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(GZ-15/16-2022)
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Janker-Gate – Alles im lodengrünen Bereich

Der bayerische Ministerpräsident begrüßte Staatsoberhäupter aus aller Welt zum G7-Gipfel im elegant-sommerlichen Janker und Twitter glühte vor Hohn und Spott: Bayernbashing at its best. Warum hat sich keiner aufgeregt, als der indische und der senegalesische Ministerpräsident heimische Tracht trugen? Für Pino, den Rathauskater, steht Tracht für Heimatliebe, Herkunft und Ortsverbundenheit: „Sie ist damit einerseits Kontrapunkt zur Globalisierung der blauen Anzüge, andererseits ist sie bei uns Zeichen der Integration und des Ankommens.“

Der Nachhall des Skandals ist noch dieser Tage spürbar, wenn man in den Zeitungen und sonstigen Medien Betrachtungen zur bevorstehenden Sommerpause liest. Ich spreche natürlich von „Janker-Gate“, der Tatsache, dass unser Ministerpräsident die Teilnehmer des G7-Gipfels, vor allem aber US-Präsident Joe Biden, im elegant-sommerlichen Janker empfangen hat. Schlimmer noch: Ein anhand der Kleidung eindeutig als Bub (Lederhose) und Mädchen (Dirndl) kenntliches Kinderpaar hat Blumensträuße überreicht und Gebirgsschützen in alpenländischer Uniform standen Spalier.

Aus meiner Sicht als konservativer bayerischer Kater alles im lodengrünen Bereich. Wenn es in Bayern feierlich wird, sind Abendgarderobe, Uniform oder Tracht immer gangbarer Dresscode, so wie man in den westlichen Staaten der USA auch mit Boots und Stetson auf jeden Fall als formally dressed gilt. Und ein hellgrauer Janker zur hellen Chino ist jedenfalls perfekt passend, wenn man im Sommer gut, aber lässig angezogen sein will.

Da aber hier der Freistaat präsentierte, wie es bei uns halt zugeht, glühte natürlich Twitter vor Hohn und Spott. Eine tageszeitung, die in der Regel durch moralinsaure Betrachtungen zu Wokeness und Cancel Culture ihre linke Leserschaft mit gegenderten Bandwurmsätzen quält, fand es schenkelklopfend komisch davon zu schreiben, endlich würden indigene Völker beim G7-Treffen auftreten. Und los ging die Jagd norddeutscher Korrespondenten, die ob der maulfaulen Informationskultur des Kanzlers wohl zu viel Zeit in Garmisch übrig hatten, auf vermeintlich lustige bayerische Bräuche wie das Schuhplattln, das dann auch mit entsprechenden originellen Kommentaren viral ging.

Es war ein solcher Aufreger, dass sogar eher kühle Köpfe, wie sie Juraprofessorinnen eigentlich eigen sein sollten, vor lauter Bayernbashing glühten. Tatsächlich diskutiert die Zunft gerade über das Angebot eines Bachelorabschlusses in Jura, der so gar nicht in das Selbstverständnis traditioneller Rechtswissenschaft passen will. Was macht man, um seine Verachtung für das Vorhaben auszudrücken? Man nennt den Bachelor „Jodel-Diplom“, vielleicht in Anlehnung an einen urkomischen Sketch von Loriot, ganz sicher aber in der Absicht, das unseriöse an der Sache durch einen Brauchtumsvergleich kenntlich zu machen.

Man fragt sich, was hat die Leute geritten? Tracht steht doch für Heimatliebe, Herkunft, Ortsverbundenheit. Sie ist damit einerseits Kontrapunkt zur Globalisierung der blauen Anzüge, andererseits ist sie bei uns Zeichen der Integration und des Ankommens. Kein Bayer beklagt sich über „kulturelle Aneignung“, wenn der aus Preußisch-Berlin zugezogene Manager einer unserer High-Tech-Firmen beim Biergarten-get-together einen Janker trägt. Vom jodelnden Japaner Takeo Ischi oder der aus Subsaharaafrika stammenden, dirndltragenden Wirtin des Lieblingslokals vom Bürgermeister ganz zu schweigen.

Warum hat sich keiner aufgeregt, als beim G7 der indische und der senegalesische Ministerpräsident heimische Tracht trugen? Warum stört sich keiner an Verkleidungen von Bergmanns- oder Shantychören? Kein Schützenfest in Ostwestfalen kommt ohne Jägerkluft aus und die Sorben in Sachsen sind zu Recht mächtig stolz auf ihre Trachten, die ihnen Identität als Volksgruppe geben.

Warum also regt man sich über Bayern auf? Kann es sein, dass es mit dem Niedergang des Freistaats doch nicht so weit her ist, wie Hauptstadtzeitungen gerne schreiben? Dass man da, wo die lustigsten Twitterer herkommen, vielleicht ahnt, dass die im ersten Absatz erwähnten Kinder in der Schule vielleicht etwas weniger von den sozialen Geschlechtern oder der Geschichte der LGBTQIA+-Bewegung erfahren, dafür mehr über Physik, Fremdsprachen, korrektes Deutsch und Mathematik? Vielleicht ist man sauer, dass sich noch immer viele Global Player im Freistaat niederlassen? #Neid?

Gehen Sie, liebe bayerische Leserinnen und Leser, selbstbewusst in den Sommer mit den Worten Roman Herzogs: „Bayern ist Laptop und Lederhose.“

Ihr Pino

Pino

 

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