Aus den Kommunenzurück

(GZ-15/16-2022)
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► Schulen der Dorf- und Landentwicklung:

 

Eine Aufgabe – drei Standorte

30jähriges Bestehen mit Festakt im Kloster Thierhaupten gefeiert

Die Flurbereinigung war Ausgangspunkt auf dem Weg zur Beteiligung aller Bürgerinnen und Bürger an der Entwicklung Ihrer Orte und Landschaften. Aus diesem Gedanken wurden – als Weiterbildungsstätten für den ländlichen Raum – die Schulen der Dorf- und Landentwicklung (SDL) geboren. Deren Aufgabe heißt, Kommunalentwicklung verstehbar zu machen.

V.l.: Gerlinde Augustin mit Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber. Bild: SDL
V.l.: Gerlinde Augustin mit Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber. Bild: SDL

Das Ziel dieser Bildungseinrichtungen war – und ist heute noch unvermindert – die Gemeinde-, Ländliche und Regionalentwicklung gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern erfolgreich zu gestalten. Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber betonte in ihrer Rede, dass es ein klares Ziel sei, „die Köpfe und Herzen der Menschen im ländlichen Raum zu erreichen, um sie zu bewegen, etwas für ihre Heimat zu tun.“ Selbstverständlich sei – so die Ministerin – gar nichts mehr. Die letzten Ereignisse und Krisen hätten dies gezeigt und die wirkten wie Brenngläser und daher müsse man die notwendigen Veränderungsprozesse schnellst möglich angehen. Die Ministerin führte aus, dass es an der Zeit sei, eine Ressource besonders zu stärken: „Die Fähigkeit, im Interesse eines gesellschaftlichen Grundkonsenses Kompromisse einzugehen. Das ist doch die unverzichtbare Basis unseres demokratischen Systems.“ Deshalb sei die Diskussionskultur so notwendig, die durch die SDLs gestärkt würde.

Entscheidungskultur ganz oben auf der Agenda

Holger Magel, der als Antreiber der ländlichen Strukturentwicklung gilt, sieht die Aufgabe ziemlich ähnlich: „Es geht um Werte- und Gedächtniskultur, Partizipations-, Planungs- und Entscheidungskultur, Baukultur, Landschaftskultur, Sozialkultur, Kommunikationskulturen etc. – denn Dorf- und Gemeindeentwicklung ist ein zutiefst gesamtkultureller Vorgang.“ Die Arbeit der SDLs sieht der schwäbische Bezirkstagspräsident Martin Sailer ebenfalls grundlegend: „Gerade in dieser komplexer werdenden Zeit mit ihren vielen Widersprüchen, Krisen und Veränderungen bietet die SDL Raum und Rahmen um Bürger und Kommunalpolitiker zu befähigen, die notwendigen Entwicklungs- und Entscheidungsprozesse kompetent zu gestalten. Themen werden durchleuchtet, Missverständnisse geklärt, sachliche und persönliche Standpunkte entknotet. Demokratie wird dadurch erlebbar und gestaltbar.“

Alle Aktiven sind sich einig: Es ist eine Kernaufgabe, dafür zu sorgen, dass gewählte Entscheider – aber auch die Bürger allgemein – Zusammenhänge der ländlichen Entwicklung, der Entwicklung von Lebensräumen, kennen und Kompetenz dazu aufbauen. Bürger*innen müssen ihre eigenen Anteil an der Verantwortung wahrnehmen und sich mit der Frage beschäftigen, wie ihre Umgebung und das gemeinschaftliche Leben aussehen soll. Und sie sollen wissen, wie Entscheidungen fallen und welche Kriterien dafür herangezogen werden.

Steuernde Einrichtungen für ländliche Gebiete

Hier greifen die SDLs ein. Die Bereiche, die durch Fachseminare, durch Moderationen und Workshops abgedeckt werden, entwickeln sich stetig weiter. „Die SDL Thierhaupten trägt die Handschrift von Gerlinde Augustin“, betonte Martin Sailer. Die langjährige Leiterin gilt als herausragende Themenfinderin, die auch die Finanzen im Blick hat. Das muss sie auch, denn die meisten Veranstaltungen der SDL werden zwar mit bis zu 70 Prozent über Landesmittel gefördert, die restlichen 30 Prozent generieren die Schulen jedoch über Teilnahmegebühren und aus Mitteln der Bezirke. In den vergangenen 30 Jahren organisierten die drei SDLs über 4.000 Veranstaltungen mit insgesamt 90.000 Teilnehmern. Gut die Hälfte davon generierte die Thierhauptener Einrichtung.

