Aus den Kommunenzurück

(GZ-4-2025 - 13. Februar)
gz aus den kommunen

► 10 Jahre Landkreispartnerschaft Dachau – Oświęcim/Auschwitz:

 

Für die Freundschaft, für die Zukunft

 

Anlässlich des 80. Jahrestages der Befreiung des KZ Auschwitz-Birkenau besuchte der Dachauer Landrat Stefan Löwl mit einer Delegation des Landkreises den Partnerlandkreis Oświęcim (Auschwitz). Seit 10 Jahren verbindet die beiden Regionen eine offizielle Landkreispartnerschaft. Erstmalig in diesem Jahr spielte das Dachauer Jugendsinfonieorchester gemeinsam mit der Musikschule Oświęcim ein gemeinsames Konzert. Die Delegation nahm an den offiziellen Gedenkfeierlichkeiten teil.

Dachau und Auschwitz – zwei Namen, die aus der Geschichte nicht zu löschen sind. Sie wurden in der ganzen Welt zum Synonym für das größte Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Heute sind das zwei Erinnerungsorte, die sich deutlich gegen jegliche Form von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Totalitarismus und Ausgrenzung positionieren. Und zwei Orte, die der Trauer und der Verarbeitung Raum geben.

GZ 04 2025 Befreiungstag Auschwitz GSKranzniederlegung der Partnerlandkreise Dachau - Oświęcim/Auschwitz im Todesblock 11 des KZ Auschwitz. Bild: Landratsamt Oświęcim, Rafał Lorek

Von einer Freundschaft zur offiziellen Partnerschaft

Die enge künstlerische und private Freundschaft zwischen Paweł Warchoł aus Oświęcim und dem Dachauer Heiko Klohn, die im Jahre 1989 bei einer Ausstellung in Oświęcim entstand, prägte die Kontakte und legte den Grundstein für die im August 2015 unterzeichnete Partnerschaft. Der Wunsch nach einer offiziellen Partnerschaft wurde an den Landkreis von der polnischen Seite herangetragen und „weil es wichtig ist“, so Löwl, sagte er bald nach seinem Amtsantritt zu.

Die Verantwortung für die gelebte Partnerschaft trägt Koordinatorin Dr. Bernadetta Czech-Sailer. Die gebürtige Polin nahm als Studentin selbst an zahlreichen Kursen der Internationalen Jugendbegegnungsstätte Oświęcim teil und war 1995 bei den Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag der Befreiung anwesend. „Damals“, erinnert sich Czech-Sailer, „war mit Roman Herzog erstmals ein deutscher Bundespräsident vor Ort – ein außergewöhnlicher Moment.“ Anschließend führte Herzog in der Internationalen Jugendbegegnungsstätte Gespräche mit Jugendlichen im Rahmen eines Journalistenseminars, wodurch auch Czech-Sailer ihm persönlich begegnete. Diese Zeit prägte sie nachhaltig und seither pflegt sie enge Verbindungen zur Region.

GZ 04 2024 20250126 114729Dr. Bernadetta Czech-Sailer mit der Ausstellung „Kinder aus Indersdorf 1944-48. Zeugen und Opfer des Dritten Reiches“. Bild: CH

Eines ihrer jüngsten Projekte, das sie gemeinsam mit dem „Museum zum Gedenken der Einwohner der Region Oświęcim“ durchgeführt hat, ist die Ausstellung „Kinder aus Indersdorf 1944-48. Zeugen und Opfer des Dritten Reiches“, die im Oktober 2023 eingeweiht wurde und dort dauerhaft gezeigt wird. Die Ausstellung wurde von der Heimatforscherin Anna Andlauer zusammen mit der Direktorin des Museums, Dorota Mleczko, sowie Czech-Sailer kuratiert. Sie erzählt vom Schicksal der Kinder polnischer und ukrainischer Zwangsarbeiterinnen im Landkreis Dachau, die durch das menschenverachtende nationalsozialistische Regime Hunger, Kälte und Krankheiten ausgesetzt waren und verstorben sind. Es geht aber auch um Kinder, die überlebt und nach der Befreiung im Internationalen Kinderzentrum Kloster Indersdorf Hoffnung für das weitere Leben gefunden haben.

