(GZ-9-2022) |
► Bezirk Niederbayern: |
Ein „faules Ei“ im Osterpaket |
Bezirkstagspräsident kritisiert Gesetzentwurf der Bundesregierung beim Thema Wasserkraft |
Die Große Ohe entspringt am Fuße des Rachel im Bayerischen Wald und mündet in die Ilz. Entlang des Baches werden zehn kleine Wasserkraftwerke betrieben, zum Teil seit 150 Jahren. Laut Landesamt für Umwelt (LfU) wird der aktuelle ökologische Zustand des Gewässers mit der Bestnote „sehr gut“ bezeichnet, genauso vergaben die Experten vom LfU die beste Bewertung bei Hydromorphologie oder Fischfauna. „Gleichzeitig heißt es im Gesetzentwurf der Bundesregierung, im sogenannten „Osterpaket“ von Bundeswirtschaftsminister Habeck, dass „kleine Wasserkraftanlagen mit einer Leistung bis 500 kW aus ökologischen Gründen und wegen ihrer besonderen gewässerökologischen Auswirkungen künftig nicht mehr gefördert“ werden. Sie würden also für den erzeugten und ins Netz eingespeisten Strom keine Vergütung mehr bekommen. „Wir sind eine anlagenintensive Branche mit Investitionen im fünf- bis sechsstelligen Bereich. Keiner der Anlagenbetreiber könnte sich Reparaturen von Maschinen oder den Kauf neuer Generatoren oder Turbinen mehr leisten, das wäre das Aus für diese Anlagen“, sagt Klaus Schuster, Aufsichtsratsvorsitzender des Landesverbandes Bayerischer Wasserkraftwerke eG. Im Energieatlas Bayern www.energieatlas.bayern.de) kann jeder nachlesen, wie viele Anlagen wie viel Strom erzeugen. Rund 4.200 sind es in Bayern derzeit, die den Strom für 3,3 Millionen Haushalte produzieren. 90 Prozent der Anlagen fallen unter die 500-kW-Grenze und würden dementsprechend wegfallen. Auch fast alle im Bayerischen Wald, wo es aus topografischen und historischen Gründen viele Kleinanlagen gibt. Allein die Gemeinde Spiegelau wird zu 30 Prozent von den zwei Kleinanlagen versorgt, die Klaus Schuster hier betreibt. In der Kreisstadt Freyung mit ihren großen Industriebetrieben sind es sogar über 80 Prozent des Stroms, der aus Wasserkraft gewonnen wird. „Der Passus zur Wasserkraft ist ein faules Ei in diesem Osterpaket“, sagt Spiegelaus Bürgermeister Karlheinz Roth und kritisiert offen die Unsinnigkeit der „Rasenmähermethode“, alles in Deutschland zentral zu steuern. „Wir haben vor Ort schon viel in Sachen Energiewende erreicht. Nun wird das von Berlin aus systematisch kaputtgemacht.“ Wenn ein Bürgermeister ausdrücklich wünscht, so zitiert zu werden, dann ist es ihm ernst. Wasserkraft und Fischfauna im Einklang Gleiches gilt auch für den niederbayerischen Bezirkstagspräsidenten Dr. Olaf Heinrich, der seit Jahren für eine höhere politische Akzeptanz von Wasserkraft wirbt und sich von der aktuellen Situation trotz aller Dramatik in der Ukraine in Sachen Energiewende eigentlich eine Verbesserung erhofft hatte. „Was wir jetzt sehen, ist hingegen eine völlige Fehlentwicklung“, sagt Heinrich, der ansonsten die aktuelle Arbeit von Robert Habeck „respektiert“. Die Diskussion um Wasserkraft sei aus seiner Sicht hingegen „ganz offensichtlich ideologiegetrieben“ – denn wer sich solche Beispiele wie hier ansieht, erkenne sofort, dass sich Wasserkraft und Fischfauna sehr wohl in Einklang bringen lassen. „Die Energieversorgung der Zukunft wird ein Mosaik werden müssen, bei dem gerade die dezentralen, kleinen Anlagen vor Ort eine große Rolle spielen. Zum einen entlasten sie das Hauptsystem, zum anderen wird es ohnehin viele Jahre dauern, um den Netzausbau in der Dimension, wie wir in brauchen, überhaupt realisieren zu können. Und zum dritten sollte man doch immer das vor Ort nutzen, was da ist – und das ist nun mal gerade im Bayerischen Wald seit über 100 Jahren die Wasserkraft.“ Karlheinz Roth sieht in den neuen Realitäten für die Politik auch die Pflicht, neu abzuwägen. Denn die Transformation des Energiesektors sei eine wirtschaftliche, aber auch eine große soziale Herausforderung. Nun gilt es für Roth und Heinrich, weitere „vernünftige Leute in der Politik“ parteiübergreifend zu überzeugen, dass dieser Passus im neuen Erneuerbare-Energien-Gesetz gestrichen wird. „Es funktioniert einfach nicht, alles immer von oben für alle gleichermaßen zu regeln. Wir brauchen vor Ort die Flexibilität, die für die enormen Herausforderungen notwendig ist“, so Heinrich. Das Beispiel Große Ohe gibt ihm recht: „Daran erkennt man bestens, dass aus ökologischer Sicht per se nichts gegen die Wasserkraft spricht. Es gibt sehr viele Positivbeispiele und deren Betrieb nun bewusst einzustellen, wäre ein sehr großer Fehler.“ |
ml
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