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(GZ-17-2024 - 12. Sep­tem­ber)
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Olympia 2024: Eine Rück­schau

Pino re­ka­pi­tu­liert die olym­pi­schen Spiele, bei denen „wir“ kaum punkten konnten. Unsere Sport­ler­eh­re erfuhr tie­ri­sche Hilfe. Die Au­to­na­ti­on Deutsch­land ver­dankt ihre Me­dail­len weit­ge­hend krassen Pfer­de­stär­ken.

Kennen Sie Dod­ge­ball? Nein? Keine Angst, Sie sind in guter Ge­sell­schaft, der Sport ist ziem­lich un­be­kannt. Es ist ein Mann­schafts­sport, bei dem die Spieler, ähnlich wie beim Völ­ker­ball, Bälle werfen, fangen oder diesen aus­wei­chen müssen. In Nord­ame­ri­ka, Asien und Groß­bri­tan­ni­en ist Dod­ge­ball weit ver­brei­tet, in Kon­ti­nen­tal­eu­ro­pa erfreut sich das Spiel mit etwas här­te­ren (cloth) oder wei­che­ren (foam) Bällen aber stetig wach­sen­der Be­liebt­heit. Zu den ab­so­lu­ten Top-Na­tio­nen, ge­mes­sen an in­ter­na­tio­na­len Er­fol­gen, gehört üb­ri­gens unser Nachbar Ös­ter­reich.

Wieso ich darauf komme? In diesem Sommer waren die Welt­meis­ter­schaf­ten in Graz. Nur eine Woche bei 100 Teams aus 20 Na­tio­nen (jeder Kon­ti­nent war ver­tre­ten) han­del­te es sich um einen rich­ti­gen Ama­teur-Sport­event, bei dem je­den­falls die deut­schen Teil­neh­mer neben sehr viel En­thu­si­as­mus, Kon­di­ti­on und Kraft auch noch selber das Geld für das Drum­her­um auf­brin­gen mussten.

Welch ein Kon­trast zu den Olym­pi­schen Spielen, bei denen ja ei­gent­lich auch „die Jugend der Welt“ zum „fried­li­chen Wett­kampf“ unter dem Motto „Da­bei­sein ist Alles“ an­tre­ten sollte! Her­aus­ge­kom­men ist wie immer bei diesen in­ter­na­tio­na­len Me­ga­er­eig­nis­sen eine Mi­schung aus Grö­ßen­wahn und Mer­chan­di­sing, aus Ei­tel­kei­ten und Ab­len­kun­gen.

Na­tür­lich gibt es auch Er­eig­nis­se, an die man sich lange er­in­nern wird: An den Welt­re­kord von Armand Du­plan­tis im Stab­hoch­sprung oder an den Pech­vo­gel in dieser Dis­zi­plin, Anthony Am­mi­ra­ti, dessen Qua­li­fi­ka­ti­ons­sprung viral ging, weil er die Latte mit einem Kör­per­teil weg­feg­te, der nur einem Manne zu Gebote steht. Oder Aleksan­dra Mirosław, der man bei ihrem Welt­re­kord im Speed­klet­tern kaum mit den Augen folgen konnte. Vor­aus­seh­bar war der Ti­tel­ge­winn im Boxen der Damen, nachdem man zum Wett­be­werb eine Person zu­ge­las­sen hatte, die in jeder Duis­bur­ger Eck­knei­pe mit dem Eh­ren­ti­tel „watt en Kerl“ begrüßt würde. Kein Wunder, dass die Mit­be­wer­be­rin­nen rei­hen­wei­se nur so ver­dro­schen wurden.

Amüsant war, dass sich aus­ge­rech­net Mit­glie­der des bri­ti­schen Teams über das Essen in der Sport­ler­kan­ti­ne be­schwer­ten. Da haben sich die Fran­zo­sen wohl einen ku­li­na­ri­schen Stand­ort­vor­teil ver­schafft.

Für Deutsch­land waren die Spiele ein Debakel – nur Rang 10 im Me­dail­len­spie­gel, so wenig Edel­me­tall wie nie zuvor. Wäre die Au­to­na­ti­on Deutsch­land nicht durch krasse Pfer­de­stär­ken ge­seg­net (Reiten gab Me­dail­len satt), wäre das Team der Stan­ford-Uni­ver­si­ty er­folg­rei­cher gewesen als „wir“.

Nachdem wir Deut­sche sind, wurde sofort nach dem Schul­di­gen gefragt. Und ge­fun­den wurde die Ursache auch: Zu wenig Geld für die Sport­för­de­rung. Wie gesagt, eine sehr deut­sche Dis­kus­si­on. Sicher, die Zeiten als die Sport­för­de­rung noch von echten Sport­en­thu­si­as­ten wie Theo Waigel (Fi­nan­zen) und Wolf­gang Schäu­b­le (Inneres) ver­ant­wor­tet wurde, sind vorbei. Heute scheint sich die Bun­des­re­gie­rung mehr für die Frei­kar­ten bei den Wett­kämp­fen zu in­ter­es­sie­ren als für den Sport selbst.

Aber For­de­run­gen wie eine Mio. Euro steu­er­frei­es Hand­geld für Olym­pia­sie­ger können ja wohl nicht ganz ernst gemeint sein. Sport sollte in der Ama­teur­klas­se von En­thu­si­as­mus, Lei­den­schaft und Ehrgeiz ge­trie­ben werden, nicht von Geld­gier. Womit wir wieder bei den Dod­ge­ball­spie­lern und -spie­le­rin­nen vom Anfang wären.

Wir sollten uns auch darüber aus­tau­schen, welchen Stel­len­wert Leis­tung in unserer Ge­sell­schaft noch hat. Ich meine jetzt nicht die alberne Dis­kus­si­on über die Bun­des­ju­gend­spie­le – die waren noch nie eine Brut­stät­te für Leis­tungs­sport­ler. Leider ge­nie­ßen aber Leis­tungs­trä­ger – ob im Sport, in der For­schung oder als Un­ter­neh­mer – hier­zu­lan­de wenig bis keine An­er­ken­nung. Neid und Miss­gunst liegen dieser Ge­sell­schaft näher als Be­wun­de­rung für Men­schen, die Au­ßer­ge­wöhn­li­ches er­rei­chen.

Am Ende hat viel­leicht auch Ephraim Kishon recht: „Es geht im Sport nicht nur ums Ge­schäft. Es geht auch darum, dass die Fans nichts davon merken.“

Ihr Pino

Pino

 

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