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(GZ-1/2-2019)
Neues von Sabrina
 

Wie gehen wir mit unseren Daten um?

Gestern hat mein Chef gesagt...

Im Zusammenhang mit dem Hackerangriff eines 20-Jährigen auf Prominente stellt sich die Frage: Wo ist der Skandal? Wenigstens wurde so eine Debatte über das Verhalten im Netz angeregt. Die Kernfrage hinter dem Ausspähen lautet: Wie gehen wir mit unseren Daten um?

„Donnerwetter, da wird der erste veritable Skandal des jungen Jahres 2019 von einem 20-jährigen Stubenhocker ausgelöst, der noch bei Mami wohnt, zur Schule geht und sein Leben offensichtlich vor dem Computerbildschirm verbringt.“ Mein Chef, der Bürgermeister, jedenfalls hat den ersten Arbeitstag nach den Weihnachtsferien damit verbracht, alle seine Passwörter zu ändern.

Nur, wo ist der Skandal? Ein gefrusteter Schüler aus der hessischen Provinz hat mit erheblicher krimineller Energie und nicht minder entwickelter technischer Raffinesse rund 1.000 Personen des öffentlichen Lebens mehr oder weniger vertrauliche Daten gemopst, die sie nicht adäquat gegen Zugriffe Dritter geschützt haben. Die Verantwortlichen aus den Sicherheitsbehörden haben wohl das Puzzle aus Hinweisen erst relativ spät zusammensetzen können, dann ist aber die Medienmaschine volle Kanne abgegangen.

Von einem Anschlag auf die Demokratie war zu lesen, wie derzeit häufiger, wenn Politiker das Opfer gewöhnlicher Krimineller werden. Experten ließen mit Weltuntergangsmiene verlauten, dass hinter so einem massiven Angriff nur ein Staat stehen kann (wobei ich nicht weiß, was mich mehr erschreckt: Ein Staat oder ein Streber als Täter). Personelle Konsequenzen wurden gefordert, bevor überhaupt feststand, was los war.

Untergegangen dabei ist, dass unsere Sicherheitsbehörden ihren Job sehr wohl gemacht haben und der Täter binnen 48 Stunden nach Klarheit über das Ausmaß der Cyber-Attacke dingfest war. Wenn es so etwas wie einen Skandal gibt, dann, dass Politiker und andere Personen des öffentlichen Lebens offensichtlich in Sachen Datensicherheit so schlecht beraten werden wie wir Normalverbraucher. Und dass sich die Bürgermeisterin des Heimatorts des Täters mit einem gewissen Stolz vernehmen lässt, den Missetäter ein Kind ihres Ortes nennen zu können. Merke: Der Bursche ist kein Robin Hood, sondern steht auf einer Stufe mit jemandem, der einer alten Dame die Handtasche klaut.

Weil aber auch die schlechteste Sache ihr Gutes hat, verdanken wir dem Aufreger zu Neujahr wenigstens eine breite und hoffentlich vertiefte Debatte über unser Verhalten im Netz, über die Nutzung sozialer Medien und über Datensicherheit.

Prominente Politiker richten einen verachtenden Bannstrahl in Richtung Twitter und Facebook (bleiben aber auf Instagram, weil da die Jugend unterwegs ist) und meinen, damit sei die Sache durch. Keineswegs. Die Frage, was die Sozialen Netzwerke aus unserer Demokratie machen, muss sicher gestellt werden. Auch die Frage, ob uns persönlich die Nutzung verändert, weil wir immer schneller sein wollen und zum Reflektieren über eine Meinungsäußerung keine Zeit bleibt, ist legitim. Aber das hat mit dem Fall des Datenvoyeurs vom Vogelsberg nichts zu tun.

Die Kernfrage hinter dem Ausspähen heißt: Wie gehen wir mit unseren Daten um. Haben wir nur ein Passwort und dann vielleicht auch noch den Mädchennamen der Mutter? Gehen wir nur über gesicherte Netzwerke ins Internet? Ich habe noch sehr gut im Ohr, wie vor Jahr und Tag lauthals beklagt wurde, dass in Deutschland Cafés und Gaststätten so selten freies WLAN anbieten, dass man nicht in jedem Bus und jedem Zug einfach ins Internet kann. Dabei ist jeder freie Internetzugang eigentlich nur ein Datenstaubsauger.

Mein Chef, der Bürgermeister, stimmte mir zu. Wenn er im Hotel auf Reisen mal einen Film aus der Mediathek sehen will oder kurz mal was Harmloses recherchieren, nimmt er dafür immer einen 1-Euro-Pad her, den er mal bei einer Verlängerung seines Mobilfunkvertrags als Zuwaage bekommen hat. Nie geht er mit dem Gerät in ein ungesichertes Netzwerk, auf dem Kontakte oder Termine gespeichert sind. Schließlich ist ihm der Satz des langjährigen Google-Vorstands Eric Schmidt im Ohr:

„Das Internet ist die erste Schöpfung der Menschheit, die die Menschheit nicht versteht, das größte Experiment in Sachen Anarchie, das wir je durchgeführt haben.“

Ihre Sabrina

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