(GZ-5-2022) |
► Inklusion: |
Geballte Infos
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Behindertenbeauftragte aus Main-Spessart erstellt alle zwei Monate einen Newsletter |
Sie war auf die Rückmeldungen neugierig. Und freute sich sehr: Elena Reinhards Newsletter hatte nach nur einem Monat bereits 125 Abonnenten. „Zur Idee, den Newsletter herauszubringen, kam es, weil bei mir sehr viele Informationen eintrudeln“, erzählt die kommunale Behindertenbeauftragte des Landkreises Main-Spessart. In Kürze wird das Info-Bündel rund um die Themen „Inklusion“ und „Teilhabe“ zum zweiten Mal erscheinen. Ab 2022 soll es den Newsletter alle zwei Monate geben. Dass das letzte Quartal des Jahres wieder massive Corona-Turbulenzen beschert hat, brachte viele Newsletter-Schreiber in die Bredouille: Kaum war eine Veranstaltung angekündigt, musste sie auch schon wieder gecancelt werden. Diesen Umstand hatte Elena Reinhard in ihrem ersten Newsletter, der im November 2021 erschien, allerdings bereits berücksichtigt. „Er enthielt keine aktuellen Veranstaltungen, sondern nur solche, die bereits stattgefunden haben und nun noch per Video angesehen werden können“, berichtet sie. So gab es einen Link zum Bayerischen Digitalgipfel „Code Bavaria 2021“, der letztes Jahr im Oktober hybrid organisiert wurde. Nach Ansicht von Betroffenen kommt Inklusion nur im Schneckentempo voran. Nach wie vor stoßen Menschen, die ein Handicap haben, in ihrem Alltag auf viele Barrieren. Elena Reinhard kann die Klagen verstehen. Inklusion sei ein Marathon, kein Sprint, meint sie: „Wobei wir auf einem guten Weg sind.“ In ihrem Newsletter listet sie Fortschritte auf. So setzte zum Beispiel der Landkreis Main-Spessart seine Internetseite in leichte Sprache um. Dadurch können sich Menschen mit kognitivem Handicap nun besser informieren. Im November-Newsletter wurde auf die entsprechende Seite verwiesen. Licht ins Paragraphendickicht zu bringen, ist ein weiteres Ziel von Elena Reinhard. Gerade das Bundesteilhabegesetz ist so komplex, dass auch Fachleute nicht alles verstehen. Das Arbeitsrecht hat es ebenfalls in sich. Wie verhält es sich zum Beispiel bei einer psychischen Erkrankung? Was darf der Arbeitgeber fragen? Auch hierum ging es im ersten Newsletter, der sowohl von Privatpersonen als auch von Fachleuten, Vereinen, Institutionen und Organisationen aus Main-Spessart bezogen wird. Arbeitgeber, wurde erläutert, dürfen grundsätzlich nicht nach einer psychischen Erkrankung fragen. Nicht im Bewerbungsgespräch. Und auch nicht während des Arbeitsverhältnisses. Viele Menschen mit Behinderung würden zumindest gern einen Teilzeitjob haben, weiß Elena Reinhard aus ihren Beratungsgesprächen. „Niemand möchte zu Hause hocken, jeder sehnt sich nach einem Beruf, der Freude macht“, so die Behindertenbeauftragte. Auch hier geschah einiges, um den Einstieg in die Arbeitswelt zu erleichtern. Der erste Newsletter informierte zum Beispiel über das „Budget für Arbeit“. Dieses Förderinstrument richtet sich an Personen mit einem Handicap, die klassischerweise in einer Werkstatt für behinderte Menschen beschäftigt sind. Durch das „Budget für Arbeit“ können sich die Betreffenden eine Alternative auf dem regulären Arbeitsmarkt auftun. Inklusion ist oberstes Gebot Inklusion ist in unserer Gesellschaft seit über zehn Jahren oberstes Gebot. Grundlage ist die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen. Damit wir eine wirklich inklusive Gesellschaft werden, muss jedoch noch einiges geschehen, sagt Elena Reinhard. Schwierig zum Beispiel ist es nach ihren Worten für behinderte Menschen, die Pflege benötigen, ambulant zu wohnen. Es mangelt an barrierefreien sowie an rollstuhlgerechten Wohnungen. Und es mangelt an persönlicher Assistenz, die vonnöten ist, damit ein Mensch selbst mit gravierenden Beeinträchtigungen eigenständig und selbstbestimmt leben kann. Hierauf wird einer der nächsten Newsletter eingehen. Die Unerschöpflichkeit des Themas „Inklusion“ sorgt dafür, dass Elena Reinhard der Stoff für ihre Newsletter nicht ausgehen wird. Im Gegenteil: Es gibt ständig so viel Neues, dass sie sorgfältig auswählen muss. Schließlich möchte niemand von einem Newsletter „erschlagen“ werden. Im Januar soll es um die Themen „Arbeit“ und „Steuern“ gehen, der März-Newsletter steht wahrscheinlich unter dem Thema „Freizeit“. Spannend ist dieses Thema dadurch, dass es hier sehr widersprüchliche Interessen gibt. Die einen wünschen sich inklusive Angebote. Die anderen wollen neue Angebote für bestimmte Personengruppen: „Zum Beispiel für Kinder mit psychischer Beeinträchtigung.“ Wie es ist, ein wenig „anders“ zu sein, das weiß im Übrigen niemand besser als Elena Reinhard: Die Verwaltungsbeamtin wurde im russischen Gmelinka geboren, wo sie auch neun Jahre lebte. „Als Deutsche waren wir in Russland nicht wirklich akzeptiert. Als wir hierherkamen, stießen wir anfangs als ‚Russen‘ nicht immer auf Akzeptanz“, schildert sie. Das liegt lange zurück: „Und bei mir klappte es auch rasch mit der Integration.“ Dennoch: Die Erfahrung, ausgegrenzt zu sein, nicht wirklich dazuzugehören, prägt. Menschen mit Behinderung, die sich von Elena Reinhard beraten lassen, schwärmen denn oft von der Empathie, mit der die 36-Jährige auf sie eingeht. |
Pat Christ
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