Pinos Weltzurück

(GZ-10-2024 - 16. Mai)
Pinos Welt
 

Vom eigentlichen und richtigen Sinn der Zeitenwende

„Es hat ja ganz vielversprechend angefangen“, denkt Pino, der Rathauskater, über den Zustand unserer Bundeswehr nach. Die Zwischenbilanz hält er für ernüchternd.

„Stell Dir vor, es ist Zeitenwende und keiner geht hin.“ Ok, nicht jeder mag es goutieren, einen gefühlt pazifistischen Spruch, der angeblich von Berthold Brecht stammt, hier gleichsam bellizistisch abgewandelt zu sehen. Aber so wenig der Ausspruch von Brecht stammt, so selten wird er vollständig zitiert. Carl Sandburg, der wahre Autor, hat nämlich 1936 geschrieben: „Stell dir vor, es kommt Krieg und keiner geht hin – dann kommt der Krieg zu euch“. Womit wir wieder beim eigentlichen, richtigen Sinn der Zeitenwende wären.

Die Zeitenwende brauchen wir, damit der Krieg nicht zu uns kommt, der seit zwei Jahren seine hässliche Fratze in der Ukraine zeigt. Es hat ja ganz vielversprechend angefangen: Sondervermögen Rüstung, Einhaltung des 2-Prozent-Ziels für den Verteidigungshaushalt, stärkeres Bewusstsein für die Bedrohungslage in der Bevölkerung.

Die Zwischenbilanz ist allerdings ernüchternd: Das Sondervermögen – fast aufgebraucht für eilig zusammengekaufte Rüstungsgüter, darunter amerikanische Bomber, die hinten und vorne nicht in die vorhandenen Hangars und zur übrigen Ausrüstung der Luftwaffe passen, Funkgeräte, die man nicht in die Fahrzeuge einbauen kann, ein Raketenschirm, der nicht mit unserem wichtigsten europäischen Partner, Frankreich, abgestimmt ist. Zum Erreichen des 2-Prozent-Ziels wird alles zusammengerechnet, was irgendwie mit Verteidigung zu tun haben könnte, einschließlich der Ruhestandsbezüge früherer Soldaten. Ob die Kosten für die jährliche Feierstunde zum Volkstrauertag im Bundestag eingerechnet werden, war nicht in Erfahrung zu bringen, ist aber wahrscheinlich. Und obwohl 68 Prozent der Deutschen höhere Verteidigungsausgaben befürworten, muss auch der Verteidiger im nächsten Haushalt voraussichtlich Federn lassen, weil ein sozialpolitisches Grundanliegen nicht angetastet werden soll: Wer nicht arbeitet, soll Bürgergeld beziehen. Auch die Personalprobleme der Bundeswehr werden nur unzureichend angegangen. Aus der Regierung hört man nur, dass zu wenige Frauen bei den Streitkräften Dienst tun und die Junge Union hat es scheinbar aufgegeben, junge Wähler anzusprechen und die allgemeine Dienstpflicht im CDU-Grundsatzprogramm verankern zu lassen.

Ein beliebtes Argument in der Debatte, dass die Personalstärke der Streitkräfte nicht erhöht werden könne, ist die Frage der fehlenden Kasernen. Richtig, viele einstmals militärisch genutzte Flächen – Kasernen, Munitionsniederlagen, Truppenübungsplätze – wurden nach dem Ende des Kalten Krieges im Rahmen der Konversion ziviler Nutzung zugeführt. Das war auch aus heutiger Sicht richtig, denn der Bund hat es durch in der Regel äußerst günstige Konditionen in den 90er Jahren ermöglicht, dass die betroffenen Kommunen spannende und wichtige städtebauliche Entwicklungen anstoßen konnten.

Auch unsere alte Kaserne, einstmals im Königreich Bayern für wackere, pickelbehauptete Infanteristen vor den Toren der damaligen Stadt gebaut, war in den späten 90ern von städtischer Besiedlung umfasst und konnte harmonisch für ein Ansiedlungsvorhaben genutzt werden.

Wenn also für die Zeitenwende alle gefragt sind, dann sind das natürlich primär diejenigen, die neben einer tauglichen und funktionalen Ausrüstung unserer Streitkräfte auch den notwendigen Personalstand festlegen und Wege zur Gewinnung einer ausreichenden Zahl von Frauen und Männern für die Armee konzipieren müssen.

Es ist aber ebenso die Kommunalpolitik gefragt zu prüfen, ob und in welchem Umfang sich Grundstücke für Zwecke der Verteidigung identifizieren lassen. Man kann es natürlich so machen, wie eine Kommune in NRW, die den Erweiterungsbau einer Munitionsfabrik zu Gunsten irgendeines Feel-good-nice-to-have-Projekts blockiert. Aber das wird weder den ernsten Zeiten noch den sicherheitspolitischen Gegebenheiten gerecht.

Denken wir an George Bernhard Shaw: „Wir werden nicht durch Erinnerung an unsere Vergangenheit weise, sondern durch die Verantwortung für unsere Zukunft.“

Ihr Pino

Pino

 

Dieser Artikel hat Ihnen weitergeholfen?
Bedenken Sie nur, welche Informationsfülle ein Abo der Bayerischen GemeindeZeitung Ihnen liefern würde!
Hier geht’s zum Abo!

 

 

 

GemeindeZeitung

Pinos Welt

Kolumnen & Kommentare aus Bayern

AppStore

TwitterfacebookinstagramYouTube

Google Play

© Bayerische GemeindeZeitung