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(GZ-21-2022)
Stephan Noll, Erster Bürgermeister der Stadt Alzenau
 

Stephan Noll

Erster Bürgermeister der Stadt Alzenau

Welche Kommune und wie viele Einwohner vertreten Sie?

Alzenau mit seinen fünf Stadtteilen liegt im unterfränkischen Landkreis Aschaffenburg unmittelbar an der Grenze zum Land Hessen, ist umgeben von den nördlichen Ausläufern des Spessarts und hat 18.663 Einwohner.

 

Wann haben Sie Ihr Amt angetreten und sind Sie hauptamtlich oder ehrenamtlich tätig?

Seit dem 8. Juli 2020 bin ich hauptamtlicher Erster Bürgermeister.

 

Welchem Beruf sind Sie vor Ihrem Amtsantritt nachgegangen bzw. üben Sie diesen nach wie vor aus?

Nach meinem VWL-Studium und Stationen in der Zentrale der Commerzbank in Frankfurt, war ich vor meiner Wahl als internationaler Vertriebsmanager und Referent für Europäischen Schienengüterverkehr für die DB Netz AG in Frankfurt sowie für den Schienengüterverkehrskorridor von Skandinavien bis ans Mittelmeer für verschiedene Schieneninfrastrukturanbieter tätig.

 

Was war Ihr persönlicher Anreiz in die Kommunalpolitik zu gehen?

Das Mitgestalten des eigenen Umfeldes und meiner Heimatstadt sowie die Arbeit mit und für die Menschen sind meine Hauptmotivationen, mich in der Kommunalpolitik einzubringen und zu engagieren. Zuvor war ich in vielen Vereinen und Verbänden schon als Funktionär tätig und habe es schätzen und lieben gelernt, durch meinen Einsatz einen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten.

 

Wie haben Sie sich vorbereitet?

Sechs Jahre war ich vor Amtsantritt als Stadt- und Kreisrat tätig und konnte damit Kommunalpolitik aus erster Hand erleben und war zumindest mit den aktuellsten Themen und Entwicklungen in der Stadt vertraut. Durch meine Teilnahme an der CSU-Akademie und durch mein Stipendium der Hanns-Seidel-Stiftung konnte ich mich mit angebotenen Seminaren und Fortbildungen grundsätzlich in Rhetorik, Partizipation und dergleichen qualifizieren. Man muss jedoch auch festhalten, dass man tagtäglich in der Funktion als Bürgermeister viel über sich, die Menschen und die Themen hinzulernt und offen sein muss, diese Chancen und Herausforderungen mit Interesse und Gestaltungswille anzupacken.

 

Wo lagen bei Ihrem Amtsantritt die Herausforderungen?

Die Stadt Alzenau hat sich in den letzten Jahrzehnten sehr erfolgreich entwickelt und hierfür viel investiert. Die Bayerische Gartenschau „Natur in Alzenau“ im Jahr 2015 war ein zusätzlicher Katalysator für die Innenstadtentwicklung. Diese Lebensqualität muss erhalten, weiter entwickelt, aber natürlich auch finanziert werden. Eine Haushaltskonsolidierung ohne größere neue Darlehensaufnahme stand im Fokus, um Spielraum für die Zukunft zu gewinnen. Eine weitere Herausforderung war und ist es, als dritte bayerische Metropolregion im bayerischen Teil des Rhein-Main-Gebiets bezahlbaren und leistbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen und der immer stärkeren Nachfrage gerecht zu werden. Zusätzlich müssen wir als einer der größten kommunalen Waldbesitzer in Bayern mit einer Fläche von ca. 2.700 ha den Wald klima- und zukunftsgerecht halten und neu anpflanzen, da im Jahr 2019 durch einen schweren Sturm 200 ha Wald binnen weniger Minuten zerstört wurden und trotz Hitzeperioden, Borkenkäfer und der spätblühenden Traubenkirsche die Waldfunktionen sichergestellt werden müssen.

 

Welche Themen beschäftigen Sie momentan?

Alzenau steht gut da, aber die Flächenpotenziale der Innen- und auch der Außenentwicklung müssen genutzt werden, damit neben dem Wohnraum auch andere kommunale Aufgaben der Daseinsfürsorge erbracht werden können. Neben dem Neubau zahlreicher Kindertageseinrichtungen im gesamten Stadtgebiet wollen wir in der Kernstadt ein neues Feuerwehrgerätehaus in Kombination mit dem Rettungsdienst errichten. Ein zweistelliger Millionenbetrag wird hierfür fällig werden, ohne jedoch in größeren Umfang Fördermittel zu bekommen. Natürlich haben wir als Kommune – wie so viele – die Herausforderung, Personal für die Verwaltung und die Kinderbetreuungseinrichtungen zu finden und generell die Verwaltung zukunftsfest umzubauen, damit die Digitalisierung und das digitale Amt gelingen kann.

