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(GZ-18-2024 - 26. September)
Tobias Steinwinter, Erster Bürgermeister der Gemeinde Zöschingen

 

Tobias Steinwinter

Erster Bürgermeister der Gemeinde Zöschingen

Welche Kommune und wie viele Einwohner vertreten Sie?

Ich bin Bürgermeister der Gemeinde Zöschingen, der kleinsten Gemeinde im Landkreis Dillingen mit derzeit 780 Einwohnern.

 

Wann haben Sie Ihr Amt angetreten und sind Sie hauptamtlich oder ehrenamtlich tätig?

Begonnen habe ich am 1. Mai 2014 als damals jüngster Bürgermeister im Landkreis Dillingen. Das Bürgermeisteramt übe ich ehrenamtlich neben meinem Hauptberuf aus.

 

Welchem Beruf sind Sie vor Ihrem Amtsantritt nachgegangen bzw. üben Sie diesen nach wie vor aus?

Beruflich bin ich gelernter Finanzwirt und Verwaltungsfachwirt und arbeite noch immer als Geschäftsleiter in der benachbarten Verwaltungsgemeinschaft in Wittislingen.

 

Was war Ihr persönlicher Anreiz in die Kommunalpolitik zu gehen?

Durch meine damalige berufliche Tätigkeit als Kämmerer war ich schon vorher sehr nahe an der Kommunalpolitik und den aktuellen kommunalpolitischen Herausforderungen dran. Zudem habe ich viele Jahre als Vorsitzender des Feuerwehrvereins ehrenamtlich im örtlichen Vereinswesen mitgewirkt. Über die Frage ob ich mich im Gemeinderat engagieren möchte, kam ich dann in den Gemeinderat.

 

Wie haben Sie sich vorbereitet?

Dadurch, dass ich sozusagen meinen Beruf auch zu meinem „Nebenjob“ gemacht habe, war eine allzu große Vorbereitung nicht nötig. Durch meine vorherige Mitgliedschaft im Gemeinderat war ich auch in den aktuellen Themen schon ziemlich fest eingebunden.

 

Wo lagen bei Ihrem Amtsantritt die Herausforderungen?

Durch Realisierung des damals noch größten Windparks in Bayern war unsere Gemeinde stark gespalten, insbesondere auch im Gemeinderat. Viele notwendige Projekte konnten somit erst gar nicht angestoßen werden. Die Windkraft war damals das alles überlagernde Thema.

Hier galt es einen Weg für die zukünftige Entwicklung der Gemeinde zu finden und alle Akteure wieder zu einigen, damit man gemeinsam die Gemeinde weiterentwickeln kann. Trotz aller politischen (Wind-)Widrigkeiten in der vorherigen Ratsperiode ist es aber auch gelungen, den Weg für die Sanierung unserer Gemeindehalle freizumachen. Dieses Projekt mit einem Gesamtvolumen von rund drei Mio. Euro galt es in meinen ersten Monaten als Bürgermeister baulich umzusetzen. Damals war es das bis dato größte Projekt der Haushaltsgeschichte in der Gemeinde Zöschingen.

 

Welche Themen beschäftigen Sie momentan?

Derzeit sanieren wir unsere Ortsdurchfahrt auf einer Länge von insgesamt zwei Kilometern. Neben der Sanierung der kompletten Wasserleitung in diesem Abschnitt, verlegen wir auch Glasfaserleerrohre mit. Hier hat uns die Telekom sehr stark beschäftigt, da obwohl schon das Rohrmaterial auf die Baustelle geliefert wurde, dem Glasfaserausbau bei offenem Graben eine Absage erteilt wurde. Dies belastet nun unseren Haushalt sehr stark, da wir mit dieser Ausgabe von rund 160.000 Euro nicht gerechnet haben. Auf der anderen Seite schaffen wir es aber aufgrund des neuen Punktsystems des Bundes nicht in die Gigabitrichtlinie 2.0 und somit auch nicht in die bayerische Kofinanzierung. Die Richtlinien sind einfach „kleingemeindebenachteiligend“ ausgestaltet.

Auf der anderen Seite verwirklichen wir derzeit in Zusammenarbeit mit der Fa. GP Joule aus Buttenwiesen ein CO2-neutrales Nahwärmenetz mit Großwärmepumpe und direkt angebundener Freiflächenphotovoltaikanlage. Dazu haben wir unter Beteiligung der Gemeinde die Renergiewerke Zöschingen GmbH gegründet. Eine kommunale Beteiligung war uns von Anfang an wichtig. Wir möchten den Bürgern damit maximale Transparenz und Sicherheit gewährleisten. Denn seit Ausbruch des Ukrainekrieges und der schwierigen bundespolitischen Handhabung dieses Themenfeldes, sind die Bürgerinnen und Bürger sehr sensibel und auch kritisch, was die Auswahl ihres zukünftigen Heizmediums betrifft.

