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(GZ-22-2017)
Neues von Sabrina
 

Fei­er­ta­ge sind Atem­pau­sen der Seele

Gestern hat mein Chef gesagt...

"Da blicken wir wegen der Re­gie­rungs­bil­dung über Wochen gebannt nach Berlin, dabei zeich­net sich im hohen Norden eine wahre Re­vo­lu­ti­on ab: Die Küste bekommt mehr Fei­er­ta­ge!“ Mein Chef, der Bür­ger­meis­ter, fuch­tel­te mit einem Zei­tungs­aus­schnitt herum.

Es wurde be­rich­tet, dass die GroKo in Nie­der­sach­sen mit einem wei­te­ren Fei­er­tag lieb­äu­gelt und auch die Länder Bremen, Hamburg und Schles­wig-Hol­stein wohl noch einen freien Tag pro Jahr drauf­le­gen wollen.

Auf den Ge­schmack hat die Men­schen zwi­schen den zwei kalten Meeren wohl der Ex­tra-Fei­er­tag heuer zum Re­for­ma­ti­ons­ju­bi­lä­um ge­bracht. Deshalb wird es in diesen pro­tes­tan­tisch ge­präg­ten Ländern wohl auf einen evan­ge­li­schen Fei­er­tag hin­aus­lau­fen: Ent­we­der der Re­for­ma­ti­ons­tag Ende Oktober oder der Buß- und Bettag im No­vem­ber.

So ändern sich die Zeiten. In den 90er Jahren des letzten Jahr­hun­derts wurde der Buß- und Bettag noch von einem bun­des­weit ar­beits­frei­en Fei­er­tag zu einem bloß ge­schütz­ten Tag de­gra­diert, weil die Volks­wirt­schaft mit dem Pro­duk­ti­vi­täts­ge­winn durch den einen Ar­beits­tag mehr die Ein­füh­rung der Pfle­ge­ver­si­che­rung leich­ter ver­kraf­ten sollte. Und heute? Geht es uns wieder mal so gut, dass der Esel auf Eis tanzen geht und einige meinen, sich um die Pro­duk­ti­vi­tät der Volks­wirt­schaft nicht mehr scheren zu müssen? Viel­leicht.

Viel­leicht ist es aber aus der Per­spek­ti­ve der nord­deut­schen Tief­ebe­ne auch nur eine Frage der nach­ho­len­den Ge­rech­tig­keit. Denn ob­jek­tiv sind in Deutsch­land die Länder am er­folg­reichs­ten, die am meisten Fei­er­ta­ge haben. Und der – auch ohne den au­ßer­tou­rigen Re­for­ma­ti­ons­tag 2017 – Fei­er­tag­scham­pi­on Bayern fi­nan­ziert jähr­lich mit Mil­li­ar­den­sum­men die Haus­hal­te der meisten neuen fei­er­freu­di­gen Länder.

Aber Vor­sicht, vor einem Denk­feh­ler sei gewarnt: Es kommt nicht nur auf die Zahl der Fei­er­ta­ge an, sondern auch auf die Lage. Die Bayern können sich mit dem Heilig Drei­kö­nigs­tag prima die ent­span­nen­den Ski­fe­ri­en um Neujahr um einen Tag ver­län­gern. Fron­leich­nam er­mög­licht um Pfings­ten rum zwei Wochen Sonne für schlap­pe acht Ur­laubs­ta­ge und die – leider nur re­gio­nal gel­ten­den – Kron­ju­we­len im Fei­er­tags­ka­len­der, Mariä Him­mel­fahrt und das Hohe Frie­dens­fest in Augs­burg, bieten sogar daheim fast so etwas wie Schön­wet­ter­ga­ran­tie.

Ob der Re­for­ma­ti­ons­tag immer den gol­de­nen Oktober bringt, ist dagegen mehr als zwei­fel­haft und der Buß- und Bettag im Schmud­del­mo­nat No­vem­ber bietet sich wegen des un­ver­rück­ba­ren Mitt­woch­ter­mins nicht mal für Brü­cken­bau­er ohne wei­te­res an. Fazit: Der durch­aus dis­ku­tier­ba­re Effekt der Er­ho­lung für die Ar­beit­neh­mer wird durch die Lage der Süd­fei­er­ta­ge eher ge­för­dert.

Ich gebe zu: Das war jetzt ein biss­chen un­sach­lich und hat vor allem außer Acht ge­las­sen, dass ja gerade in re­li­giö­sen Tra­di­tio­nen grün­den­de Fei­er­ta­ge in hohem Maße iden­ti­täts­stif­ten­de Funk­ti­on haben und den ge­sell­schaft­li­chen Zu­sam­men­halt durch die Be­sin­nung auf ge­mein­sa­me Wurzeln stärken. Das ist für nicht wenige der Haupt­grund, warum sie die Ein­füh­rung von is­la­mi­schen Fei­er­ta­gen ab­leh­nen: Auch wenn einige Mit­glie­der der Ge­sell­schaft ihre spi­ri­tu­el­len Wurzeln im Islam haben, so gilt dies kei­nes­falls für die Ge­sell­schaft als Ganzes.

Eines galt aber in den 90ern und gilt auch noch heute: Bei in der Regel 30 Tagen An­spruch auf be­zahl­te Ur­laubs­ta­ge pro Ar­beit­neh­mer sollten wir ei­gent­lich andere Pro­ble­me haben, als über die Ein­füh­rung neuer Fei­er­ta­ge nach­zu­den­ken. Dennoch, nix für ungut, liebe Lands­leu­te im Norden: Der zu­sätz­li­che Fei­er­tag sei euch gegönnt, genießt ihn, auch wenn ihn im Zweifel der Süden zahlen muss.

Mein Chef, der Bür­ger­meis­ter, hätte auch einen Vor­schlag zu machen: Warum sollte man nicht dann den fol­gen­den Montag frei­ma­chen, wenn Tage wie der Mai­fei­er­tag oder der Tag der Deut­schen Einheit auf einen Sonntag fallen? Damit auch in solchen Jahren das gilt, was der Apho­ris­ti­ker Walter Nenzel so aus­drückt: „Fei­er­ta­ge sind Atem­pau­sen der Seele“.

Ihre Sabrina

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