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(GZ-10-2024 - 16. Mai)
Martin Sailer, Landrat Landkreis Augsburg, Bezirkstagspräsident Schwaben. Foto © Julia Pietsch
 

Martin Sailer

Landrat Landkreis Augsburg, Bezirkstagspräsident Schwaben

Welche Kommune und wie viele Einwohner vertreten Sie?

Ich bin Landrat des Landkreises Augsburg mit 262.493 Einwohnern und Einwohnerinnen (Stand: 30. Juni 2023) in 46 Städten, Märkten und Gemeinden.

 

Wann haben Sie Ihr Amt angetreten und sind Sie hauptamtlich oder ehrenamtlich tätig?

Ich bin seit 2008 hauptamtlich als Landrat tätig.

 

Welchem Beruf sind Sie vor Ihrem Amtsantritt nachgegangen bzw. üben Sie diesen nach wie vor aus?

Nach meinem Studium der Betriebswirtschaftslehre war ich bis 2003 als Diplom-Kaufmann in verschiedenen leitenden Positionen in den Bereichen Produktmanagement und Vertrieb tätig. Von 2003 bis 2008 war ich Mitglied des Bayerischen Landtags. Beide Tätigkeiten übe ich aktuell nicht mehr aus. Allerdings bin ich nicht nur Landrat des Landkreises Augsburg, sondern auch Bezirkstagspräsident des Bezirks Schwaben.

 

Was war Ihr persönlicher Anreiz in die Kommunalpolitik zu gehen?

Es gehört für mich zu den schönsten politischen Aufgaben, mich für meine Mitmenschen zu engagieren – insbesondere für diejenigen, die beispielsweise aufgrund eines Handicaps etwas mehr Unterstützung benötigen als andere. Deshalb bin ich in die Politik gegangen, deshalb setze ich in meiner Arbeit – sowohl als Bezirkstagspräsident als auch als Landrat – seit Jahren einen besonderen Fokus auf Teilhabe und Inklusion, Nachhaltigkeit und kulturelle Bildung. Ein Tag ist für mich ein guter Tag, wenn ich mit meiner Arbeit mit einem kleinen Baustein zu einem besseren gemeinschaftlichen Miteinander beitragen konnte.

 

Wie haben Sie sich vorbereitet?

Dadurch, dass ich bereits mit 17 Jahren Mitglied der Jungen Union wurde und dort schnell als Orts-, Kreis- und Bezirksvorsitzender immer mehr Verantwortung übernommen habe, habe ich, denke ich, gute Einblicke in die politische Arbeit bekommen.

Überdies habe ich mit 20 Jahren zum ersten Mal für den Gemeinderat kandidiert und bin dann später (1996) auch als Jüngster in den Gemeinderat von Diedorf gewählt worden. Beides – meine Zeit in der JU und im Gemeinderat – waren für mich eine gute Vorbereitung für meine spätere hauptamtliche politische Tätigkeit.

 

Wo lagen bei Ihrem Amtsantritt die Herausforderungen?

Ich bin im Mai 2008 zum ersten Mal zum Landrat des Landkreises Augsburg gewählt worden und sah mich danach relativ schnell den Herausforderungen und Problematiken ausgesetzt, die durch die Wirtschafts- und Finanzkrise hervorgerufen wurden. Unter anderem hatten wir in dieser Zeit mit 4,5 Prozent die höchste Arbeitslosenquote, an die ich mich im Landkreis Augsburg erinnern kann.

 

Welche Themen beschäftigen Sie momentan?

Aktuell beschäftigen mich insbesondere die Flüchtlingsthematik, die Unzufriedenheit in breiten Teilen der Bevölkerung, die adäquate, bedarfsgerechte Versorgung in den Bereichen Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie die Finanzierbarkeit unserer Standards (beispielsweise im Bereich ÖPNV). In den letzten Monaten herrscht sehr viel Unzufriedenheit in unserem Land und gemeinschaftlich wird zumeist nur demonstriert (Klima, Krieg, Landwirtschaft, Demos gegen rechte Tendenzen etc.).

