Eine deutliche Senkung des Verbrauchs ist zwar erklärtes politisches Ziel, doch die aktuelle Wohnungsknappheit scheint dem zuwider zu laufen und viele Kommunen in eine Zwickmühle zu bringen. Führt die Intensivierung des Wohnungsbaus statt zu einer Senkung zu einer weiteren Steigerung des Flächenverbrauchs? Nicht unbedingt. Eine der wirkungsvollsten Maßnahmen zur Senkung des Flächenverbrauchs ist die Erhöhung der Flächeneffizienz durch Mehrgeschossigkeit der darauf errichteten Gebäude. Bei gleicher Nutzfläche spart eine zweigeschossige Bebauung 50 % Bodenfläche im Vergleich zu einer eingeschossigen, eine viergeschossige 75 % usw. Je höher die Anzahl der Geschosse, desto höher die Einsparung.
Zudem sparen die Kommunen dabei auch noch Geld, denn sie müssen für die Bauflächen Straßen, Straßenbeleuchtung, öffentlichem Nahverkehr, Kanalisation, Versorgungsleitungen usw. errichten. Je niedriger die Bebauungsdichte, desto ungünstiger das Aufwand-Nutzen-Verhältnis bei den kommunalen Erschließungsleistungen. Auch beim Klimaschutz gibt es günstige und ungünstige Aufwand-Nutzen-Verhältnisse. Ein gutes Aufwand-Nutzen-Verhältnis weist Bauen mit Holz auf. Seine CO2-Vermeidungskosten ergeben sich aus den Mehrkosten gegenüber mineralischer Bauweise und der vermiedenen CO2-Menge. Diese ist hoch – im Geschosswohnungsbau 15 bis 30 Tonnen pro Person, wenn als Wohnfläche der deutsche Durchschnittswert von 46,5 qm pro Person angesetzt wird.
Das entspricht der CO2-Menge, die pro Person bei 30 bis 60 Hin- und Rückflügen von München nach Mallorca freisetzt wird. Wer sich für eine Wohnung in Holzbauweise entscheidet, kann also anschließend 30- bis 60-mal nach Mallorca fliegen und ist dann immer noch klimaneutral – seine anderen CO2-Emissionen mal außer Acht gelassen. Die Mehrkosten der Holzbauweise gegenüber der mineralischen Bauweise sind in letzter Zeit immer geringer geworden – und damit auch CO2-Vermeidungskosten. Unter den Klimaschutzmaßnahmen gehört Bauen mit Holz somit zu den wirtschaftlichsten und wirkungsvollsten. Vor allem wirkt es sofort – ein oft übersehener, aber immens wichtiger Aspekt. Denn es gilt, die Klimaerwärmung so schnell wie möglich so stark wie möglich zu bremsen, damit die Ökosysteme nicht kollabieren, sondern genügend Zeit haben, sich anzupassen.
Die Anzahl der Geschosse wird im Bebauungsplan definiert. Die Bauweise bzw. das Baumaterial muss anders festgelegt werden. Wie – darüber dachte das Münchener Stadtplanungsamt gründlich nach, als vor einigen Jahren der Stadtrat beschloss, dass auf dem Gelände der ehemaligen Prinz-Eugen-Kaserne eine ökologische Mustersiedlung mit rund 600 Wohnungen entstehen soll. Und es klärte dabei auch den Begriff „Holzbau“: die Frage, ab welchem Holzanteil ein Gebäude überhaupt als Holzgebäude anzusehen ist. Denn kein Holzgebäude besteht ausschließlich aus Holz und die Grenzen sind bisher nirgends definiert.
Nach gründlicher Analyse bereits realisierter Holzgebäude wurden „Nawaro-Stufen“ definiert: die Masse nachwachsender Rohstoffe bezogen auf die Wohnfläche – kurz: kg Nawaros/qm WF. Die Bewerber für Grundstücke mussten verbindlich erklären, welche Nawaro-Stufen sie bei ihrem Bauprojekt realisieren würden. Die meisten Bewerber kreuzten die höchste Stufe an. Unter denen wurden die Grundstücke dann verlost. Zusätzlich legte die Stadt ein Förderprogramm auf, das jedes verbaute kg Nawaros in Gebäudeklasse 3 (bis drei Geschosse) mit 70 Cent und in den Gebäudeklassen 4 und 5 (ab vier Geschosse) mit 2 Euro bezuschusst.
Mehrgeschossige Bauvorhaben stoßen in der Nachbarschaft oft auf große Ablehnung und Widerstand. Als unschöne, den Ort verschandelnde Ungetüme werden sie kritisiert. Wie es anders gehen kann, zeigten in den letzten Jahren viele junge Wohnungsbaugenossenschaften und auch viele Baugemeinschaften. Die künftigen Bewohner sind eng in den Entwurfsprozess eingebunden und legen großen Wert auf eine gestalterisch, sozial und ökologisch hochwertige Architektur. München vergibt deshalb seit einigen Jahren bei Neubauarealen immer bis zu 40 Prozent ihrer Grundstücke an Genossenschaften und Baugemeinschaften – und sie unterstützt über ihre Mitbauzentrale aktiv deren Gründung.
Gute Architektur erhöht die Akzeptanz mehrgeschossiger Wohnbauten deutlich, eine mit Holz verkleidete Fassade noch mehr. Auch für die Akzeptanz von Baustellen bietet die „trockene“ Holzbauweise große Vorteile gegenüber den „nassen“ Bauweisen: Dadurch, dass in Werkhallen präzise vorgefertigte Großelemente auf den Baustellen einfach und schnell montiert werden, verkürzt sich die Bauzeit enorm und es entsteht kaum Lärm und kaum Staub. Das Gleiche gilt auch für Aufstockungen von Bestandsgebäuden – die sicherlich effizienteste Maßnahme zum Senken des Flächenverbrauchs.
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