LVN und Partner haben wegweisendes Konzept zur Notstromversorgung mit erneuerbaren Energien entwickelt – Feldtests bringen neue Erkenntnisse.
Ein langandauernder, großflächiger Stromausfall kann in unserer modernen Gesellschaft gravierende Folgen haben. Besonders die schnelle Wiederversorgung kritischer Infrastrukturen, etwa Krankenhäuser oder Wasserwerke, ist entscheidend. Hier setzt das Projekt LINDA an: Die LEW Verteilnetz GmbH (LVN) und ihre Projektpartner aus Wirtschaft und Wissenschaft haben im Projekt bewiesen, dass dezentrale Erzeugungsanlagen, wie Photovoltaikanlagen, Wasserkraftwerke oder Biogasanlagen, zur Notstromversorgung im Blackout-Fall eingesetzt werden können.
V.l.: LEW-Vorstandsmitglied Dr. Markus Litpher, Peter Mahl, Bürgermeister von Niederschönenfeld, Landrat Stefan Rößle, BEW-Geschäftsführer Prof. Dr. Frank Pöhler, Prof. Dr. Michael Finkel von der Hochschule Augsburg und MdL Wolfgang Fackler freuten sich über den erfolgreichen Projektabschluss. Bild: LEW/Christina Bleier
Dafür haben die Projektpartner ein Konzept entwickelt und in den bisher umfangreichsten Inselnetzversuchen in Deutschland erfolgreich in der Praxis getestet: Beim abschließenden Feldversuch waren alle drei Kommunen Niederschönenfeld, Feldheim und Rain mit rund 1.100 Haushalten, 185 Photovoltaikanlagen sowie zwei Wasserkraftwerken und einer Biogasanlage eingebunden. Ein Großteil der Ergebnisse aus den Versuchen ist nun ausgewertet und wurde gestern im Rahmen einer Abschlussveranstaltung vorgestellt.
Das seit November 2015 entwickelte LINDA-Konzept (Lokale Inselnetzversorgung und beschleunigter Netzwiederaufbau mit dezentralen Erzeugungsanlagen bei großflächigen Stromausfällen) dient insbesondere der Notstromversorgung kritischer Infrastrukturen wie Krankenhäuser oder der Wasserversorgung. Diese können mit dem LINDA-Konzept über ein vom regionalen Stromnetz unabhängiges Inselnetz versorgt werden.
Bisher wurden etwa Photovoltaikanlagen für die Notstromversorgung nicht genutzt, da diese Anlagen auf ein bestehendes Netz mit einer stabilen Spannungs- und Frequenzvorgabe angewiesen sind. Mit LINDA können solche dezentralen Erzeugungsanlagen nun für die Notstromversorgung erschlossen werden: Ein schwarzstartfähiges Kraftwerk, etwa ein Wasserkraftwerk oder eine Biogasanlage, übernimmt die Rolle des Führungskraftwerks und gibt die Frequenz im Netz vor. In den Feldversuchen hat diese Rolle das Wasserkraftwerk in Feldheim übernommen.
Erfolgreiche Feldversuche
Nach und nach kann zusätzliche Erzeugungsleistung, etwa von Photovoltaikanlagen, hinzugeschaltet werden. Diese erkennen ein bestehendes Netz und beginnen wie im typischen Verbundbetrieb einzuspeisen. Bis auf eine Anpassung des Führungskraftwerks ist dabei keine technische Nachrüstung nötig. Dadurch lässt sich das Konzept vergleichsweise gut übertragen. Dass das Konzept funktioniert, hat das Projektteam in den Feldversuchen unter Beweis gestellt. „Weiterführende Untersuchungen haben nun gezeigt, dass auch Gasmotoren, wie sie zum Beispiel in Biogasanlagen zum Einsatz kommen, für die Rolle des Führungskraftwerks geeignet sind“, sagt Dr. Georg Kerber, Projektleiter bei LVN.
Last und Erzeugung im Gleichgewicht
Um das Inselnetz stabil zu betreiben, müssen Last und Erzeugung jederzeit im Gleichgewicht sein. Dann stellt sich eine Frequenz von 50,2 Hertz im Netz ein. Wird zu viel Strom erzeugt, gerät das Netz in den Bereich der Überfrequenz und wird instabil. Moderne Photovoltaikanlagen drosseln deshalb bei einer Frequenz über 50,2 Hertz ihre Leistung schrittweise.
Dieser Mechanismus wird im LINDA-Konzept genutzt. So kann sie das Inselnetz stabil gehalten werden, ohne dass eine Nachrüstung nötig ist. In das Netz speisen jedoch auch ältere Photovoltaikanlagen ein. Diese schalten bei Überfrequenz ab einem bestimmten Wert vollständig ab. „Wir hatten die Befürchtung, dass wir durch die vielen plötzlichen Abschaltungen in den Bereich der Unterfrequenz geraten“, sagt Kerber. „In den Feldversuchen hat sich jedoch gezeigt, dass sich die PV-Anlagen nicht synchron bei 50,2 Hertz abschalten, sondern sich die Abschaltungen auf einen größeren Frequenzbereich verteilen. Das Verhalten der älteren Anlagen ist damit nicht so kritisch für die Netzstabilität, wie angenommen.“
Integration in Notfallkonzepte
Während der Feldversuche war zu jeder Zeit ein stabiler Inselnetzbetrieb möglich. Das Projektteam konnte so beweisen, dass dezentrale Erzeugungsanlagen für die Notstromversorgung im Blackout-Fall eingesetzt werden kann. Das LINDA-Konzept wird nun weiterentwickelt und kann in Notfallkonzepte sowie Netzwiederaufbaupläne integriert werden und ergänzt bestehende Strategien zur Wiederherstellung der Stromversorgung bei einem großflächigen Stromausfall.
Anfragen zur Unterstützung bei der Umsetzung des Konzepts in weiteren Kommunen und anderen Netzgebieten liegen bereits vor. LINDA wurde unter Federführung von LVN mit Partnern aus Wissenschaft (Hochschule Augsburg, Technische Universität München) und Industrie (Bayerische Elektrizitätswerke GmbH (BEW), Stellba Hydro GmbH & Co KG, Marquis Automatisierungstechnik GmbH, MTU Onside Energy GmbH, PSI Software AG) entwickelt und umgesetzt.
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