Ich hoffe, dass unsere Gesellschaft in den nächsten Jahren – und damit auch im Landkreis Augsburg –wieder näher zusammenrückt. Hierzu muss aber auch unsere Bundespolitik beitragen, indem sie nachvollziehbare Entscheidungen trifft, anstatt die Menschen in unserem Land durch interne Differenzen weiter auseinanderzudividieren.

 

Womit werden Sie sich noch auseinandersetzen müssen/wollen?

In den nächsten Jahren werden wir uns im Landkreis neben dem Thema ÖPNV insbesondere mit einem potenziellen Neubau für unsere Wertachkliniken, einem bedarfsgerechten Angebot in der Pflege, aber auch dem Neubau unseres Kreisjugendheims auseinandersetzen müssen.

 

Haben Sie einen wichtigen Ratschlag für junge Kolleginnen und Kollegen?

Ich würde mir wünschen, dass sie ihren Mitmenschen gegenüber offen bleiben. Unabhängig davon, wie unterschiedlich wir teilweise auf den ersten Blick wirken; am Ende des Tages funktionieren wir als Gesellschaft nur dann gut, wenn wir unsere Vielfalt als Stärke anerkennen und nicht gegeneinander, sondern gemeinsam an einem Miteinander arbeiten. Gerade in Zeiten, in denen rechte Stimmen laut werden, die versuchen, bestehende Problematiken für ihre Zwecke zu missbrauchen, ist es besonders wichtig, sich selbst ein Bild zu machen, sich auseinanderzusetzen und sich nicht von Dritten instrumentalisieren zu lassen.

 

Wie beziehen Sie Kolleginnen und Kollegen / Bürgerinnen und Bürger / Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Ihre Arbeit und in Ihre Entscheidungsfindung ein?

Der Austausch mit meinen Mitmenschen – egal ob Kolleginnen und Kollegen, Mitbürgerinnen und Mitbürger oder Mitarbeitende – ist mir außerordentlich wichtig. Schließlich bin ich nicht gewählt worden, um nur meinen eigenen Willen durchzuboxen, sondern um mich für das Wohl aller im Landkreis Augsburg (und im Bezirk Schwaben) einzusetzen. Aus diesem Grund versuche ich, wo es nur geht, in den gemeinsamen Dialog zu treten. Sei es im Rahmen von Bürgersprechtagen, über die Sozialen Medien, per E-Mail, in meiner Kinder- und Jugendsprechstunde oder im persönlichen Gespräch.

 

Wieviel Einfluss wird die Digitalisierung auf die künftige Kommunalpolitik haben?

Die Digitalisierung wird weiter Einfluss auf alle unsere Lebensbereiche haben, natürlich auch auf die Kommunalpolitik. Sie hat ja seit der Pandemie bereits in vielen Kommunen Einzug gehalten (beispielsweise im Rahmen digitaler Meetings, aber im Landkreis Augsburg auch beim digitalen Bauantrag bzw. der digitalen Baugenehmigung). Im besten Fall werden auf diese Weise Abläufe vereinfacht und beschleunigt. Allerdings halte ich es nach wie vor für zwingend notwendig, dass wir uns in regelmäßigen Abständen persönlich begegnen. Im digitalen Raum macht man doch ab und an Dinge parallel. Im direkten Gespräch hingegen lasse ich mich zu 100 Prozent auf mein Gegenüber ein und kann auch die Mimik und Gestik viel besser deuten.

 

Gibt es ein Lebensmotto, das Sie begleitet?

Ich habe nicht unbedingt ein Motto, aber ich lebe nach dem Prinzip, dass ich mich selbst und meine eigenen Probleme nicht zu wichtig nehme. Diesen Charakterzug schätze ich auch an anderen Menschen und nehme ihn besonders häufig bei Kindern und Jugendlichen wahr, was ich schön finde. Wenn diese in meine Sprechstunde kommen, geht es eigentlich nie um Themen, die nur sie selbst betreffen, sondern immer um Anliegen, die der Gemeinschaft weiterhelfen.

 

Wie wollen Sie in Erinnerung bleiben?

Auch wenn das sehr nach einem Nachruf klingt und ich für diesen hoffentlich noch ein paar Jährchen Zeit habe, hoffe ich, dass ich meinen Mitmenschen als wertschätzend, verbindlich, interessiert, konstruktiv und lösungsorientiert in Erinnerung bleibe.

 

Foto © Julia Pietsch

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