Aus den Kommunenzurück

(GZ-12-2021)
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► Schnelles Internet:

 

Es hapert ganz beträchtlich

Bieberehren kämpft seit über zehn Jahren für schnelles Internet in seinen Ortsteilen

 

Ob man die Sache wohl diesmal ohne Probleme über die Bühne bringen wird? Wilfried Schindler ist skeptisch. Seit über zehn Jahren kämpft der Zweite Bürgermeister von Bieberehren bei Würzburg um schnelles Internet für die beiden abseits gelegenen Ortsteile Klingen und Buch. Dort ist die Telekommunikations-Infrastruktur „desaströs“, sagt er. Anfang April entschied der Gemeinderat, in das Ausbauverfahren einzusteigen. Schindler allerdings bleibt skeptisch, ob es diesmal endlich mit dem Ausbau klappt.

Wilfried Schindler ist als Zweiter Bürgermeister von Bieberehren verantwortlich für den Breitband- und Mobilfunkausbau vor Ort. Bild: privat
Wilfried Schindler ist als Zweiter Bürgermeister von Bieberehren verantwortlich für den Breitband- und Mobilfunkausbau vor Ort. Bild: privat

Wilfried Schindler ist seit seinem Amtsantritt vor sieben Jahren für den Internetausbau in Bieberehren zuständig.

„Im besten Fall könnte es nun endlich im Herbst mit der Glasfaserverlegung losgehen“, betont der Informatiker. Skeptisch bleibt er, ob dies wirklich geschieht, da alle bisherigen Initiativen gescheitert sind. Zweimal wehrte sich der örtliche Funknetzanbieter, der die Hoheit über die Kabel hat, gegen Bauprojekte.

„Es könnte auch wieder so sein, dass wir kein Angebot von Telekommunikationsanbietern für den Ausbau bekommen“, so Schindler. Der neuerliche Vorstoß könnte schließlich am Geld scheitern. Denn die Fördermittel reichen nach Schätzung der Gemeinde wohl nicht aus.

Großer Unmut

Dass sich die Angelegenheit nun schon so lange hinzieht, sorgt für gewaltigen Unmut in Buch und Klingen. Die Bürger wollen endlich schnelles Internet haben. „Wir haben hier Schüler, die in Nachbardörfer ausweichen müssen, um ihre Hausaufgaben zu erledigen“, schildert Schindler. Studierende geraten bei virtuellen Prüfungen in die Bredouille. Denn sowie die Prüfungssitzung durch einen Internetausfall unterbrochen wird, gelten sie als sie durch die Klausur gefallen. Was nachvollziehbar ist, da Hochschulen Betrug verhindern wollen.

Ausbaupläne forcieren

Von zuhause aus zu arbeiten, ist in den betroffenen Ortsteilen auch nicht immer möglich, sagt Schindler:

„Unsere Bürger können kein ordentliches Homeoffice machen.“ Der Bürgermeister und seine Mitstreiter in der Gemeinde setzen deshalb alles daran, die Ausbaupläne voranzutreiben. Ob das Projekt finanziell zu stemmen sein wird, ist für Schindler allerdings zu bezweifeln. Wie aus einem Schreiben des Finanzministeriums hervorgeht, würde jeder Anschluss in den unterversorgten Gemeindeteilen mit 15.000 Euro gefördert. Bei 92 Haushalten würden Fördermittel in Höhe von knapp 1,4 Millionen Euro fließen: „Wir gehen davon aus, dass die Baukosten weit darüber liegen.“

Immerhin konnte sich der Gemeinderat jüngst zu dem Entschluss durchringen, den Ausbau für Buch und Klingen auszuschreiben, da die neue Markterkundung abgeschlossen ist. Die Bauzeit wird nach Rücksprache mit einem Telekommunikationsunternehmen, das für den Ausbau in Frage käme, wohl vier Jahren dauern. Sind die Pläne mit der Bayerischen Gigabit-Richtlinie nicht zu realisieren, muss die Gemeinde auf die Gigabit-Richtlinie des Bundes warten. Dann könnten sich die Ausbaupläne noch weiter verzögern.

Die neuen Bestimmungen des Bundes werden wohl im Frühjahr 2022 wirksam, was bei einer Bauzeit von vier Jahren bedeuten würde, dass Bieberehren erst Anfang 2026 über Glasfaser verfügen wird. „Mit der neuen Richtlinie kämen wir jedoch finanziell auf alle Fälle hin“, meint der Würzburger Breitbandexperte Joachim Först, der Bieberehren berät. Lieber wäre auch ihm, könnte die Bayerische Richtlinie angewandt werden, da die Bürger in Buch und Klingen nicht länger warten wollen. Derzeit leben sie laut Bürgermeister Schindler mit einer Internetgeschwindigkeit, die bei zwei bis vier Megabit liegt. Auch mit der „Performance“ liege es im Argen: „Oft fällt das Internet aus.“

Schindler bedauert, dass keine offizielle Stelle ein Einsehen hat, was die Probleme in Bieberehren betrifft:

„Wir fühlen uns verlassen.“ Eine Aussage, die Matthias Stolz vom Landesamt für Digitalisierung nicht nachvollziehen kann. „Der Breitbandausbau im Freistaat läuft auf Hochtouren“, versichert er. Und fügt hinzu: „Es ist das erfolgreichste Infrastrukturprojekt der letzten Jahre in Bayern.“ Dank staatlicher Förderung seien inzwischen über 55.000 Kilometer neue Glasfaserleitungen im Freistaat verlegt worden. In ländlichen Gemeinden habe sich die Versorgung seit 2013 von 27 Prozent der Haushalte auf 92 Prozent verbessert: „Das ist der Topwert deutschlandweit.“

Alle Beteiligten müssen an einem Strang ziehen

Der Freistaat werde sein Versprechen halten, alle Bürger bestmöglich zu versorgen. Um das Ziel einer schnellen Internetversorgung zu erreichen, müssten jedoch alle Beteiligten an einem Strang ziehen: „Netzbetreiber, Kommunen, Freistaat und Bund.“

Der Gigabitrichtlinie zufolge müssen Rückmeldungen von Netzbetreibern zur Breitbandversorgung nur dann von der Gemeinde im Förderprozess berücksichtigt werden, wenn nachgewiesen wird, welche Bandbreiten zuverlässig angeboten werden.

In Kürze werde Bayern flächendeckend mit schnellem Internet versorgt sein, heißt es vom Landesamt. „Nach Abschluss aller laufenden Projekte werden über 99 Prozent der Haushalte mit schnellem Internet surfen können“, versichert Stolz. Kein anderes Bundesland unterstütze seine Kommunen so kraftvoll beim Ausbau der digitalen Infrastruktur.

Just in Bieberehren scheint es aus unerklärlichen Gründen nicht vorwärts zu gehen. Doch vielleicht tut sich nun endlich was, meint Joachim Först, von dessen Büro 150 Gemeinden in Bayern betreut werden und das auch das Markterkundungsverfahren für Bieberehren durchgeführt hat. Die Ortsteile Buch und Klingen seien jetzt auf jeden Fall förderfähig:

„Wir gehen davon aus, dass wir diesmal im Rahmen des Verfahrens Angebote von Netzbetreibern für den Ausbau bekommen werden.“ Das sei beim letzten Mal, als die Gemeinde im Förderprogramm war, anders gewesen. Zu hoffen bleibe, dass die Angebote günstig sind. So dass die Maßnahme auch finanziert werden kann.

Pat Christ


TV-Beitrag von TV-Bayern.

 

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