„Wir werden weiterhin bedarfsorientierte Angebote entwickeln“, sagt Gerlinde Augustin am Rande der Jubiläumsfeier. „Wir bilden Kommunalpolitiker fachlich weiter, mit Themen wie Innen- und Ortentwicklung, Nahversorgung, Mobilität, Demographie und soziale Themen wie Nachbarschaftshilfe , Biodiversität und dezentralen Energiekonzept. Auch den Bereich Öffentlichkeitsarbeit für ländliche Kommunen bilden wir ab. Wir stärken und entwickeln neben fachlichen auch persönliche Kompetenzen der Kommunalpolitiker*innen in den Bereichen Führung sowie Konflikt und Changemanagement. Für politisch engagierte Frauen hat die SDL ein eigens konzipiertes Angebot. Wir wollen einfach das Feuer weitertragen!“

Neue Herausforderungen erfordern gute Angebote

Auch die SDL Plankstetten hat ihr Angebot permanent ausgeweitet. Im Januar 2007 vollzog sie die Wandlung zur „School of Good Governance“. Damit sollte die Qualifizierung von Politik und Verwaltung stärker in den Vordergrund rücken. Dr. Hans Rosenbeck leitet die SDL seit 1991: „Auch in Zukunft wird die SDL Plankstetten mit ihren Qualifizierungsangeboten einen Beitrag zu einer guten Politik und zu gutem Verwaltungshandeln leisten. Darüber hinaus natürlich auch neue Themen und Fragestellungen in der Dorf- und Landentwicklung aufgreifen und an der Entwicklung von Lösungen mitwirken. Einfach gesagt, wird unsere SDL weiterhin eine Bürgerbeteiligungs- und Diskussionsplattform für eine gemeinwohlorientierte Gestaltung der Dorf- und Landentwicklung sein.“

Für die SDLs gilt, was für jedes Unternehmen gilt: Die personelle Ausstattung muss auf Dauer gesichert sein, denn je konzentrierter sich die handelnden Personen ihrer Aufgabe widmen können, desto mehr Durchschlagskraft entwickelt deren Arbeit. In einem Punkt sind sich alle einig: Die SDLs haben einen überragend wichtigen Bildungsauftrag. Sie sind Garant für eine ländliche Gesellschaft, die sich stabil entwickelt. Deshalb brauchen die SDLs eine stabile personelle und finanzielle Ausstattung.

Historischer Exkurs

1991 gründete der damalige Berchinger Bürgermeister Albert Löhner im Kloster Plankstetten die erste „Schule der Dorf- und Landentwicklung“, die im September 1992 die Arbeit aufnahm. Er hatte engagierte Mitstreiter*innen, die fachlich und politisch großen Einfluss nahmen. Prof. Holger Magel, Stadtbaurätin Gabriele von Grunelius-Ishak, Abt Domenikus Madlener und viele mehr unterstützten mit Fachkompetenz und Durchsetzungsvermögen.

Das Einzugsgebiet für diese ungewöhnliche „Schule“ ergab sich aus dem Standort. Hier sollten sich Bürgermeister, Funktionsträgerinnen und die Bürgerschaft aus Niederbayern und der Oberpfalz treffen. Im gleichen Jahr noch wurde die Basis für die fränkische SDL in Klosterlangheim gelegt, die im Mai 1994 den Betrieb aufnahm.

Die SDL Thierhaupten, die bis heute den oberbayrisch-schwäbischen Einzugsbereich abdeckt, legte einen Schnellstart hin und begann mit ersten Veranstaltungen im Juli 1993. Der damalige Bezirkstagspräsident Georg Simnacher und Staatssekretär Josef Miller waren gemeinsam mit dem damaligen Thierhauptener Bürgermeister Fritz Hölzl die Ziehväter dieser Einrichtung.

Gisela Goblirsch

 

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