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(GZ-17-2018)
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► Kommunale Verkehrspolitik:

 

Räum- und Streupflichten der Gemeinden

 

Der Winter steht vor der Tür und sobald der erste Schnee Gehwege und Straßen in Rutschbahnen verwandelt, werden Fragen zur Räum- und Streupflicht der Gemeinden wieder hochaktuell: Welche Pflichten sind einzuhalten, welche Maßnahmen zu ergreifen? Darüber informiert die Versicherungskammer Bayern.

1. Rechtliche Grundlagen

Die gesetzliche Grundlage für eine Räum- und Streupflicht findet sich in Art. 51 Abs. 1 BayStrWG. Danach sind die Gemeinden innerhalb geschlossener Ortslagen zum Winterdienst verpflichtet. Die Gemeinden sind jedoch nicht verpflichtet, Räum- und Streumaßnahmen rund um die Uhr durchzuführen. Grundsätzlich ist der Winterdienst so zu organisieren, dass mit Beginn des Hauptberufsverkehrs, also in der Regel vor 7 Uhr morgens, die Streumaßnahmen bereits getroffen sind. An Sonn- und Feiertagen muss erst um 8 Uhr morgens der Winterdienst ausgeführt sein, da an solchen Tagen erfahrungsgemäß der Tagesverkehr erst später einsetzt.

Wirksamkeit der Maßnahmen sicherstellen

Dabei muss die Wirksamkeit der Winterdienstmaßnahmen bis 20 Uhr sichergestellt werden. Das heißt, nach wiederholtem Schneefall oder Temperaturabfall muss gegebenenfalls erneut geräumt und gestreut werden. Eindeutig zwecklose Maßnahmen, wie z.B. das Streuen während andauernden Schneefalls oder bei Eisregen, sind dagegen nicht vorgeschrieben. Auch nach 20 Uhr besteht keine Räum- und Streuverpflichtung mehr.

2. Pflichten gegenüber dem Fahrverkehr

Die Anforderungen gegenüber dem Fahrverkehr richten sich danach, ob sich der betreffende Straßenteil innerhalb oder außerhalb der geschlossenen Ortslage befindet. Entscheidend ist hierbei das äußere Erscheinungsbild der Ortsbebauung, nicht die Gemeindegrenze oder das Ortsschild. Innerorts besteht eine Räum- und Streuverpflichtung an verkehrswichtigen und gefährlichen Straßenstellen. Allein das Vorliegen eines Merkmals dagegen reicht nicht aus, um für die Kommune eine Verpflichtung zur Durchführung von Winterdienstmaßnahmen zu begründen. So besteht z.B. keine Räum- und Streupflicht für reine Anwohnerstraßen oder für Straßen zu einem Einödhof – selbst dann nicht, wenn diese die einzige Anbindung zum Straßennetz darstellt.

Die Verkehrswichtigkeit einer Straße ergibt sich aus deren Bedeutung für die weitere Region, nicht aus deren Bedeutung für die nähere Umgebung. Als verkehrswichtig in diesem Sinne gelten deshalb nur die Ortsdurchfahrten von Bundes-, Landes- und Kreisstraßen, örtliche Hauptverkehrsstraßen (z.B. große Durchgangsstraßen) und bei kleineren Gemeinden örtliche Verkehrsmittelpunkte wie Ortskern, Marktplatz und Hauptkreuzungen.

Gefahrenstellen

Als gefährlich werden Straßenstellen angesehen, an denen Fahrzeuge erfahrungsgemäß bremsen, ausweichen oder sonst ihre Fahrtrichtung ändern müssen, so z.B. scharfe oder unübersichtliche Kurven, Fahrbahnverengungen und Gefällestrecken. Außerorts besteht eine Verpflichtung zum Winterdienst nur an verkehrswichtigen und zugleich besonders gefährlichen Straßenstellen, an denen Gefahr droht, die auch ein besonders sorgfältiger Kraftfahrer nicht meistern oder erkennen kann. Besondere Gefährlichkeit liegt u.a. bei außergewöhnlichem Gefälle (weit mehr als 10 %), nicht erkennbaren Brücken oder Stellen, an denen sich unerwartet Reifglätte bilden kann vor. Bei Parkplätzen besteht grundsätzlich gegenüber dem Fahrverkehr keine Räum- und Streupflicht, außer es liegen die oben ausgeführten Kriterien der Verkehrswichtigkeit und Gefährlichkeit vor.

