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(GZ-12-2017)
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► Helmut Kruczek & Johann Fischer / Kraftwerk am Höllenstein AG:   
 
Unsere Druckkammer-Fischschleuse lässt Fische wandern und erzeugt Strom
 

Kruczek Ficher

Johann Fischer und Helmut Kruczek (v.l.) Kraftwerk am Höllenstein AG

Im Kraftwerk am Höllenstein wurde ein nicht benötigter Grundablasskanal unter dem Kraftwerksgebäude zum Einbau einer Druckkammerfischschleuse genutzt und im November 2013 fertiggestellt. Eine Druckkammerschleuse als Wanderhilfe für Fische zu nutzen – diese Idee ist nicht neu. Der Clou an der Schleuse am Kraftwerk Höllenstein ist jedoch die von Werkleiter Johann Fischer entwickelte energetische Nutzung der Fischschleuse, wie der Geschäftsführer der Stadtwerke Straubing GmbH, Helmut Kruczek, bemerkte.

Für den Betrieb der Schleuse werden ca. 500 Liter Wasser in der Sekunde benötigt, das nicht mehr für die Stromerzeugung zur Verfügung steht, was einen Produktionsverlust von jährlich 400.000 kWh Strom bedeutet. Durch ein ausgeklügeltes Rohrsystem und den Einbau eines Turbinenaggregats kann auch dieses Wasser für die Stromerzeugung genutzt werden und verbindet damit Ökologie und Wirtschaftlichkeit in idealer Weise.

Ehrung mit Bayerischem Energiepreis 

Das Projekt wurde mit Fördermitteln des bayerischen Wirtschaftsministeriums und des bayerischen Umweltministeriums unterstützt und erhielt den Bayerischen Energiepreis in der Kategorie „Erneuerbare Energien, Energienetze, Speichertechnologien“. 2014 wurden das deutsche und 2015 auch das europäische Patent verliehen.

In den Grundablasskanal wurde eine geschlossene Druckkammerfischschleuse mit Oberwasser- und Unterwasserschott für den Fischein- und Fischausstieg sowie einer Einlauf- und einer Entnahmeöffnung für das Betriebswasser eingebaut. Für Druckaufbau und -entlastung sind separate Zuund Ablassschieber installiert Unterwasserseitig entstand ein Einstiegsbecken durch den Einbau einer Strömungsleitwand zwischen den Auslauftrennpfeilern.

Mit einer Lockströmung werden wanderwillige Fische in die Schleusenkammer gelockt. In variabel einstellbaren Zeitintervallen wird das unterwasserseitige Einstiegschott geschlossen und in der Schleusenkammer mittels Schieber der Oberwasserdruck aufgebaut. Herrscht in der Schleusenkammer der gleiche Druck wie im Oberwasser, wird der oberwasserseitige Schott geöffnet. Durch einen einstellbaren Abfluss aus der Schleusenkammer entsteht eine Lockströmung, die die Fische gegen die Strömung zum Ausschwimmen ins Oberwasser animiert.

Anschließend wird der Fischausstieg (Oberwasserschott) wieder geschlossen und der Unterwasserdruck wieder hergestellt. Bei Druckgleichheit wird das Unterwasserschott wieder geöffnet und die Einschwimmphase kann von neuem beginnen.

Fischereibiologisches Monitoring

Im Jahr 2014 wurde das vorgeschriebene fischereibiologische Monitoring gestartet. Dies wurde vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz begleitet und gefördert. Bereits die ersten Ergebnisse stellten sich ausgesprochen positiv dar – Fische verschiedenster Art und unterschiedlicher Größe wurden in der Schleuse gesichtet.

Die Möglichkeit, diverse Parameter wie Zeitintervalle, Lockströmung oder Druckanpassungsgeschwindigkeit an dieser Anlage verändern zu können, war Auslöser für den Start einer begleitenden Versuchsreihe. Unter anderem wurde dabei auch die Auswirkung einer Beleuchtung der Schleusenkammer untersucht. Dies brachte bemerkenswerte Erkenntnisse, die in einer weiteren Monitoringphase im Frühjahr 2015 intensiv untersucht wurden.

Während der zweiwöchigen Untersuchung konnte eindeutig belegt werden, dass sich diese positiv auf das Wanderverhalten auswirkt. In dieser kurzen Zeit wurden über 5.100 Fische beim Ausschwimmen aus der Schleusenkammer beobachtet. Mehrmals kam es zu Massenaufstiegen von Fischschwärmen mit mehr als hundert Individuen. Diese hervorragende ökologische Funktion bestätigte auch die Beobachtungsreihe im Frühjahr 2016.

Energetische Nutzung der Schleuse fördert Fischaufstieg 

Besonders erfreulich war die Feststellung im Monitoringbericht, wonach die energetische Nutzung der Schleuse durch die Reduzierung der Turbulenzen den Fischaufstieg fördert.

Wenn auch quantitativ untergeordnet, konnten im Monitoring auch absteigende Fische beobachtet werden. Durch entsprechende Ergänzungen erscheint dieses System für den Fischabstieg ausbaufähig zu sein. Es liegen bereits konkrete Vorschläge vor, die an weiteren Anlagen realisiert werden könnten. Damit wäre eine vollständige ökologische Durchgängigkeit an Talsperren und Flusskraftwerken gewährleistet. 

Kraftwerk am Höllenstein

Die Kraftwerk am Höllenstein AG wurde 1923 gegründet. Nach nur 3 Jahren Bauzeit konnte das Kraftwerk Höllenstein am 14. Januar 1926 die Stromproduktion aufnehmen. Im ersten Geschäftsjahr betrug die Stromerzeugung 7,769 Mio. Kilowattstunden, heute werden hier durchschnittlich 13,5 Mio. kWh produziert. Um die Leistungsfähigkeit zu verbessern, wurde 1963 das Ausgleichswerk in Pulling errichtet. Hier beträgt die jährliche Stromproduktion ca. 6 Mio. Kilowattstunden.

Die Stadt Straubing verstand es, sich über die Stadtwerke Straubing 88,92 % der Aktien zu sichern und bis heute zu halten. Die gesamte Stromproduktion wird in das Netz des Bayernwerkes eingespeist.

Der Betrieb der Kraftwerke war vom Freistaat Bayern bis zum Januar 2001 genehmigt. Nach einem fast 9 Jahre dauernden Verfahren wurde am 28.07.2009 die wasserrechtliche Bewilligung für weitere 30 Jahre mit der Auflage erteilt, die Durchgängigkeit wiederherzustellen. Mit der Inbetriebnahme einer konventionellen Fischtreppe am Kraftwerk Pulling im Jahr 2011 und der Druckkammerfischschleuse im Kraftwerk Höllenstein sind alle Auflagen erfüllt und damit die Weiterführung des Betriebes gesichert.

RED

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