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(GZ-6-2024 - 14. März)
Kathrin Alte, Erste Bürgermeisterin der Gemeinde Anzing
 

Kathrin Alte

Erste Bürgermeisterin der Gemeinde Anzing

Welche Kommune und wie viele Einwohner vertreten Sie?

Die Gemeinde Anzing im oberbayerischen Landkreis Ebersberg. Wir haben 4.495 Einwohner.

 

Wann haben Sie Ihr Amt angetreten und sind Sie hauptamtlich oder ehrenamtlich tätig?

Ich bin seit 1. Mai 2020 im Amt und bin hauptamtlich tätig.

 

Welchem Beruf sind Sie vor Ihrem Amtsantritt nachgegangen bzw. üben Sie diesen nach wie vor aus?

Ich durfte einige Jahre die heutige Landtagspräsidentin Ilse Aigner begleiten. Zuletzt war ich Persönliche Referentin der Präsidentin im Landtag und leitete das Referat für Online-Kommunikation.

 

Was war Ihr persönlicher Anreiz in die Kommunalpolitik zu gehen?

Schon in jungen Jahren war ich im Gemeinderat und im Kreistag in meiner früheren Heimat in Oberfranken tätig. Die Politik begleitet mich eigentlich schon immer, sowohl ehrenamtlich als auch beruflich. Den Anstoß als Bürgermeisterin in Anzing anzutreten, gab dann aber Ilse Aigner: Sie ermutigte mich, zu kandidieren und selbst die Dinge zu gestalten.

 

Wie haben Sie sich vorbereitet?

Ich hatte ja schon einiges an kommunalpolitscher Erfahrung sammeln dürfen, deshalb war es mir wichtiger, weniger auf Schulungen zu gehen, sondern mich ehrenamtlich in Anzing einzubringen, reinzuhören, was wirklich gebraucht wird im Dorf und gemeinsam mit einem großartigen Team Ideen für Anzing zu entwickeln.

 

Wo lagen bei Ihrem Amtsantritt die Herausforderungen?

Ich musste wie alle Bürgermeister 2020 mitten im Lockdown anfangen mit der Arbeit. Das war zu Beginn eine gute Schule und hat uns in der Verwaltung gleich für die nächsten Herausforderungen wie die Flüchtlingsunterbringen mit Beginn des Ukraine-Kriegs vorbereitet. Gleichzeitig stand eine Haushaltskonsolidierung an und es musste unsere „Offene Ganztagsschule“ für 130 Kinder und ein neuer Kindergarten noch umgesetzt werden. Das hat jetzt den Vorteil, dass der Gemeinderat und die Eltern dem ab 2026 geforderten Anspruch auf eine Ganztagsbetreuung sehr gelassen entgegensehen können.

Ich hatte und habe sehr großes Glück, dass ich eine hervorragende und hoch motivierte Verwaltung habe. Wir konnten das alles managen und gleichzeitig haben wir die notwendige Digitalisierung schnellstmöglich umgesetzt. So konnten wir während der Pandemie gut arbeiten und für die Bürgerinnen und Bürger da sein. Auch unsere Gemeindefinanzen sind heute stabil. Ich bin wirklich froh und dankbar darüber, was wir in den vergangenen vier Jahren geschafft haben.

 

Welche Themen beschäftigen Sie momentan?

Aktuell planen wir gemeinsam mit der Wohnbaugesellschaft des Landkreises Ebersberg 24 bezahlbare Wohnungen, die mit dem Kommunalen Wohnraumförderungsprogramm (KommWFP) umgesetzt werden. Ganz bewusst bauen wir kleine Wohnungen für Auszubildende, Berufsanfänger und die Mitarbeiter unserer Einrichtungen wie Kindergärten, Offene Ganztagsschule und Pflegeheim. Auch die Belebung des Ortskerns ist uns im Gemeinderat sehr wichtig: Wir sanieren ein gemeindeeigenes Gebäude mit Unterstützung der Städtebauförderung und schaffen so neue Räume für unsere Musikschule mitten im Dorf.

Endlich können wir auch unsere 60 Jahre alte Grundschule renovieren: Für 450.000 Euro bauen wir jetzt im Sommer neue sanitäre Anlagen ein und investieren in die Barrierefreiheit. Wichtig ist mir auch die kommunale Energiewende. Auf den Liegenschaften der Gemeinde werden derzeit PV-Anlagen installiert. Und in diesem Jahr geht es mit großen Schritten weiter mit der Digitalisierung der Verwaltung für mehr Bürgerservice in Anzing.