Nun hat die Ausstellung in einem Museum einen Platz gefunden, das sich mit der Hilfe, die KZ-Häftlinge durch Anwohner erhalten haben, beschäftigt. Sei es der Schmuggel von Briefen, die heimliche Versorgung mit Lebensmittel und Medizin bis hin zum Verstecken von geflüchteten Häftlingen: Im Bewusstsein, die eigene Freiheit und das eigene Leben aufs Spiel zu setzen, haben viele Menschen Übermenschliches geleistet. Hier, in diesem Museum, wird das Gedenken an die vielen namenlosen und bekannten guten Seelen in Ehren gehalten.

Junge Menschen als Brückenbauer in die Zukunft

Neben Stephanie Jacobs, Bayerische Staatskanzlei, Dr. Markus Gruber, Amtschef im Bayerischen Ministerium für Familie, Arbeit und Soziales sowie Stiftungsvorstand des Max Mannheimer Studienzentrums, Richard Seidl, Stadtrat und Referent für Zeitgeschichte in Dachau, begleiteten auch zwei Vertreterinnen des Jugendkreisrats die Delegation. Zu den jährlich stattfindenden Reisen nach Polen werden immer zwei Jugendvertreter mitgenommen. Die Einrichtung des Jugendkreisrats hat dem Landkreis Oświęcim so gut gefallen, dass kurzerhand dem bayerischen Beispiel gefolgt und selbst eine solche Institution eingerichtet wurde. Die Jugendkreisräte beider Nationen legten gemeinsam einen Kranz bei den zentralen Feierlichkeiten zum Befreiungstag der Stadt Oświęcim nieder.

Landrat Stefan Löwl (r.) bei seinem Grußwort zum gemeinsamen Konzert. Bild: CHLandrat Stefan Löwl (auf der Bühne, stehend, r.) bei seinem Grußwort zum gemeinsamen Konzert. Bild: CH

Wie schon in der Anfangszeit ist auch dieses Jahr Kunst das verbindende Element. Das Dachauer Jugendsinfonieorchester ist mit über 30 jungen Menschen angereist um gemeinsam mit der Musikschule Oświęcim ein abendfüllendes, ambitioniertes Programm zu bestreiten. Dabei wurden unter anderem besondere Musikstücke mit Bezug zur NS-Zeit herausgesucht. „Die schönste Zeit des Lebens“ von Franz Grothe bspw. musste von jüdischen Gefangenen zur Unterhaltung ihrer Peiniger gespielt werden. Außerdem wurde eine Suite aus Brundibár, einer Kinderoper, gespielt. Der Komponist Hans Krása, kam in Auschwitz-Birkenau ums Leben.

In seinem Grußwort zum Konzert sagte der Dachauer Landrat Stefan Löwl: „Heute, 80 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz, sind wir hier; nicht nur um zu erinnern und zu warnen, sondern auch um zu zeigen, dass Hoffnung und Liebe selbst an den dunkelsten Orten wachsen können. In diesem Jahr feiern wir ein kraftvolles Symbol dieser Hoffnung: den 10. Jahrestag der Partnerschaft zwischen unseren beiden Landkreisen.“ Dass die Landkreispartnerschaft Anerkennung auch über die Landkreisgrenzen hinaus erfährt, formulierte Petra Pau, Bundestagsvizepräsidentin, in ihrem Grußwort zur Veranstaltung mit den Worten: „Es grenzt an ein Wunder.“ Sie lobte die Landkreispartnerschaft Oświęcim – Dachau: „Ich hoffe, andere Gebietskörperschaften werden diesem Beispiel in Zukunft folgen.“ CH

Dieser Artikel hat Ihnen weitergeholfen?

Bedenken Sie nur, welche Informationsfülle ein Abo der Bayerischen GemeindeZeitung Ihnen liefern würde!
Hier geht’s zum Abo!

 

 

 

 

 

GemeindeZeitung

Aus den Kommunen

AppStore

TwitterfacebookinstagramYouTube

Google Play

© Bayerische GemeindeZeitung