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(GZ-15/16-2024 - 1. August)
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Das Rezept gegen Overtourism

Die vom „overtoursim“ geplagten Reiseziele Mallorca, Barcelona oder Venedig sollten sich, so Rathauskater Pino, in Berlin informieren, wie sich die Besucherzahlen in nur fünf Jahren um fast 30 Prozent senken ließen. Sein Tipp für den Sommer: „Mal etwas kürzertreten und unsere Heimat genießen.“

So, wie ist das Wetter bei Ihnen, während Sie diese Kolumne lesen? Sonnig und heiß? Bewölkt und tropisch-feucht? Regnerisch und nasskalt? In diesem Sommer hatten wir ja bereits alles, was meteorologisch so auf dem Programm stehen kann. Eigentlich doch, wenn man mal die vielen Jahre meines Katzenlebens so Revue passieren lässt, war es bisher – sieht man von den anfänglichen Wetterkapriolen mit den verheerenden Überschwemmungen ab – ein typisch bayerisch-mitteleuropäischer Sommer: Durchwachsen.

Die gute Nachricht dabei: Der Weltuntergang ist ausgeblieben. Staubtrockene, dürre Felder, apokalyptische Waldbrände und sonstige Horrorszenarien, mit denen uns die Letzte Generation und deren publizistischen Helfershelfer schrecken wollen, blieben aus. Der Klimawandel ist zwar nicht zu leugnen, aber wir dürften ihn in den Griff bekommen und wir müssen uns darauf einrichten, mit ihm zu leben.

Wen wundert es da, dass die Leute, kaum sind die Kinder in den Ferien, wieder in aller Herren Länder Urlaub machen wollen. Die Autobahnen sind voll, die Flughäfen melden Rekordpassagierzahlen und die Klimakleber legen den Flugverkehr lahm. Was für ein Armutszeugnis für die Sicherheitskonzepte unserer kritischen Infrastruktur. Denn keiner scheint vom anderen zu lernen. Berlin, München, Köln/Bonn, Frankfurt – überall das gleiche Muster und überall die gleiche hilflose Empörung, statt den Chaoten den Zutritt zu den Flugfeldern zu verwehren.

Aber fanatisierte Idiot*innen [sic!] sind in dieser Saison nicht mal das größte Problem für die Urlauber. Sondern das Phänomen overtourism. Oder um es weniger chic auszudrücken: In vielen Ecken der Welt haben die Leute die Schnauze davon voll, dass so viele Touristen kommen. Venedig ist dafür ein gutes Beispiel: Jährlich kommt ein Vielfaches der Einwohnerzahl an Besuchern in die Stadt.

Man findet an jeder Ecke einen Laden, der billige Karnevalsmasken made in China anbietet, aber kaum einen Metzger oder Gemüsehändler. Die Venezianer haben sich nun einfallen lassen, Eintritt für die Stadt zu verlangen. 5 Euro pro Tag. Effekt: Mehr Einnahmen für die Stadtkasse und kein Tourist weniger. Jetzt soll der Eintritt auf 10 Euro erhöht werden, aber wer potenziell bereit ist, für einen Cappuccino am Markusplatz 15 Euro zu bezahlen (kein Witz!), der wird auch von dieser Taxe nicht abgeschreckt.

In Barcelona (ebenso jährlich mehr Touristen als Einwohner) und Mallorca (gibt es da überhaupt noch Einheimische?) häufen sich die Demonstrationen gegen die Folgen des Tourismus: Überfüllte Straßen, sauteure Wohnungen, keine eingesessene Gastronomie, die sich Otto-Normalmallorquiner leisten kann, und vor allem Wassermangel. Zwar hat es den Anschein, als würden sich hier die Einwohner selbst den wirtschaftlichen Ast absägen, auf dem sie sitzen, aber andererseits macht es auch nachdenklich, dass die sogenannten schönsten Wochen im Jahr der einen, die Lebensqualität der Einwohner der Sehnsuchtsorte doch sehr erheblich beschneidet.

Von overtourism betroffene Städte könnten sich allerdings Rat in Deutschland holen. Dort ist es in Berlin gelungen, die Zahl der Übernachtungen 2023 im Vergleich zu 2018 um 28 Prozent zu senken. Das Erfolgsrezept? Völlig überhöhte Lande- und Startgebühren auf dem Provinzflughafen, ein strenges Verbot von Privatübernachtungen (Stichwort Airbnb), ein dysfunktionales Sicherheitskonzept, das Berlin in der Welt in den Verruf einer unsicheren Stadt gebracht hat, unfreundliche Einwohner und ramschige Graffitis an buchstäblich jedem Ort verleiden die Neugier auf den Trip dorthin. Ja, Deutschland wird zwar mit der irregulären Migration nicht fertig, aber seine Hauptstadt schreckt zumindest zahlende Gäste ab.

Trotz dieser zum Schluss etwas düsteren Betrachtungen wünsche ich Ihnen schöne Urlaubstage und gute Erholung. Wenn Sie im Lande bleiben, lautet mein Rat: Mal etwas kürzertreten und unsere Heimat genießen. Für alle gilt der Satz des französischen Schriftstellers Gustave Flaubert: „Reisen macht einen bescheiden. Man erkennt, welch kleinen Platz man in der Welt besetzt.“

Ihr Pino

Pino

 

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