(GZ-20-2024 - 24. Oktober) |
► 5. Wasserkraftseminar am TUMCS in Straubing: |
Unverzichtbare Energiequelle |
Besichtigung der revitalisierten Ruselkraftwerke |
Am 1. Oktober 2024 kamen mittlerweile zum fünften Mal Fachleute der Wasserkraftbranche und Vertreter der Wissenschaft am TUM Campus in Straubing zusammen, um sich über aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen der Wasserkraftnutzung auszutauschen. Den Auftakt des diesjährigen VWB und LVBW-Wasserkraftseminars bildete eine exklusive Besichtigung der revitalisierten Ruselkraftwerke in Deggendorf, die unter der Leitung von Thomas Grimmer organisiert wurde.
Referenten des Wasserkraftseminars. Bild: Landesverband Bayerische Wasserkraftwerke eG
Die Besichtigung der Ruselkraftwerke bot den Teilnehmern beeindruckende Einblicke in die umfassenden Modernisierungsmaßnahmen, die zwischen 2019 und 2022 an diesem Standort durchgeführt wurden. Der aus insgesamt sechs Turbinen, zwei Hochspeichern und einem Unterbecken bestehende Kraftwerksverbund wurde in Zusammenarbeit mit erfahrenen Kraftwerksfirmen in elektro- und leittechnischer, sowie maschinenbaulicher Hinsicht an moderne Standards angepasst. Von den Turbinen, Generatoren, den vielen Wasserfassungen, der Eigenbedarfsverteilung über die Maschinenautomatisierung und Leittechnik bis hin zur Erregungs- und Schutztechnik wurden die von der Eurowatt GmbH betriebenen Speicher- und Laufkraftwerke umfassend erneuert und modernisiert.
Im Anschluss an die Besichtigung startete das 5. VWB und LVBW-Wasserkraftseminar am TUM Campus in Straubing erneut mit vielfältigen und aktuellen Vorträgen der Wasserkraftbranche. Prof. Dr. Josef Kainz, Professor für Energietechnik der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf und Dr. Josef Rampl, Sprecher der bayerischen Wasserkraftverbände, eröffneten das Seminar.
Thomas Grimmer präsentierte einen Erfahrungsbericht über die erfolgreiche Revitalisierung der Ruselkraftwerke und hob die positiven Auswirkungen der Modernisierung hervor. Diese umfassen eine gesteigerte Energieeffizienz und eine nachhaltigere Stromproduktion aus Wasserkraft.
Unverzichtbarer Bestandteil der Energieinfrastruktur
Otto Mitterfelner bot einen umfassenden Überblick über die Fähigkeiten und Stärken der Wasserkraft. Er stellte dar, dass Wasserkraft nicht nur zur Stromerzeugung beiträgt, sondern auch wichtige Funktionen zur Systemsicherheit des Stromnetzes übernehmen kann. Als unverzichtbare Aspekte sind hier beispielsweise der Beitrag zur Spannungsqualität, die Bereitstellung von Regelleistung, Momentanreserve, Schwarzstartfähigkeit und Inselbetrieb zu nennen. Nicht zu vergessen ist die Unterstützung zur Hochwasserentlastung, die Schaffung von Rückzugsbereichen für Fische bei Trockenheit sowie die Stabilisierung des Grundwassers. Ein sehr aktuelles Thema, die Aquathermie, die Nutzung der Wärme aus fließenden Gewässern, ist ebenfalls zu nennen. Diese Fähigkeiten machen die Wasserkraft zu einem wertvollen und unverzichtbaren Bestandteil der Energieinfrastruktur.
Ökologie und die Wasserrahmenrichtlinie
Reinhard Moosdorf setzte sich intensiv mit der Umsetzung und Anwendung der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) auseinander. Diese Richtlinie bildet eine zentrale Grundlage für den Schutz und die Bewirtschaftung von Gewässern in Europa. Eine wesentliche Grundlage dieser Richtlinie ist die Unterscheidung zwischen chemischen und ökologischen Maßnahmen, die beide gleichermaßen berücksichtigt werden müssen. Die Bedeutung der WRRL steht außer Frage, allerdings stellen sich immer wieder Fragen zur Einordnung der Gewässer. Die Einstufung in die Kategorien „naturnah“ oder „erheblich verändert“ hat erhebliche Auswirkungen auf die Maßnahmen, die in den Umsetzungskonzepten vorzusehen sind. Eine fehlerhafte Einstufung kann weitreichende Konsequenzen für die Auflagen und Richtlinien zur Gewässerbewirtschaftung haben und führt bei Wasserkraftanlagen zu unverhältnismäßigen Vorgaben und unter Umständen auch zur Stilllegung oder zum Schließen eines Kraftwerks.
Als weiteres Problem zeigte er auf, dass die isolierte Betrachtung der chemischen Belastung von Gewässern zu einem einseitigen Fokus auf die Durchgängigkeit als Hauptursache für den schlechten Zustand vieler Gewässer führt. Eine umfassendere und differenzierte Betrachtung der verschiedenen Belastungsquellen ist daher notwendig, um nachhaltige Lösungen für die Verbesserung des ökologischen Zustands unserer Gewässer zu finden.
Neue Themen in der Wasserkraft
Christoph Winkler und Tobias Hoder erläuterten an praktischen Beispielen, wie Flusswasser aus dem Inn zur energieeffizienten Bereitstellung von Kälte und Wärme genutzt werden kann. Die beiden Studenten Niklas Niedermaier und Simon Rödl stellten eine Machbarkeitsstudie Wasserkraft an der Kläranlage Hemau (Niedermaier, Rödl, 2024) vor. Die Machbarkeitsstudie untersucht die Installation einer Wasserkraftanlage an der Kläranlage Hemau zur Rückgewinnung von Energie. Ihr Projekt kam zu dem Ergebnis, dass die geplante Anlage etwa ein Drittel des Strombedarfs decken könnte.
Zukunftsthemen Vermarktung von Wasserkraftstrom und IT-Sicherheit
Philip Hahn von CyberGrid sprach über innovative Ansätze zur Vermarktung von Wasserkraftstrom und betonte die Bedeutung flexibler Energiemanagementlösungen, um die Wirtschaftlichkeit der Anlagen weiter zu steigern. Der Beitrag von Anna Rerich vom Landesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (LSI) hob zudem die Wichtigkeit der IT-Sicherheit für Wasserkraftanlagen hervor, insbesondere vor dem Hintergrund zunehmender Digitalisierung und wachsender Cyber-Bedrohungen.
Ein erfolgreicher Tag für die Wasserkraft
„Das 5. VWB und LVBW-Wasserkraftseminar war ein voller Erfolg und verdeutlichte die Bedeutung der Wasserkraft als verlässliche und umweltfreundliche Energiequelle“ betonte Fritz Schweiger, Vorsitzender der VWB in seinem Abschlussstatement. Die Kombination aus praxisnaher Besichtigung der Ruselkraftwerke und einem abwechslungsreichen Seminarprogramm bot den Teilnehmern wertvolle Einblicke in die aktuellen Entwicklungen und zukünftigen Potenziale der Wasserkraft.
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