 

Womit werden Sie sich noch auseinandersetzen müssen/wollen?

Die Finanzlage bleibt das große Thema, auch bei uns ist der Landkreis unter großem Druck und steigender Aufgabenlast. Hier sitzen wir alle in einem Boot und brauchen, um finan-ziell handlungsfähig zu bleiben, nicht nur kreative Vorschläge, sondern Unterstützung von Bund und Land. Wo künftig Flüchtlinge untergebracht werden sollen – und vor allem wer sich um die Menschen kümmert – bleibt für uns alle eine Kernfrage. In Anzing stehen in den kommenden Jahren zahlreiche Großprojekte an: Unsere Schulturnhalle muss saniert werden, ein neuer Bauhof mit Wertstoffhof steht an und wir müssen auch eine renovierungsbedürftige Sportgaststätte auf einen guten Weg bringen.

 

Haben Sie einen wichtigen Ratschlag für junge Kolleginnen und Kollegen?

Bürgermeisterin sein zu dürfen, ist ein großes Privileg und eine erfüllende, wenn auch ab und an anstrengende Tätigkeit. Am besten ist, wenn man das mit gesundem Menschenverstand, einer Prise Humor und der Einstellung, sich nicht verbiegen zu lassen, angeht. 

Für Frauen im Bürgermeisteramt gibt es da noch einige besondere Herausforderungen. In der ARGE „Frauen führen Kommunen“ des Bayerischen Gemeindetags, deren Sprecherinnen die Kollegin Susanne Hoyer und ich sind, unterstützen wir uns hier gegenseitig und bilden ein starkes Netzwerk. Das kann ich insbesondere den Kolleginnen und allen, die Bürgermeisterin werden möchten, ans Herz legen.

 

Wie beziehen Sie Kolleginnen und Kollegen / Bürgerinnen und Bürger / Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Ihre Arbeit und in Ihre Entscheidungsfindung ein?

Anzing ist im besten Sinne ein Dorf und wir haben eine gut funktionierende Dorfgemeinschaft mit vielen Ehrenamtlichen. Als Bürgermeisterin kann und will ich da mittendrin sein und höre rein, was den Leuten unter den Nägeln brennt. Alle nötigen Kommunikationstools, die den Informationsfluss und den Austausch fördern (Social Media, Gemeindeblatt, Bürgerversammlung online übertragen usw.), nutzen wir im Rathaus auch dafür. 

Wir haben darüber hinaus eine gute und konstruktive Diskussionskultur im Gemeinderat und in der Verwaltung. Das war bei meinen Vorgängern schon so. Das heißt auch eine umfassende Vorbereitung mit digitalen Fraktionssprecherrunden, wöchentlichen Bürgermeisterbesprechungen. Das ist mir wichtig mit Blick auf die Ehrenamtlichen: Bessere Information und Vorbereitung trägt dazu bei, dass der Gemeinderat schneller zu Entscheidungen kommt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Rathauses sind in diesem Prozess nicht nur gute Rat- und Ideengeber für mich, sondern auch für den Gemeinderat.

 

Wieviel Einfluss wird die Digitalisierung auf die künftige Kommunalpolitik haben?

Die Digitalisierung ergänzt und verbessert heute schon den Service für die Bürgerinnen und Bürger und unterstützt die Arbeit der Gemeinderäte. Das ist nicht die Zukunft, sondern gelebte Realität und übrigens für viele Bürger im Alltag und Beruf eine Selbstverständlichkeit. Dass Behörden und Verwaltung da so langsam sind, verstehen viele nicht. Dazu gehört meiner Meinung auch, dass z.B. hybride Gemeinderatssitzungen zum Standardprogramm werden. In Anzing wollen wir das bis zur Kommunalwahl 2026 umsetzen: Wir wollen im Gemeinderat auch künftig Berufstätige oder junge Eltern dabei haben, die sich bei Bedarf online reinschalten können und dann auch mitentscheiden können. Da geht es nicht darum, die Präsenzsitzung abzuschaffen, sondern ein Angebot vorzuhalten, das, wenn es beruflich oder familiär nötig ist, die Gemeinderatsarbeit erleichtert.

 

Gibt es ein Lebensmotto, das Sie begleitet?

„Keep your eyes on the stars and your feet on the ground.“ (Theodore Roosevelt)

 

Foto © Thomas Scheuplein

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