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(GZ-13-2024 - 4. Juli)
Wolfgang Beißmann, Erster Bürgermeister  der Stadt Pfarrkirchen
 

Wolfgang Beißmann

Erster Bürgermeister der Stadt Pfarrkirchen

Welche Kommune und wie viele Einwohner vertreten Sie?

Die Kreis- und Hochschulstadt Pfarrkirchen (Niederbayern) mit rund 14.400 Einwohnerinnen und Einwohnern.

 

Wann haben Sie Ihr Amt angetreten und sind Sie hauptamtlich oder ehrenamtlich tätig?

Seit dem 1. Mai 2014 darf ich als hauptamtlicher Bürgermeister die Geschicke der Stadt Pfarrkirchen leiten.

 

Welchem Beruf sind Sie vor Ihrem Amtsantritt nachgegangen bzw. üben Sie diesen nach wie vor aus?

Als Kfz-Technikermeister und geprüfter Automobilverkäufer war ich als Geschäftsführer eines Volvo- und Alfa Romeo Autohauses mit Werkstatt und angeschlossener Tankstelle (Familienbetrieb) tätig.

 

Was war Ihr persönlicher Anreiz in die Kommunalpolitik zu gehen?

In der Kommunalpolitik hat man die Möglichkeit, seine Heimat mitzugestalten und in der „direktesten“ Form der Politik aktiv zu sein.

 

Wie haben Sie sich vorbereitet?

Durch meine langjährige kommunalpolitische Aktivität konnte ich bereits viele Erfahrungen sammeln, die mir bei meinem Amtsantritt sehr hilfreich waren. So wurde ich bereits im Jahr 2002 in den Stadtrat gewählt und durfte dann ab dem Jahr 2008 das Amt des 2. Bürgermeisters unserer Stadt bekleiden.

 

Wo lagen bei Ihrem Amtsantritt die Herausforderungen?

Durch die höchst engagierte Vorarbeit unseres Bürgermeisters a. D. Georg Riedl, erhielt die Stadt Pfarrkirchen im Februar 2014 die Zusage zur Ansiedlung eines Hochschulstandorts mit bis zu 2.000 Studierenden und einem Start des Studienbetriebs zum Wintersemester 2015/2016. So war der Beginn meiner Amtszeit geprägt von den vorbereitenden Maßnahmen, bei denen die Stadt eng involviert war (wir brachten uns finanziell, mit Grundstücken und mit Gebäuden ein). Dies war für uns völliges Neuland.

Mit der Ansiedlung des European Campus Rottal-Inn rückte natürlich auch das Thema Wohnraum in einen ganz besonderen Fokus. Gepaart mit den großen Strömen an Geflüchteten, die im Jahr 2015 nach Deutschland kamen (wir sind direkt in der Grenzregion zu Österreich), sowie dem Wohnraumbedarf, den wir ohnehin durch unser stabiles Wachstum hatten (und noch immer haben), standen wir vor großen Herausforderungen.

Diese Herausforderungen setzten sich dann ganz besonders im Bereich der Kinderbetreuung bis hin zu den Schulen in unserer Sachaufwandsträgerschaft fort. So ist der Bereich der Kinderbetreuung nach wie vor ein zentraler Punkt unseres Handelns. Ein breites bedarfsorientiertes Angebot in diesem Sektor unterstützt unsere Familien, fördert die Vereinbarkeit der Familie mit dem Beruf und unterstützt den Bereich der Integration.

 

Welche Themen beschäftigen Sie momentan?

Hier gäbe es unzählige Themen zu nennen, von denen ich an dieser Stelle einige besonders herausgreifen möchte. 

Ein besonders Augenmerk liegt auf den Schulen in unserer Sachaufwandsträgerschaft. Aktuell läuft die Generalsanierung unserer Mittelschule (mit einem Volumen von rd. 25 Mio. Euro) an, und gleichzeitig steigen wir in die Planung für umfassende Erweiterungsmaßnahmen unserer Grundschule (aktuell rd. 500 Schülerinnen und Schüler) ein.

Ein weiterer Fokus liegt auf unserer Innenstadt, die natürlich auch dem Wandel wie auch den bekannten Herausforderungen unterliegt. Hier beschäftigen wir uns aktiv mit dem Thema Leerstandsmanagement und ergänzenden Nutzungen – nur wenn wir den Mut haben, „Innenstädte neu zu denken“, werden wir diese zentralen Räume unserer Städte auch für die Zukunft lebendig erhalten können.

Ein großes Anliegen ist mir im Bereich der Öffentlichen Sicherheit und Ordnung der Bevölkerungs- und Katastrophenschutz. Mit einem umfassenden Sturzflutrisikomanagementsystem, der Vorbereitung auf verschiedene Großschadenslagen, der Schaffung entsprechender interner Strukturen wie auch der notwendigen Ausstattung an Material, möchten wir ein möglichst optimales Niveau der Vorsorge im Sinne des Schutzes unserer Bevölkerung erreichen.