Aber ich denke, dass wir hier eine Vorreiterstellung eingenommen haben und die sogenannte „Wärmewende“ bei uns schon bald Realität ist. Aber auch das Thema Windkraft klopft schon wieder bei uns an. Diese möchten wir möglichst auch noch in die Wärmeversorgung integrieren um zusammen mit der Photovoltaik möglichst autark zu werden, wenn es um unsere Wärmeversorgung geht.

 

Womit werden Sie sich noch auseinandersetzen müssen/wollen?

Es wird wieder das Thema Windkraft sein. Leider hat man es in Zöschingen im Jahre 2012 und davor nicht geschafft eine Wertschöpfung für die Bürgerinnen und Bürger vor Ort zu erreichen. Dies wurde zwar immer wieder in allen „Sonntagsreden“ propagiert, aber angekommen ist bei uns noch kein einziger Cent. Die einzigen, die sich bei uns die Tasche füllen sind die Bay. Staatsforsten und die Investoren. Deshalb kämpfe ich für ein Windenergie-Dividendenmodell nach hessischem Vorbild zusammen mit der Geschäftsstelle des Bay. Gemeindetages.

Denn ich bin als Kreisvorsitzender im Landkreis Dillingen auch im Verband als Sprecher der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister engagiert. Ich bin der festen Überzeugung, dass dieses Modell das einzig richtige im Zusammenspiel Kommunen/Freistaat Bayern sein kann. Denn nicht nur die Staatsforsten, sondern auch die Kommune vor Ort und damit die Bürgerinnen und Bürger sollen partizipieren, wenn die Anlagen schon vor deren Haustür stehen. Hier halte ich die derzeit im Gespräch befindliche Pflicht für 0,2 ct für eine Schattendiskussion. Diese muss nicht als Pflicht eingeführt werden, da sowieso alle Anlagenbetreiber freiwillig diese Leistung anbieten. Herr Aiwanger soll als Aufsichtsratsvorsitzender und stellv. Ministerpräsident, sowie Wirtschaftsminister endlich den Weg frei machen und den Kommunen ein Stück abgeben! Hessen kann es schließlich auch! Man muss das Gesetz nur abschreiben, fertig!

 

Haben Sie einen wichtigen Ratschlag für junge Kolleginnen und Kollegen?

Ich glaube, dass die frühzeitige Einbindung der Gremien und Beteiligten der Schlüssel für eine gute Entwicklung einer Kommune ist. Wir ziehen uns dazu regelmäßig mindestens einmal in der Amtsperiode zu einer Gemeinderatsklausur zurück und legen die Projekte und deren

Prioritäten gemeinsam fest. Damit haben wir einen klaren Weg und wenig Wiederholungsschleifen, die Entscheidungen und Projekte unnötig verzögern können.

 

Wie beziehen Sie Kolleginnen und Kollegen / Bürgerinnen und Bürger / Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Ihre Arbeit und in Ihre Entscheidungsfindung ein?

Überwiegend durch persönliche Gespräche. Da Zöschingen eine sehr kleine Gemeinde ist, ist man auch sehr nahe an den Menschen und auch für die kleinsten Themen immer der direkte Ansprechpartner.

 

Wieviel Einfluss wird die Digitalisierung auf die künftige Kommunalpolitik haben?

Die Digitalisierung ist einer der größten Umbrüche, die wir als Gesellschaft und damit auch als Gemeindevertreter zur begleiten haben. Sie wird uns effektiver und schneller machen, wenn wir auf der anderen Seite aber auch die bürokratischen Hürden nicht weiter nach oben hängen.

Das sehe ich nämlich als große Gefahr bei dem ganzen Thema an. Je mehr die KI und die Digitalisierung zu leisten im Stande ist, umso schneller gibt es jemanden, der die Eckpunkte z.B. einer Förderrichtlinie noch weiter verkompliziert. Rechnet ja schließlich der Computer aus ☺. Nachdem wir alle zudem fortlaufend mit Personalengpässen zu kämpfen haben, kann uns wahrscheinlich auch die Digitalisierung die eine oder andere Aufgabe abnehmen und den Mangel kompensieren.

 

Gibt es ein Lebensmotto, das Sie begleitet?

Frei nach Erich Kästner: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.

Gerade in der Kommunalpolitik muss man, um weiterzukommen, ständig anschieben und ziehen, damit sich etwas bewegen kann.

 

Wie wollen Sie in Erinnerung bleiben?

Durch ein gutes Miteinander und dem stetigen Anpacken der auf uns zukommenden Herausforderungen.

 

Foto © Tobias Steinwinter

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