 

Womit werden Sie sich noch auseinandersetzen müssen/wollen?

Was in der großen Politik diskutiert wird, können wir vor Ort in den Kommunen angehen und Lösungen umsetzen. Aktuell haben wir zahlreiche Bemühungen, erneuerbare Energien im Stadtgebiet auszubauen. Dazu gehört Windkraft und Freiflächen-PV, aber genauso eines der größten Floating-PV Vorhaben in Bayern auf einem Kiessee. Zusammen mit unserem städtischen Energieversorgungsunternehmen und den Mitgliedern des Umwelt- und Klimabeirates wollen wir unser Gasnetz auf ein Wasserstoffnetz umstellen und bewerben uns für ein Reallabor für eines unserer Industriegebiete. Förderanträge für eine Wasserstofftankstelle und einen Elektrolyseur sind ebenfalls in der Vorbereitung, da wir uns mit Speichertechnologie „Made in Alzenau“ nicht nur zu einer klimaneutralen Stadt entwickeln wollen, sondern auch Innovationen und Zukunftstechnologie fördern möchten, um auch die heimische Wirtschaft bei ihrer Transformation zu begleiten.

 

Haben Sie einen wichtigen Ratschlag für junge Kolleginnen und Kollegen?

Mit 31 Jahren bin ich, glaube ich, nicht in der Situation, anderen jungen Kolleginnen und Kollegen Ratschläge zu erteilen. Ich bin mir aber sicher, egal ob jung oder alt, wir Bürgermeister müssen mit Leidenschaft und Herzblut bei der Sache sein und dürfen gerne von anderen lernen. Wir sollten offen dafür bleiben, uns gegenseitig zu unterstützen und zu beraten. Zusammen schaffen wir einfach mehr.

 

Wie beziehen Sie Kolleginnen und Kollegen / Bürgerinnen und Bürger / Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Ihre Arbeit und in Ihre Entscheidungsfindung ein?

Meine Tür steht immer offen für Kolleginnen und Kollegen sowie meine Mitbürgerinnen und Mitbürger. Mir ist es wichtig, dass neben der wöchentlichen Abteilungsleiterrunde, auch in regelmäßigen Jour Fixe mit weiteren Führungskräften und involvierten Kollegen jeder die Möglichkeit hat, sich nicht nur themen- und projektbezogen einzubringen, sondern sich auch gegenseitig zu informieren und Probleme anzusprechen. Bürgerinnen und Bürger binde ich sowohl mit den klassischen Beteiligungsformaten wie Bürgersprechstunde und Anlieger- und Bürgerversammlungen ein, aber auch die digitale Beteiligung mit spontanen Umfragen auf Social Media führt oft dazu, dass ich sehr viel wertvolles Feedback und Anregungen für meine Arbeit erhalte. Nicht zu unterschätzen sind auch Vereinsrunden, Gespräche am Marktstand und die vielen Gratulationen. Ob analog oder digital: Jedes Feedback und jede Rückmeldung ist wichtig, damit man mit einem runden Bild eine gute Entscheidung treffen kann.

 

Wieviel Einfluss wird die Digitalisierung auf die künftige Kommunalpolitik haben?

Digitalisierung wird uns vielfältig in der Kommunalpolitik und Verwaltung helfen. Durch digitale Abläufe werden wir nicht nur schneller und besser, sondern schaffen auch Freiräume für die wichtigen Anliegen und mehr Zeit für unsere Mitmenschen. Partizipation und Austausch kann durch mehr Vernetztheit erfolgreicher gelingen und hoffentlich ermöglicht uns die Digitalisierung als Gesellschaft, noch besser die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verwirklichen, da man unabhängiger und flexibler auf unterschiedliche Lebenssituationen reagieren kann.

 

Gibt es ein Lebensmotto, das Sie begleitet?

Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen. (Aristoteles)

 

Wie wollen Sie in Erinnerung bleiben?

Im Dialog mit den Menschen habe ich zusammen mit dem Stadtrat und einem guten Team in der Verwaltung die richtigen Entscheidungen zur Sicherung der Lebensqualität von heute, für die Generation von übermorgen getroffen.

 

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