Kolumnen & Kommentarezurück

(GZ-3-2023)
gz kommentator josef mederer
 

► Josef Mederer, Bezirkstagspräsident von Oberbayern:

 

Museumsneubau in Krisenzeiten

Liebe Leserinnen und Leser,

wer heute über die Errichtung neuer Kultureinrichtungen nachdenkt, ist schnell mit einer Reihe an Bedenken konfrontiert: Muss das gerade jetzt sein? Wir müssen sparen. Die Energiekrise. Die Inflation. Und noch dazu erscheinen uns andere Dinge oft dringlicher zu sein als Kultur. Da kann ich verstehen, dass die Planung eines neuen Museums nicht überall auf Verständnis stößt.

Und dennoch hat sich der Bezirk Oberbayern dafür entschieden, in der Stadt Dachau ein Arbeiter- und Industriekulturmuseum zu etablieren. Für den Bezirk sind das wichtige Themen, die er schon lange verfolgt: So setzt sich beispielsweise unsere Wanderausstellung „Hartes Brot-Gutes Leben?“ mit den Arbeitswelten in Oberbayern von 1830 bis in die Moderne auseinander. Vielleicht war die Ausstellung bereits in Ihrer Gemeinde zu Gast? Aber auch die Denkmalpflegeförderung des Bezirks widmet sich bewusst den gebauten Zeugnissen der Industriegeschichte Oberbayerns und kommt keineswegs nur Schlössern, Kirchen, Stadt- oder Bauernhäusern zugute.

Doch es bleibt die Frage: Wie schaffen wir es, gerade jetzt einen Schritt weiterzugehen und der Arbeiter- und Industriekultur Oberbayerns ihrer Bedeutung entsprechend mehr Raum zu geben – nämlich als Museum? Wir haben es so gemacht, wie es auch im Kreis von Verwandten und Freunden üblich ist, wenn jemand ein größeres Vorhaben plant, das mit Verbündeten besser zu stemmen ist: Man schaut und hört sich um, ob was „zam geht“.

Fündig geworden sind wir in der kommunalen Familie: Gemeinsam mit dem Landkreis und der Stadt Dachau möchte der Bezirk Oberbayern nun sogar ein größeres Vorhaben angehen – das Museumsforum Dachau, das eines Tages Strahlkraft für ganz Oberbayern und darüber hinaus entfalten soll. Auf dem Gelände der ehemaligen Papierfabrik sollen damit unter einem Dach gleich mehrere Kultureinrichtungen einziehen, so haben wir es im Herbst gemeinsam entschieden.

Das Museumsforum soll in Dachau bereits bestehenden Institutionen eine neue, zeitgemäße Heimat geben: der Gemäldegalerie, der Neuen Galerie und dem Bezirksmuseum, die ebenfalls Teil des Museumsforums werden. Perspektivisch wird überlegt, weitere Institutionen einzugliedern, zum Beispiel die Druckwerkstatt der Künstlervereinigung Dachau oder das Papiermuseum. Als neue Einrichtung soll das Arbeiter- und Industriekulturmuseum entstehen, nicht als Museum des Bezirks, sondern als eine von mehreren Institutionen, die im Museumsforum unter einem Dach vereint sind. Eine Win-win-Situation auch für die beiden anderen Partner, sind doch beispielsweise die Immobilien der schon vorhandenen Museen in die Jahre gekommen und müssten mit gewaltigen Finanzaufwand saniert werden.

Als Behörden, die sich über Steuergelder finanzieren, und verantwortungsvoll mit diesen umgehen, haben wir uns bewusst für diesen Weg entschieden. Wir sehen darin den großen Vorteil, dass wir alle von den Synergien profitieren, die das Museumsforum bietet. So wird es beispielsweise einen gemeinsamen Eingangsbereich geben und ein gemeinsames Depot. Letzteres ist auch für die schon bestehenden Dachauer Museen wichtig, die dafür aktuell Lagerflächen anmieten müssen. Und nicht zuletzt hat „eine“ Museumsdirektion das Gesamtkonzept Blick.

Das Museumsforum wird nicht neu gebaut, sondern in die vorhandenen denkmalgeschützten Gebäude der ehemaligen Papierfabrik einziehen, die dafür ertüchtigt werden. Bereits 2016 haben alle drei kommunalen Träger – also Bezirk, Landkreis und Stadt Dachau – eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, die in den Folgejahren aktualisiert und durch eine museologische Fachstudie ergänzt wurde. Ziel war es, die Machbarkeit des Projekts besser einschätzen zu können. Das Ergebnis war positiv: Die zu erwartende Zahl an Museumsbesuchen ist vielversprechend, und das Alleinstellungsmerkmal der Einrichtung ist gegeben.

Im nächsten Schritt möchte der Bezirk dem bereits bestehenden Zweckverband Dachauer Galerien und Museen beitreten. Dafür hat der Bezirkstag von Oberbayern Ende 2022 in seiner Plenarsitzung grünes Licht gegeben. Aktuell wird eine neue, gemeinsame Satzung erstellt, die die Konzeption des Museumsforums inklusive des Arbeiter- und Industriekulturmuseums berücksichtigt. Eine Gründungsdirektion wird auch zügig gesucht werden müssen. Die mit dieser Aufgabe betraute Person soll in den nächsten fünf Jahren die Geschäftsstelle des dann vergrößerten Zweckverbands leiten und innerhalb dieser Zeit eine wissenschaftliche und organisatorische Konzeption vorlegen – für das Museumsforum im Ganzen und das Arbeiter- und Industriekulturmuseum im Besonderen. Dazu gehören neben inhaltlichen Ideen auch Dinge wie die Baugenehmigung und der Architekturwettbewerb, die Personalstruktur, steuerliche Aspekte und die Akquise von Fördermitteln.

Meine große Hoffnung ist, dass das gelingt und wir nach spätestens fünf Jahren mit der Umsetzung des gemeinsamen Konzepts beginnen können. Und wenn alles gut läuft, steht dann in einer Reihe von Jahren das neu eröffnete Museumsforum Dachau vielleicht auf der Liste der Ausflüge, die Sie zusammen mit der Familie und Freunden planen.

Auch wenn bis dahin noch viel Arbeit vor uns liegt: Meine langjährige Erfahrung als Kommunalpolitiker sagt mir, dass es sich immer lohnt, nach vorn zu schauen, Neues zu wagen und einen langen Atem zu bewahren. Nicht nur in Krisenzeiten ist das leichter, wenn Kommunen dabei eng zusammenarbeiten und Synergien nutzen.

Ihr Josef Mederer, Bezirkstagspräsident von Oberbayern

 

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