Kolumnen & Kommentarezurück

(GZ-10-2017)
Kommentar von Stefan Rößle
 
► Stefan Rößle, Landrat im Landkreis Donau-Ries, KPV-Landesvorsitzender:
 
Maßnahmenpaket gegen den Biber gefordert

Liebe Leserinnen und Leser,

wenn Tiere, die seit Jahrzehnten als ausgestorben gelten und bei uns plötzlich ihren alten Lebensraum zurückerobern, ist das grundsätzlich als positiv zu sehen. Denn der Erhalt der Artenvielfalt sollte uns allen am Herzen liegen. Doch dass in unserer heutigen Zeit eine derartige Entwicklung – wenn sie nicht fortlaufend gesteuert wird – auch Nachteile mit sich bringen kann, zeigt sich ganz klar im Fall des Bibers.

In Deutschland war der Biber Anfang des vergangenen Jahrhunderts nahezu ausgerottet. Der aufgrund seines Fells und seines Fleisches begehrte Nager wurde daraufhin unter strengen Schutz gestellt und gehört immer noch zu den insgesamt über 16.000 Arten, die laut UN-Umweltprogramm weltweit vom Aussterben bedroht sind. Inzwischen ist er im Bundesgebiet wieder erfolgreich eingebürgert – auch in Bayern. Euphorische Naturschützer sprechen von einer uneingeschränkten Erfolgsgeschichte. Ja, aus deren Sichtweise durchaus nachvollziehbar. Denn so ein großer Biberdamm mit einigen Metern Länge kann einen ehrlicherweise schon beeindrucken. Gerade wenn man bedenkt, dass der tierische Baumeister selbst nur knapp einen Meter groß ist und dennoch von Mutter Natur mit den Fertigkeiten ausgestattet wurde, diese stolzen Bauwerke zu errichten.

Doch was auf der einen Seite für große Bewunderung sorgt, ist auf der anderen Seite vielerorts ein großes Problem. So hat die Rückkehr des Bibers in heimische Gefilde durchaus deutliche Schattenseiten für Bauern, Kommunen, Wasserwirtschaftsämter und Privatleute. Bayerns Landwirte klagen sogar über eine regelrechte Biberplage – und das nicht ganz ohne Grund.

Enorme Schäden

Das nachtaktive Nagetier lebt am Wasser und fällt fleißig Bäume bzw. baut meterlange Dämme. Im Sommerhalbjahr nutzt der Biber zu diesem Zweck auch in Gewässernähe befindliche Feldfrüchte (wie z. B. Mais) mit entsprechenden Fraßschäden als Resultat. Durch das Aufstauen von Flüssen und Bächen kommt es in der Folge zu Überschwemmungen u. a. von Acker- und Wiesenflächen. Angebaute Pflanzen (teilweise auch Fichtenwälder), die empfindlich auf Staunässe reagieren, sterben ab. Sogar Traktoren brechen ein, weil Biber landwirtschaftlich genutzte Wiesen, Äcker und Wege unterhöhlen. Ihre Dammbauten in Straßennähe oder an Unterführungen führen zu Unterspülungen, die für die Kommunen teure Sanierungsmaßnahmen nach sich ziehen. Bis in die Städte sind die Tiere inzwischen vorgedrungen. Abgenagte Baumstümpfe sind beispielsweise in Gärten im Münchner Stadtteil Pasing zu sehen. Manche Anwohner mussten bereits Elektrozäune installieren, um weitere Schäden an ihrem Privateigentum zu verhindern.

2016 meldeten laut bayerischem Umweltministerium allein Land-, Forst- und Teichwirte Schäden in Höhe von mehr als 600.000 Euro. Tendenz steigend! Denn auch die Anzahl der Biber nimmt weiter zu. Der intelligente Nager steht nach wie vor streng unter Naturschutz; darf also, mit Ausnahmen, nicht gejagt werden.

Zwar gibt es in Bayern dank der Staatsregierung nicht nur 400 meist ehrenamtliche Biberberater, um Betroffenen zu helfen, sondern seit August 2008 auch einen „Biberakzeptanzfonds“ zum Ausgleich von landwirtschaftlichen Biberschäden. Doch dieser deckt mit 450.000 Euro die derzeit entstehenden Kosten nur zum Teil ab.

Höherer Kostenersatz mit Erweiterung auf die Kommunen

Hier sehen wir als Kommunalpolitische Vereinigung (KPV) aus mehreren Gründen Handlungsbedarf für eine Aufstockung bzw. ein zusätzliches Maßnahmenpaket. Zum einen steigen die Schäden stetig an, zum anderen ist es seit letztem Jahr aufgrund der Lockerung der Vorgaben der Europäischen Union nun auch rechtlich möglich, den Landwirten eine Entschädigung von 100 % zugute kommen zu lassen.

Zudem regen wir als KPV an, den Empfängerkreis des Biberfonds, der sich bislang nur auf die Land-,  Forst- und Fischereiwirtschaft bezieht, auch auf die betroffenen Kommunen auszuweiten. Dies können wir damit begründen, dass die durch die Aktivitäten des Bibers deutlich höheren Schäden auf kommunaler Seite entstehen und unsere Haushalte vor Ort damit inzwischen spürbar belastet werden.

Ebenfalls ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass seit 2006 die Unteren Naturschutzbehörden in den Landratsämtern Ausnahmegenehmigungen zum Fang oder Abschuss erteilen können. Des Öfteren kommt es aber hier zu Schwierigkeiten bei der praktischen Umsetzung. Um beispielsweise Biberfallen erfolgsversprechend aufzustellen, ist ein umfangreiches Fachwissen nötig. Hier sind für die zuständigen Bearbeiter in den Kommunen erweiterte Schulungen erforderlich.

In Summe ist festzuhalten, dass alle angeregten Maßnahmen die Akzeptanz der Bevölkerung hinsichtlich des Themas „Biber“ erheblich steigern werden.

Den Schutzstatus des Bibers aufgrund seiner Ausbreitung und der damit verbundenen Probleme komplett aufzuheben oder wie von einzelnen gefordert, ihn von der Roten Liste zu nehmen und ihn ohne Wenn und Aber zur Vermarktung auf die Speisekarte zu setzen, geht wohl zu weit. Dennoch ist es dringend nötig, seine Population mit sinnvollen Schritten auf ein vernünftiges Maß zu begrenzen, um Schaden vom Eigentum der Menschen abzuwenden. Dafür werden wir uns als KPV weiterhin mit Nachdruck einsetzen.

Ihr Stefan Rößle, Landrat im Landkreis Donau-Ries, KPV-Landesvorsitzender

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