Kolumnen & Kommentarezurück

(GZ-24-2020)
Kommentar von Christine Borst
 

► Christine Borst, Stv. Landesvorsitzende der KPV Bayern, Altbürgermeisterin der Gemeinde Krailling:

 

Schöne Weihnachten – trotz oder gerade wegen Corona

Liebe Leserinnen und Leser,

in meiner Amtszeit als Kraillinger Bürgermeisterin hatte ich von Mitte November bis kurz vor Weihnachten fast jeden Abend Termine, die in dieser Jahreszeit überwiegend aus Weihnachtsfeiern der örtlichen Vereine und Verbände bestanden.

Hinzu kamen tagsüber nochmal diverse Weihnachtsveranstaltungen der Seniorenvereinigungen und Altenheime, die lieber mittags oder nachmittags feierten.

Meine Kollegen wissen wovon ich spreche, wenn ich mich rückblickend an Stollen aller Art erinnere, die ich nur aus Höflichkeit gegenüber den Gastgebern gegessen habe, obwohl ich Stollen hasse. Es waren auch viele Gläser Glühwein, die ich – trotz Glühweinabneigung – getrunken und unzählige Portionen Braten mit Knödeln aller Art, die ich gegessen habe, obwohl ich das abends eigentlich nicht vertrage.

Aber ich erinnere mich auch an unzählige gute und intensive Gespräche bei diesen Veranstaltungen mit den Bürgerinnen und Bürgern, an gemeinsames Singen von Weihnachtsliedern im Altenheim, wo auch die an Demenz erkrankten Bewohner mitmachen konnten, weil sie vielleicht alles andere, aber nicht diese Melodien und Texte vergessen hatten. An lange Nachmittage auf dem Christkindlmarkt, wo die Bürgersprechstunde sozusagen open-Air stattfand und dank des begleitenden Genusses von alkoholischen Getränken oft in unerwarteter Einigkeit abliefen.

Ich denke an die Feier mit den eigenen Mitarbeitern, bei der alle Abteilungen – vom Bauhof bis zur Geschäftsleitung – bunt gemischt an den von ihnen selbst wunderschön geschmückten Tischen saßen und auch die Pensionäre selbstverständlich jedes Jahr mit dabei waren. Nicht zu vergessen auch die Weihnachtsessen mit den Mitgliedern des Gemeinderats und des Kreistags, bei denen man sämtliche politischen Grenzen außer Kraft setzte, sich einfach von Mensch zu Mensch begegnete und oft feststellte, dass es auch bei anderen Fraktionen nette Leute gibt.

Aber alle diese Aktivitäten kamen zum üblichen Tagesgeschäft noch on top und das führte oft dazu, dass ich am Heiligen Abend völlig erschöpft war und mir mit Recht von meiner Familie vorhalten lassen musste, dass ich die letzte Zeit entweder überhaupt nicht da war oder wenn, dann zu müde und zu nichts zu gebrauchen wäre. Ich glaube, so oder so ähnlich läuft es bei den meisten Kommunalpolitikern ab – oder ist es zumindest bis letztes Jahr so gewesen.

Und Weihnachten 2020? Keine Abendtermine, keine Veranstaltungen, keine Märkte – nichts. Deshalb auch keine vorweihnachtlich geprägten Gespräche mit den Bürgern, kein Glühweinumtrunk, kein weinseliges Loblied auf die Mitarbeiter der Verwaltung, keine Verbrüderung mit Gemeinde- und Kreisräten aller Fraktionen.

Bei mir haben die Kontaktbeschränkungen in diesem Jahr einiges ausgelöst und mir deutlich aufgezeigt, wie wichtig die persönlichen Kontakte für unsere Gesellschaft sind. Wie Gespräche mit Senioren über die Weltkriege den eigenen Horizont erweitern und dem alten und oft einsamen Menschen etwas Gesellschaft und Unterhaltung bieten. Wie sehr eine gelungene Weihnachtsfeier mit den Mitarbeitern das Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb des Rathauses stärkt und krisenfest macht.

Wie sehr die Menschen in dieser dunklen Jahreszeit Begegnungen mit Nachbarn auf einem hell erleuchteten Weihnachtsmarkt genießen und wie wichtig eine Umarmung mit Freunden ist, die man lange nicht gesehen hat. Wie notwendig es ist, auch mit Mitgliedern anderer Parteien, mit denen man in der Sache oft hart um Positionen ringt, einmal Gespräche über Hobbies und Familie zu führen und dabei zu merken, welchen Mehrwert unser Leben durch menschliche Wärme und Zugewandtheit bekommt.

Vielleicht gelingt es uns im nächsten Jahr, wenn wir die Pandemie hoffentlich in den Griff bekommen und sich das öffentliche Leben wieder normalisiert hat, die Teilnahme an Weihnachtsveranstaltungen, die von den Vereinen und Verbänden mit viel Liebe und Mühe vorbereitet und durchgeführt werden, noch mehr als bisher zu schätzen. Nämlich als wichtigen Teil unserer Arbeit als Kommunalpolitiker mit direktem Zugang zu den Wünschen und Anliegen aus der Bevölkerung.

Und vielleicht gelingt es den amtierenden 1. Bürgermeistern auch, einige dieser Termine den Stellvertretern zu überlassen, damit die Familien, die das ganze Jahr über mit großen Einschränkungen des Privatlebens zurecht kommen müssen, wenigstens an Weihnachten auch noch ein bisschen was von diesem Familienmitglied haben.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und Ihren Familien ein ruhiges und besinnliches Weihnachtsfest und ein glückliches, gesundes und erfolgreiches Neues Jahr.

Ihre Christine Borst, Stv. Landesvorsitzende der KPV Bayern, Altbürgermeisterin der Gemeinde Krailling

 

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