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(GZ-22-2023 - 23. November)
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Das Ende der Hütchenspielertricks

Schulden wären ja per se nichts Schlechtes; sie könnten wirtschafts- und fiskalpolitisch sogar höchst vernünftig sein. „Aber“, so kommentiert Pino das Urteil des BVerfG, „dann bitte ehrlich und offen“.

Wie sagte der Bürgermeister nach der Verkündung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, mit der dieses das zweite Nachtragshaushaltsgesetz des Bundes für 2021 für verfassungswidrig erklärte: Jetzt werden die in Berlin wieder lernen müssen, mit dem Geld auszukommen, das sie haben.

Gut, ganz so hart wird es für die Bundesregierung nicht kommen, wenngleich der Bundesfinanzminister davon sprach, dass die Republik kein Einnahmeproblem hätte, sondern die Bundesregierung bei der Priorisierung der Ausgabenzwecke versage. Denn trotz der grundgesetzlich festgelegten Schuldenbremse, die in Karlsruhe auf den Prüfstand gestellt und ordentlich nachgezogen wurde, bleibt dem Bund ein erheblicher Verschuldungsspielraum, der tendenziell größer wird. Was halt in Zukunft nicht mehr gehen wird, sind finanzpolitische Hütchenspielertricks, mit denen Kreditermächtigungen fröhlich von einem Schattenhaushalt in den nächsten verschoben werden, um für die Koalitionsparteien die jeweils beste aller Welten zu schaffen: Für die SPD und die Grünen das Ausgabenwunderland für Soziales und Klima, für die FDP die Illusion vom soliden Wirtschaften.

Gut, ohne Schulden wird der Bund noch viele Jahre nicht auskommen. Auch eine Vielzahl von Kommunalhaushalten hängen am Tropf von Kreditlinien, die dabei helfen, die Schere zwischen Einnahmen und notwendigen Ausgaben zu schließen. Die Betonung liegt bei notwendig, denn wenn bei einer Kommune das Schuldenmachen überhand nimmt, ist ruck-zuck die Regierung im Haus und übernimmt das Kommando. Damit die Kommunen in unserem schönen Bayernland auch solide wirtschaften.

Denn Schulden sind ja per se nichts Schlechtes. Es ist wirtschafts- und fiskalpolitisch sogar höchst vernünftig, investive Ausgaben, die etwas schaffen, das für mehrere Jahre oder sogar einige Generationen nutzbar ist (z.B. Kanäle, Eisenbahnstrecken, Flughäfen, U-Bahnen, Brücken) nicht nur dem Steuerzahler des Baujahres in Rechnung zu stellen, sondern via Kreditaufnahme auch künftige Nutzer über deren in der Zukunft zu leistende Steuerzahlungen, die dann in Zins und Tilgung fließen, an den Investitionen zu beteiligen. Ausgehend von den Überlegungen des Bundesverfassungsgerichts zu den Verpflichtungen der gegenwärtigen Regierung, Maßnahmen zu ergreifen, um die Klimaschutzziele 2045 oder 2050 zu erreichen, wäre sogar die Überlegung nicht fernliegend, einen Teil der staatlichen Ausgaben für die Dekarbonisierung der deutschen Wirtschaft über die Generationen hinweg durch Kreditaufnahme zu verteilen. Aber dann bitte ehrlich und offen und nicht tricksend und heimlich.

Denn Schulden haben natürlich die beschriebene, erwünschte Verteilungswirkung über die Haushaltsjahre und Generationen hinweg. Sie haben aber auch den Nachteil, dass sie künftige Haushalte durch die Belastungen mit Zins und Tilgung stark vorprägen und damit Gestaltungsspielräume künftiger Regierungen einschränken. Deshalb die Schuldenbremse, die dem Staat aufgibt, die Verschuldung in einem Rahmen zu halten, der noch tragbar ist und künftige Generationen nicht aussaugt. Ein Wirtschaftswissenschaftler hat so nett wie zutreffend formuliert, dass die Schuldenbremse von Politikern entwickelt wurde, die sich selbst nicht über den Weg getraut haben, solide Haushaltspolitik zu machen.

Wie berechtigt dieses Misstrauen war, zeigen ja jetzt wieder die vielen Stimmen, die Schuldenbremse abzuschaffen. Geld auszugeben ist halt doch zu verlockend, obwohl die Zinslasten des Bundes schneller steigen als der Blutdruck der Hauseigentümer nach Lektüre des Heizungsgesetzes. Denn der Bund hat sich in den Zeiten niedriger oder sogar negativer Zinsen nicht langfristig, sondern vorwiegend kurzfristig verschuldet, was dazu führt, dass jetzt für fällige Umschuldungen exorbitant höhere Zinsen zu zahlen sind, als vormals aufgerufen worden wären. Es wäre reizvoll, den damaligen Bundesfinanzminister und heutigen Kanzler zu fragen, warum das so war. Ob er sich erinnern kann?

Ihr Pino

Pino

 

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