Die Herausforderungen im Bereich der Schaffung von Wohnraum nannte ich bereits; möchte diesen Punkt aber nochmals unterstreichen. Die Schaffung von ausreichend Wohnraum ist von zentraler Wichtigkeit für gute Lebensbedingungen vor Ort, sozialen Frieden und ein wichtiger Standortfaktor in den verschiedensten Belangen.

Bei allen Maßnahmen, die wir planen bzw. durchführen, gilt es stets, im Sinne aller Generationen zu handeln.

 

Womit werden Sie sich noch auseinandersetzen müssen/wollen?

Bei dieser Frage denke ich an den Bereich der Klimaresilienz unserer Kommunen. Hier liegen gewaltige Herausforderungen vor uns, die es schnellstens anzugehen gilt. Dabei nenne ich nur die Schlagworte Schwammstadt, Innenstadtbegrünung, angepasstes Bauen und vieles mehr.

Im Hinblick auf die Daseinsvorsorge in öffentlicher Hand, die ich als elementar wichtig erachte, liegt ein zentrales Augenmerk auf unseren Stadtwerken. Als kommunaler Versorger in allen Bereichen durchlaufen wir einen Transformationsprozess, den es erfolgreich zu bestreiten gilt. Nur so können wir unsere Leistungsfähigkeit auch für die Zukunft erhalten.

Darüber hinaus haben wir uns mit einer überbordenden Bürokratie auseinanderzusetzen. Hier müssen wir bei den übergeordneten Ebenen fortlaufend den Finger in die Wunde legen und die Belange der kommunalen Familie deutlich artikulieren.

 

Haben Sie einen wichtigen Ratschlag für junge Kolleginnen und Kollegen?

Bei dieser Frage muss ich ein bisschen schmunzeln, bin ich doch mit meinen 47 Jahren noch immer einer der jüngeren Bürgermeister. Zunächst denke ich, dass es wichtig ist, auch wenn die Aufgabenfülle noch so umfangreich erscheint, Prioritäten zu setzen und sich nicht in unendlichen Konzeptionsphasen zu verlaufen, sondern Projekte stringent „durchzuziehen“ und abzuschließen.

Weiter darf man die so wichtigen freiwilligen Leistungen nicht aus den Augen verlieren. Hierzu gehört die Förderung des Ehrenamtes, das eine der tragenden Säulen unserer Gesellschaft ist. Auch die Unterstützung von Kunst und Kultur ist sicherlich nicht messbar und doch so wichtig für die Lebensqualität vor Ort.

 

Wie beziehen Sie Kolleginnen und Kollegen / Bürgerinnen und Bürger / Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Ihre Arbeit und in Ihre Entscheidungsfindung ein?

Ich bin im ständigen Austausch mit meinen Kolleginnen und Kollegen. Dies geht von der regelmäßigen Abteilungsleiterbesprechung, über den Austausch mit den Stellen im Haus, der Präsenz auf Baustellen, der Teilnahme an gemeinsamen Fortbildungen bis hin zur abteilungsübergreifenden Beteiligung bei den verschiedensten Projekten.

Der interkommunale Austausch sowie der Austausch über die kommunalen Spitzenverbände stellen für mich ebenfalls ein wichtiges Werkzeug in der Bewältigung unserer Herausforderungen dar.

Von zentraler Wichtigkeit ist natürlich der Austausch mit der Bürgerschaft. Hier steht allem voran das persönliche Gespräch gepaart mit der Erreichbarkeit auf den verschiedensten „Kanälen“ (Social Media, Homepage, Gratulationen, offene Bürotür, Präsenz bei Veranstaltungen, etc.).

Hier gilt es dynamisch zu sein um einen schnellen Informationsfluss / Austausch zu gewährleisten. Zudem gilt es die Bürgerschaft wie Interessensgruppen über verschiedene Beteiligungsformen in Projekte einzubinden.

 

Wieviel Einfluss wird die Digitalisierung auf die künftige Kommunalpolitik haben?

Die Digitalisierung wird einen erheblichen Einfluss haben. Prozesse wie auch der Dialog werden sich in vielen Bereichen dynamischer darstellen. Vorgänge werden teils anders / automatisiert bearbeitet werden, wobei es gleichzeitig gilt, die persönliche Ebene bei aller Digitalisierung nie aus den Augen zu verlieren. Das Gewicht, das dem Bereich der IT-Sicherheit zufällt, wird immer größer, gilt es doch hier ein maximales Level sicherzustellen, da ohne eine funktionierende IT-Infrastruktur Kommunen nicht mehr arbeitsfähig sind und ihrem Auftrag nicht nachkommen können.

 

Gibt es ein Lebensmotto, das Sie begleitet?

„Nimm Dich selbst nicht zu wichtig.“

 

Foto © Wolfgang Beißmann

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