Aus den Kommunenzurück

(GZ-1/2-2022)
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► Enormer Qualitätsverlust:

 

Viele „Freie“ sprangen ab

Lockdowns ließen den Pool an Museumspädagogen in Bayern deutlich schrumpfen

Inzwischen ist es so, dass Museen von Glück reden können, wenn sie noch Museumspädagoginnen und -pädagogen zur Verfügung haben. Aufgrund der Lockdowns letztes Jahr haben sich viele museumspädagogische Fachkräfte beruflich umorientiert. Das ist in ganz Bayern so, sagt Petra Maidt, stellvertretende Vorsitzende des Landesverbands Museumspädagogik. Der Würzburgerin zufolge bedeutet dies für Museen einen „enormen Qualitätsverlust“.

Für Petra Maidt war es ein Fehler, dass im Lockdown ausnahmslos alle Museen geschlossen wurden. Zumindest bei größeren Museen wäre dies nicht notwendig gewesen: „Denn dort gibt es ausreichend große Räume.“ Man hätte durchaus einzelne Besucher durch diese Räume streifen lassen können. Sicher wäre es für kleine Museen schwierig gewesen, die Hygienemaßnahmen umzusetzen. Doch das rechtfertigt nach Petra Maidts Ansicht keine pauschalen Schließungen. Wie fatal die gewesen sind, stellt sich jetzt erst heraus: Die in den meisten Museen auf freiberuflicher Basis tätigen Museumspädagoginnen gingen. Und fehlen nun an allen Ecken und Enden.

Endlich feste Arbeitsverträge

In existenzieller Hinsicht ist es prinzipiell eine heikle Sache, freiberuflich tätig zu sein. Doch Männer und Frauen, die es lieben, Besucher auf eine spannende Reise durchs Museum mitzunehmen, haben meist keine Wahl. „Es gibt bayernweit nur wenige festangestellte Museumspädagogen“, sagt Petra Maidt. Rund 80 Prozent der Vermittlungsarbeit im Museum wurde bisher durch freie Mitarbeiter geleistet. Vor dem Hintergrund der Corona-Krise plädiert die Lehrbeauftragte an der Uni Würzburg dafür, endlich feste Arbeitsverträge zu schaffen.

Noch ein Zweites wäre laut der Expertin für museologische Fragen wichtig: Der Museumsbesuch müsste im Lehrplan verankert werden. „Damit würden Museen endlich als wichtige Bildungsorte anerkannt“, sagt sie. Vor allem im Geschichtsunterricht könnten Schüler enorm von einem Besuch im Museum profitieren: „Dort sehen sie die authentischen Objekte.“ Aber auch der Kunst- oder Biologieunterricht würde durch einen Museumsbesuch bereichert. Natürlich sei es auch jetzt schon jedem Lehrer unbenommen, im Rahmen seines Unterrichts ein Museum zu besuchen: „Doch ob das geschieht, hängt im Moment eben noch allein von der jeweiligen Lehrkraft ab.“

Dank der Möglichkeiten der IT wurde auch in den Phasen des Lockdowns zumindest in reduziertem Umfang museale Vermittlungsarbeit geleistet. „Hier ist viel Gutes entstanden, auf das man aufbauen kann“, bestätigt Petra Maidt. Doch der große Schatz, den Museen hätten und den sie auch nicht aufgeben wollten, seien die authentischen Objekte: „Und die wirken nun mal, schaut man sie sich vor Ort an, wesentlich wahrhaftiger als über digitale Formate.“ Vor allem Geschichte könne nur „wirklich und wahrhaftig“ erlebt werden, wenn das jeweilige Objekt, das sich zum Beispiel aus der Antike erhalten hat, direkt betrachtet werden könne.

Dass Vermittlungsexperten in der Museumslandschaft derzeit dünn gesät sind, macht es auch schwierig, ein neues Ziel der Museumspädagogik in Bayern umzusetzen. „Bildung für nachhaltige Entwicklung soll in Museen verstärkt Einzug halten“, erläutert Petra Maidt. Als Einrichtungen hätten Museen längst damit begonnen, sich nachhaltiger aufzustellen: „Das betrifft zum Beispiel die Frage, ob es so viele Leihgaben wie bisher geben muss.“ Schließlich belasten die Transporte die Umwelt. Im Museum könne aber auch aufgezeigt werden, wie unselbstverständlich unser moderner Lebensstil ist. Besonders kulturhistorische Museen seien hierfür gut geeignet.

Ressourceneinsatz in früheren Zeiten

Weil es dieser Tage auch der Job von Museumsmitarbeitern ist, sich um das Thema „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ zu kümmern, bietet Petra Maidt derzeit hierzu ein Seminar für angehende Museologinnen und Lehrerinnen in Würzburg an. In Freilandmuseen, erklärt sie, kann zum Beispiel sehr gut veranschaulicht werden, wie Menschen früher mit Ressourcen umgingen. Also welche Materialien sie zum Beispiel auf welche Weise verwendet haben, um Häuser zu bauen. Ein niederländisches Seestück im Martin-von-Wagner-Museum der Uni Würzburg eignet sich dazu, mit Kindern über die Verschmutzung unserer Meere nachzudenken.

Insgesamt zwölf Studentinnen entwickeln gerade auf dem Würzburger Campus unter Petra Maidts Leitung ein Bildungsprogramm zur Vermittlung der globalen Nachhaltigkeitsziele. Petra Maidt freut sich sehr, dass es nach zwei digitalen Semestern wieder möglich ist, ein Präsenzseminar in der Museologie anzubieten. Wünschenswert wäre, könnten die Studentinnen, wie das auch in früheren Seminaren immer der Fall gewesen war, das, was sie erarbeitet haben, am Ende mit einer Schulklasse ausprobieren. Aufgrund der aktuellen Situation ist dies jedoch fraglich. Die Abschlusspräsentation der Ergebnisse ist für den 3. Februar geplant.

Pat Christ

 

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