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(GZ-24-2023 - 21. Dezember)
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Resümee zum Jahresabschluss

Für Genderei, substantivierte Partizipbildung und inflationäre Verwendung von Phrasen hat unser Rathauskater nichts übrig. Politik gegen Otto Normalverbraucher hält er für ein Konjunkturprogramm für Radikale von links wie rechts. „Ein Konjunkturprogramm z.B. für den Mittelstand würde anders aussehen“, meint er in seinem Jahresresümee.

Derzeit mache ich mir viele Gedanken über die Sprache, ihre Funktion und was aus ihr gemacht wird. Dabei denke ich jetzt nicht in erster Linie an die Ankündigung des Ministerpräsidenten, dass in Staatsbehörden und an Schulen künftig auf das Gendern mit I, : und * verzichtet werden soll.

Persönlich begrüße ich es sehr, dass sich Bayern dazu bekennt, Texte auch in Zukunft lesbar und verstehbar abzufassen und keine tückischen Lesehürden durch Sonderzeichen einzubauen. Ganz verstehen kann ich die Aufregung, ja partielle Empörung darüber nicht so ganz, denn einige Tageszeitungen und Rundfunkanstalten haben das mit der Genderei schon längst freiwillig aufgegeben bzw. eingeschränkt, weil Nutzerinnen und Nutzer, vulgo zahlendes Publikum, es mehrheitlich ablehnen, durch Hickslaute von Moderierenden (die substantivierte Partizipbildung ist übrigens grammatikalisch falsch und wird von mir in Zukunft vermieden) oder sinnlosen Satzzeichen im Wort von der Sinnerfassung einer Nachricht abgehalten zu werden. Und was das umstrittene Thema Schule angeht: Junge Leute, die im Chat Dinge schreiben wie Afair (soweit ich weiß), FYI (zu Deiner Info) oder W8 (Warte) sehnen sich eher nicht nach umständlichen Wortverlängerungen.

Aber das ist nicht das einzige Sprachthema, das mich im Augenblick umtreibt. Ein anderes ist die inflationäre Verwendung von Phrasen wie „dies und das hat keinen Platz in unserer Stadt“, „wir werden dies und das nicht zulassen“ oder „dies und das spielt den Rechtsradikalen in die Hände“.

Wenn die Tage ruhiger werden und einem die drei Nüsse für Aschenbrödel schon zum Hals rauswachsen, kann man ja mal zusammenzählen, wie oft in den Tagen seit dem 7. Oktober gesagt wurde, Antisemitismus und Israelhass hätten keinen Platz in einer Stadt oder unserem Land. Und das, während auf den Straßen ein fanatisierter Mob Israel Völkermord vorwirft und Davidsterne an Häuser geschmiert werden. Hier trifft die reale Welt auf eine hilflose Phrase, die nur besagt, dass wir mit der Situation überfordert sind.

Was hat man etwa von dem Bekenntnis zu halten, „Wir lassen nicht zu, dass das Existenzrecht Israels bestritten wird“, wenn an der Uni Berlin sanktionslos und unter Berufung auf die Freiheit der Wissenschaften genau das passiert und jüdische Studenten gemobbt werden? Da bleibt in der ganzen Hilflosigkeit nur ein Chat-Kürzel: NATO – No action, talk only.

Somit komme ich zu Phrase drei, der Tabuisierung von Themen, um die Rechtsradikalen nicht zu stärken. Jüngstes Beispiel, der Satz im Entwurf des CDU-Grundsatzprogramms, wonach Muslime, die unsere Werte teilen, zu Deutschland gehörten. Ein Satz, der meiner Meinung nach so selbstverständlich wie notwendig für eine demokratische Partei ist. Oder wollen wir die Muslime, die in Deutschland das Kalifat errichten, die Scharia anwenden, Mädchen von Bildung ausschließen oder Konvertiten und „lasterhaften“ Menschen das Lebensrecht aberkennen wollen, als Teil unserer Gesellschaft sehen? Bei uns wird niemand abgelehnt, nur weil er aus einer Kultur kommt, die keinen Lessing, Kant oder Voltaire hervorgebracht hat. Aber zu deren Prinzipien kann und muss man sich bekennen, wenn man hier leben will.

Wer dies ausspricht, hilft den Rechtsradikalen nicht, sondern er schwächt sie, weil er ihnen den Wind aus den Segeln nimmt und den normalen Bürgerinnen und Bürgern zeigt, dass ihre Sorgen ernstgenommen werden. Ich fürchte, die Ränder werden gestärkt, wenn jetzt schon wieder Energie und die Lebensmittelerzeugung (Agrardiesel!) verteuert werden, was die Inflation befeuert, was wiederum die Rezession verlängert. Politik gegen Otto Normalverbraucher ist ein Konjunkturprogramm für Radikale von links wie rechts – ein Konjunkturprogramm z.B. für den Mittelstand würde anders aussehen.

Das Resümee zu Jahresabschluss kommt vom englischen Literaten Samuel Johnson: „Die Sprache ist die Kleidung der Gedanken“.

Verehrte Leserin, geneigter Leser,

in wenigen Tagen feiern wir die Menschwerdung Gottes und damit die Geburt eines Mannes, der wie kein anderer die Welt mit der Kraft des Wortes verändert hat. Seine Botschaft, Friede auf Erden, wird derzeit von Russland, im Heiligen Land und auch andernorts nicht gehört.

Sorgen wir dafür, dass es in den kommenden Tagen bei uns im Kleinen, in der Familie, an der Arbeitsstelle, in der Gemeinde oder Stadt, friedlich bleibt und wir damit dem Heiland das kostbarste Geschenk machen, das wir haben.

Ihr Pino

Pino

 

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