welch vergleichsweise kurzer Zeit aus der einstigen Bergidylle ein solches Tourismuszentrum wurde. Die haben auch einige Sachen im Netz – durchaus empfehlenswert!
GZ: Vielen Dank für das Gespräch.
jg
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