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(GZ-11-2022)
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Heimat ist ein untrennbarer Teil von uns

Einen Begriff wie Heimat gibt es in den wenigsten Sprachen und während der Kanzler die Ukrainer für die Verteidigung der Heimat lobt, würde die Bundesministerin des Innern und für Heimat den Begriff gern umdeuten. Er sei nicht „positiv“ genug. Ob das Heimatvertriebene genauso sehen, fragt sich Pino, der Rathauskater.

Heimat – welch wunderschöner Begriff. Jeder kann sich darunter sein ganz eigenes Paradies vorstellen. Das kann der Bauernhof sein, auf dem man geboren wurde. Das Stadtviertel, in dem man aufwuchs. Eine Landschaft, mit der man sich verbunden fühlt. Heimat können Gerüche sein, Geschmäcke, Laute, ein Dialekt, Musik.

Heimat kann die Kirche sein – als Gotteshaus und als Organisation. Der Fußballverein oder die Jugendgruppe können ebenso Heimat geben wie der Herrgottswinkel im Pflegeheim. Wer aus der Heimat vertrieben wurde sehnt sich danach zurück und baut sie in Gedanken, Vorstellungen und Erinnerungen wieder auf. Gerade die deutschen Heimatvertriebenen haben ihr ganz spezielles Stück innere Heimat auch den jüngeren Generationen vermittelt, die nicht mehr in Eger, Breslau oder Hermannstadt geboren wurden, sondern in Bubenreuth, Regensburg oder Traunstein.

Aber ausgerechnet die Bundesministerin des Innern und für Heimat fremdelt arg mit diesem Begriff. Der Begriff Heimat müsse „positiv“ umgedeutet werden und so definiert, „dass er offen und vielfältig ist“. Er solle ausdrücken, „dass Menschen selbst entschieden können, wie sie leben, glauben und lieben wollen. Das wäre ein Gewinn für den gesellschaftlichen Zusammenhalt“. Bitte was? Heimat als Hort der Isolation, Ausgrenzung und der Intoleranz? Als in letzter Konsequenz faschistisches Konzept? Solche Töne hört man eigentlich sonst nur von Linkssozialisten, der Grünen Jugend oder sonstigen extremen Kräften, die auch gleich Deutschland und seine nationalen Symbole mit abschaffen wollen. Aber die Verfassungsministerin? Vor allem, weil der zur gleichen Partei gehörige Kanzler in seiner Zeitenwenderede am 27.

Februar die Ukrainerinnen und Ukrainer ausdrücklich dafür lobte, dass sie ihre „Heimat“ verteidigen und damit für „Freiheit und Ihre Demokratie“ kämpfen. Gut, die Rede ist bisher wie so vieles bei diesem Kanzler folgenlos geblieben, aber man hätte doch erwarten können, dass wenigstens das Pathos eine etwas höhere Halbwertszeit hätte. Denn man darf sicher unterstellen, dass das russische Narrativ einer faschistischen Ukraine nicht durch das Bild der Heimatverteidigung gestützt werden sollte.

Einen Begriff wie Heimat gibt es in den wenigsten Sprachen. Weder das Englische, noch das Französische, noch das Italienische kennen ihn. Fast so wie bei Gemütlichkeit und Innerlichkeit brauchte es wohl ein spezielles geschichtliches, philosophisches und mentalitätsbezogenes Umfeld, um das Bedürfnis für einen solchen Begriff zu wecken und ihn entstehen zu lassen.

Heimat gibt es in unterschiedlichen Komposita wie Heimatliebe, Heimatroman, Heimatlied, Heimatfilm oder Heimatfront. Die Heimat wird in Liedern und Gedichten besungen, in Romanen und Aufsätzen verwendet. Wenn sich Deutsche im Ausland begegnen, wird in der Regel gefragt „und wo kommen Sie her?“. In Romanen, die von Gefangenschaft, Krieg oder Not erzählen, fragen die Protagonisten in der Regel „wo ist Deine Heimat?“. Heimat ist ein untrennbarer Teil von uns.

Auch wenn ich nur ein Kater bin, dessen Heimatbegriff sich in erster Linie durch den Standort der Futterschale und des Kratzbaums kennzeichnet, bin ich dennoch sehr skeptisch gegenüber der Absicht, etwas so innerliches und persönliches wie den Heimatbegriff politisch definieren zu wollen. Das gilt für die national-völkische Ecke, die mit dem Heimatbegriff für ihr engstirniges Weltbild werben will, ebenso wie für Linke, die den Menschen vorschreiben wollen, was ihr Bild von Heimat gefälligst zu sein hat.

Nein, wir sollten die Suche nach dem Kern des Begriffes der Heimat wie seit Jahrhunderten den Philosophen, Denkern und Literaten überlassen. Selten ist die deutsche Poesie so schöpferisch, wie wenn der Begriff der Heimat Gegenstand der Reflexion ist. Eines der schönsten Zitate dazu, dass auch die Offenheit und Inklusivität des Heimatbegriffs zeigt, stammt von Johann Gottfried Herder: „Heimat ist da, wo man sich nicht erklären muss.“

Ihr Pino

Pino

 

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