Kolumnen & Kommentarezurück

(GZ-10-2018)
Kommentar von Stefan Rößle
 

► Stefan Rößle, Landrat im Landkreis Donau-Ries, KPV-Landesvorsitzender:

 

Kommunen: Gestalter der Mobilität 

Liebe Leserinnen und Leser,

Nicht zuletzt nach dem Dieselurteil steht das Thema nachhaltige Mobilität im Mittelpunkt vieler Diskussionen auf allen politischen Ebenen. Doch was bedeutet für uns überhaupt Mobilität? 

Mobil zu sein ist eine Errungenschaft und ein Kennzeichen unserer modernen Gesellschaft. Der moderne Mensch ist quasi andauernd unterwegs – beruflich oder privat, mit Auto, Zug oder Flugzeug. Aber Mobilität ist nicht nur Überwindung von Raum und Zeit. Mobilität heißt auch Flexibilität, geistige Freiheit und Bereitschaft zur Veränderung – aber auch Begeisterung und Emotionalität – man denke nur an den bekannten Slogan einer Automarke „Freude am Fahren“. All dies ist Voraussetzung, um gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Fortschritt zu gewährleisten sowie unsere Lebensqualität zu erhalten bzw. auszubauen.

Unsere kommunalen Gebietskörperschaften verstehen sich als Gestalter der Mobilität vor Ort. Bei der Neuausrichtung bzw. Weiterentwicklung unserer Verkehrssysteme haben sie einen sehr großen Einfluss, z. B. durch Maßnahmen zum Straßenbau, der Verkehrs- lenkung und -beruhigung, durch Einführung eines intelligenten Parkraummanagements, durch mehr ÖPNV oder eine stärkere Radverkehrsförderung, usw. All diese Maßnahmen beeinflussen die Entscheidungen und Handlungen der Menschen vor Ort.

Wenn es beispielsweise irgendwann in einer Kommune gelingt, sehr gute Alternativen zum eigenen Pkw bereitzustellen, werden die Bewohner evtl. sogar die Abschaffung des eigenen Pkws in Erwägung ziehen. Dies hat natürlich auch Folgen für die Verkehrsmittelwahl im Fernverkehr. Eine Verkehrswende muss daher auch auf kommunaler Ebene eingeleitet werden!

Auf dem Weg hin zu einer emissionsarmen Mobilität stehen für uns als Kommunalpolitische Vereinigung (KPV) aber einige Aspekte unverrückbar fest:

  • Wir wollen Mobilität nicht einschränken, weder qualitativ noch quantitativ, sondern gezielt und intelligent weiterentwickeln! Wir wollen keine Fahrverbote!
  • Wir wollen die Menschen nicht zwangsweise umerziehen, sondern Anreize setzen und dafür werben, neue Formen der Mobilität zu nutzen.
  • Wir wollen kein Gegeneinander von motorisiertem Individualverkehr, ÖPNV, Rad- und Fußverkehr, sondern die Nutzung je nach Bedarf. Es kommt insgesamt auf die Qualität des Angebotes an.
  • Wir wollen, dass der technische Fortschritt hin zu einem emissionsarmen Antrieb und einer digitalen Vernetzung aktiv vorangetrieben und gefördert wird.
  • Aus kommunaler Sicht ist Fakt: Es gibt für keine Gemeinde, keine Stadt und keinen  Landkreis  einen Masterplan aus dem Bauchladen.
  • Wir brauchen passgenaue Mobilitätskonzepte für Stadt und Land, wobei Stadt nicht gleich Stadt ist und Landgemeinde nicht gleich Landgemeinde. Jede Region hat andere Voraussetzungen und Rahmenbedingungen und braucht „ihre“ individuelle Lösung.
  • Was wir unbedingt benötigen: Die „große Politik“ muss einen Pakt mit den Fahrzeugherstellern und den großen Verkehrsanbietern schließen, um die übergeordneten Rahmen zu setzen. Die Kommunen brauchen Investitionssicherheit. Gerade in diesem Zusammenhang muss sich die deutsche und bayerische Automobilindustrie ihrer Verantwortung bewusst sein. Hier geht es um eine tragende Säule unseres Wirtschaftsstandortes.
  • Fest steht auch: Vielerorts haben die Kommunen bereits vor längerer Zeit damit begonnen, im Bereich nachhaltige Mobilität ihre Ideen umzusetzen und zu investieren.

Fast alle Maßnahmen vor Ort sind mit einem hohen finanziellen Aufwand verbunden. Das bedeutet für Gegenwart und Zukunft, dass wir als Kommunen auch finanzielle Unterstützung vom Staat brauchen. Ohne die wird es nicht gehen.

Diese eben genannten Punkte haben wir als KPV gemeinsam mit dem Arbeitskreis Umweltsicherung und Landesentwicklung sowie bei vielen Fachexperten aus Wirtschaft und Verbänden im Rahmen eines Mobilitätsforums am 7. Mai 2018 ausführlich angesprochen.

Dabei haben wir kreative Lösungsansätze erörtert, auch schon jetzt und heute unsere Mobilität emissionsärmer und effizienter zu gestalten, ohne dass die Menschen bevormundet werden oder qualitative Nachteile auf sich nehmen müssen. Es hat sich aber auch gezeigt, dass es noch große Baustellen gibt und dass nicht alles von heute auf morgen geschehen kann. Den Schalter umlegen und alles ist gut – das funktioniert nicht.

Veränderungen brauchen Zeit und natürlich auch Geld. Wir müssen die Menschen mitnehmen und überzeugen. Übergangsphasen werden nötig sein.

Was für mich besonders wichtig ist und was bei der Veranstaltung auch deutlich wurde: Die Bereitschaft zur Zusammenarbeit ist bei den unterschiedlichen Akteuren im Mobilitätsbereich vorhanden und alle sind sich trotz verständlicherweise eigener Interessen der Verantwortung bewusst.

In Summe sind wir von politischer Seite aufgerufen, verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen, die zum einen Anreiz bieten für Hersteller, Dienstleister und Konsumenten und zum anderen durch Wettbewerb Innovationen hervorrufen. Eine nachhaltige Mobilität kann nur über einen marktwirtschaftlich geprägten Fortschritt und nicht über Verbotskultur und Stagnation bzw. Rückschritt erreicht werden.

Von kommunaler Seite sind wir bereit, im Rahmen unserer Möglichkeiten die Verkehrswende mitzugestalten – natürlich auch etwas aus Eigeninteresse, denn wer möchte von seiner Kommune künftig nicht behaupten, dass die Einwohner umweltschonender unterwegs sind, als anderswo. 

Ihr Stefan Rößle, Landrat im Landkreis Donau-Ries, KPV-Landesvorsitzender

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