3. Pflichten gegenüber dem Fußgängerverkehr

Innerorts besteht eine uneingeschränkte Räum- und Streuverpflichtung für Gehwege und die nur für den Fußgängerverkehr bestimmten Teile öffentlicher Straßen, also den sogenannten Gehbahnen. Daneben besteht eine Verpflichtung zum Winterdienst für belebte und unerlässliche Fußgängerüberwege. Dabei handelt es sich um durch Ampelanlagen oder Zebrastreifen gesicherte Überwege sowie belebte Kreuzungen, die zumindest in der Hauptverkehrszeit ständig von einem großen Personenkreis benutzt werden müssen. In Fußgängerzonen und verkehrsberuhigten Bereichen muss ein angemessen breiter Streifen im Mittelbereich geräumt und gestreut sein, wobei ausreichend ist, wenn Geschäfte oder Parkplätze mit wenigen Schritten auch über nicht gesicherte Stellen erreicht werden können.

Bushaltestellen und sonstige öffentliche 

Einrichtungen, an denen regelmäßig oder zu bestimmten Zeiten ein starker Fußgängerverkehr herrscht, unterliegen gesteigerten Anforderungen. Hier sind bei entsprechender Witterung Kontrollen bzgl. der Nachhaltigkeit durchgeführter Winterdienstmaßnahmen bzw. wiederholtes Räumen und Streuen erforderlich. Auf Parkplätzen besteht nur dann eine Räum- und Streupflicht, wenn sie verkehrswichtig sind und Fußgänger die einzelnen Stellplätze nicht mit wenigen Schritten erreichen können. Es ist aber nicht die gesamte Parkfläche zu räumen und zu streuen, sondern nur ein Streifen, der das gefahrlose Verlassen des Parkplatzes wie das gefahrlose Erreichen des Fahrzeugs ermöglicht. Außerorts besteht grundsätzlich keine Räum- und Streuverpflichtung gegenüber dem Fußgängerverkehr. Eine Ausnahme hiervon kann lediglich bei einem besonderen Bedürfnis, wie beispielsweise einem Verbindungsweg zwischen zwei nicht weit voneinander entfernten Ortsteilen, bestehen.

4. Übertragung von Sicherungspflichten

Gemäß Art. 51 V BayStrWG ist eine Übertragung des Winterdienstes auf die Anlieger durch eine Verordnung möglich. Eine Abwälzung des Winterdienstes kann hierbei allerdings nur für Gehwege und Gehbahnen innerorts und nur auf den gesetzlich festgelegten Personenkreis Grundstückseigentümer und sonstige dinglich Berechtigte - erfolgen. Eine weitergehende Übertragung von Räum- und Streupflichten (z.B. auf Mieter) ist dagegen nicht möglich. Trotz Übertragung des Winterdienstes verbleibt nach der Rechtsprechung eine Überwachungs- und Kontrollpflicht bei der Kommune. Stellt die Kommune wiederholt Verstöße der Anlieger fest, kann sie Bußgelder verhängen. Da jedoch oft bloße Unwissenheit der Anlieger der Grund dafür ist, dass Winterdienstmaßnahmen nicht ausgeführt werden, hat es sich als sinnvoll erwiesen, vor Beginn jeder Winterperiode die Anlieger durch öffentliche Bekanntmachungen auf die Übertragung des Winterdienstes für Gehwege und Gehbahnen hinzuweisen.

RED

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