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(GZ-8-2019)
Neues von Sabrina
 

Brexit: Ein klarer Schnitt muss her!

Gestern hat mein Chef gesagt...

Warum zieht niemand endlich den Stecker?, fragt der Bürgermeister ob des nicht enden wollenden Brexit-Dramas. Als überzeugter Europäer ist er für einen klaren Schnitt. Damit sei es endlich wieder möglich, die wahren Zukunftsprobleme mit den europäischen Partnern anzugehen.

„Warum kann es nicht endlich zu Ende gehen?“ Mein Chef, der Bürgermeister, wollte sich intensiv auf eine Podiumsdiskussion im Vorfeld der Europawahl am 26. Mai vorbereiten und versuchte deshalb, aktuelle europapolitische Themen zu googeln. Es kam immer wieder nur Brexit, Brexit, Brexit bis zum Abwinken. Seither fragt er sich: Warum zieht niemand endlich den Stecker?

Am 23. Juni 2016 haben 51,86 Prozent der sich an der Abstimmung beteiligenden Briten für den Austritt des Landes aus der Europäischen Union gestimmt. Das war damals schon Blödsinn und jeder einigermaßen informierte Zeitgenosse wusste das. Kaum waren alle Wahllokale wieder feucht durchgewischt, haben die Führer der „Leave“-Kampagne, also die für den Brexit getrommelt haben, auch schon zugegeben, dass sie den Wählern faustdicke Lügen aufgetischt hatten, etwa in der Frage, wieviel Steuergeld sich Großbritannien durch den EU-Austritt ersparen könnte. Trotzdem stellte die Regierung im März 2017 den Austrittsantrag und am 29. März 2019 hätte Schicht im Schacht sein müssen.

Ist es aber nicht. Seit gefühlt einer kleinen Ewigkeit nerven uns die Briten damit, dass sie zwar aus der EU austreten, aber bitte schön alle Vorteile der Mitgliedschaft behalten wollen. Sie wollen offene Grenzen zur EU und unbeschränkten Marktzugang, aber bitte auch mit Drittländern eigene Handelsverträge schließen. Sie wollen die Personenfreizügigkeit für Zuwanderer auf der Insel aufheben, aber bitte weiterhin volle Dienstleistungsfreiheit, vor allem für ihre Finanzbranche. Und wenn man ihnen sagt, die EU funktioniere so wie ein altehrwürdiger Londoner Herrenclub, dass man nämlich Mitglied sein und eine Krawatte tragen muss, wenn man sich an der Bar kostenlos besaufen will, und Nichtmitglieder halt in den Pub nebenan müssen, dann faseln sie was von schlechter Behandlung und Bestrafung.

Eigentlich hätten wir es ja wissen müssen. England war schon immer anders. Gut, Winston Churchill schlug kurz nach dem Zweiten Weltkrieg die Einigung der europäischen Staaten vor, wollte aber mit Hinweis auf sein Empire Großbritannien nicht als einen Teil sehen. Charles de Gaulle kannte seine Vettern über dem Ärmelkanal zu gut, um zu seinen Regierungszeiten den britischen Beitritt zum gemeinsamen Markt zu erlauben. Erst 1973 wurde das Vereinigte Königreich aufgenommen, wirtschaftlich am Boden, mit einer höchst unproduktiven Industrie der kranke Mann in der Nordsee.

Seither standen die Briten immer auf der europäischen Bremse. Margret Thatcher wurde berühmt dafür, dass sie sich aus der solidarischen Finanzierung der EU verabschiedete, indem sie den so genannten Briten-Rabatt verlangte. Sie war gegen die deutsche Einheit und die Europäische Währung. Es gibt so gut wie keinen Bereich der europäischen Politik, wo die Briten sich nicht irgendeine Extrawurst ausbedungen hätten. Hier ein Vorbehalt, da eine Ausnahmeklausel. Die Geltung der Europäischen Grundrechtecharta in Großbritannien verursacht den dortigen Verfassungsjuristen heute noch die Krätze, höchstens noch übertroffen durch den Wiederwillen, die Urteile des Europäischen Gerichtshofs anerkennen zu müssen.

Trotzdem wurde der Brexit immer wieder verschoben. Vom 29. März auf den 12. April oder 22. Mai, jetzt auf den 31. Oktober und dann, wenn als Theresa May und Boris Johnson verkleidete Halloween-Geister durch die Straßen ziehen, wird der Austritt wahrscheinlich auf den St. Nimmerleinstag datiert. Warum? Weil die Wirtschaft einen ungeregelten Austritt fürchtet. Aber was ist schlimmer? Ein ungeregelter Austritt, der zugegeben einen globalen Schock auslösen könnte, der aber wieder vorübergeht? Oder ein ewiges, unwürdiges Geziehe, das Europa weitere Monate oder gar Jahre lähmt?

Mein Chef, der Bürgermeister, ist als überzeugter Europäer für einen klaren Schnitt, damit wir wieder dazu kommen, die wahren Zukunftsprobleme mit unseren europäischen Partnern anzugehen. Denn eines wusste schon der Ire George Bernhard Shaw: „Niemals wird man einem Engländer beweisen können, dass er im Unrecht sei. Denn er tut alles aus Grundsätzen.“

Ihre Sabrina

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