Aktuelle Entwicklungen im Wasserrecht, Trinkwassergewinnung und Trinkwasserversorgungsanlagen, Starkregen und urbane Sturzfluten sowie der verantwortliche Umgang mit Abwassernetzen bildeten u.a. den thematischen Mittelpunkt der 15. Bayerischen Wassertage in Augsburg. Veranstaltet wurde die Tagung vom Förderverein KUMAS in Zusammenarbeit mit den Partnern Grünbeck Wasseraufbereitung GmbH, HPC AG Harburg, MVV Industriepark Gersthofen GmbH sowie dem Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU).
Beim Erreichen eines guten ökologischen und chemischen Zustandes seiner Gewässer hinkt Deutschland laut Catrin Schiffer vom Bundesverband der Deutschen Industrie noch weit hinter den Anforderungen hinterher. Stand 2018 erreiche kein einziges Bundesland die nach der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) gesteckten Ziele.
Auch zeichne sich ab, dass sich daran bis zum Ende des nächsten Bewirtschaftungszyklus‘, also bis zum Jahre 2027, nichts ändere und die Ziele weiter verfehlt werden. Auch im EU-Durchschnitt hätten lediglich 38% der Oberflächengewässer einen guten chemischen Zustand und nur 40% einen guten ökologischen Zustand bzw. gutes ökologisches Potenzial. Der Grund sei u.a., dass eingeleitete Maßnahmen nur zeitverzögert Wirkung zeigten.
Fristverlängerungen zur Erreichung der Ziele sind, so Schiffer, nach dem Jahr 2027 nur noch unter erschwerten Bedingungen bzw. gar nicht mehr möglich. Deutschland werde sich ab dann also – wie auch andere EU-Mitgliedsstaaten – in einem dauerhaften Vertragsverletzungsverfahren befinden. Um die Ziele bis 2027 zu erreichen, werden enorme Anstrengungen aller beteiligten Kreise notwendig sein, um drohende Klagen abzuwenden.
Sonderforschungsbereich Mikroplastik
Von den Arbeiten im „Sonderforschungsbereich Mikroplastik“ berichtete Dr. Martin Löder von der Universität Bayreuth. Dort werden neue, wissenschaftlich fundierte Grundlagen für die Bewertung der Umweltrisiken von Massenkunststoffen erarbeitet.
Haupteintragspfade von Plastik – egal ob Makro- oder Mikroplastik – sind Löder zufolge Flüsse, die als Zubringer für Meere anzusehen sind. Auch in Binnengewässern kann aber inzwischen in nahezu jeder Probe Mikroplastik festgestellt werden. Insbesondere in den Sedimenten der Uferbereiche werden hohe Konzentrationen registriert – teilweise bis zu 130.000 Partikel pro qm. Über die genauen Eintrags- und Wirkungsmechanismen liegen Stand heute allerdings noch viel zu wenige Daten vor, um konkrete Handlungsempfehlungen z. B. für den Gesetzgeber, auszusprechen.
Die bayerischen Städte und Gemeinden haben in den vergangenen Jahrzehnten mit erheblichem Aufwand und hohen Investitionen ein umfassendes unterirdisches Leitungsnetz errichtet. Etwa 100.000 km an öffentlichen Abwassersammelkanälen und rund 115.000 Kilometer an öffentlichen Trinkwasserleitungen liegen im Untergrund Bayerns verborgen. Diese Länge entspricht etwa dem fünffachen Erdumfang.
Die Instandhaltung der Trinkwasserverteilnetze ist insbesondere für viele kleine bayerische Gemeinden, Zweckverbände oder Wasserversorgungsunternehmen eine große Herausforderung, wie Gerd Haag vom Bayerischen Landesamt für Umwelt in Hof darlegte. Bisher werden Überprüfungen und Sanierungen der Leitungsnetze häufig nach der finanziellen Situation der Gemeinde bzw. einem festen Anteil des Gebührenaufkommens durchgeführt und nicht nach dem Zustand der Leitungen und dem tatsächlichen Sanierungsbedarf. Dies kann negative Folgen für die Umwelt und für die Anschlussnehmer haben.
Abwasserkanäle und Trinkwasserleitungen
Etwa 10 bis 15 Prozent aller Abwasserkanäle und Trinkwasserleitungen in Bayern müssen in den kommenden Jahren saniert oder erneuert werden. Damit gehen hohe Kosten und ggf. Einschränkungen bei der Nutzung für die Kunden einher. Mit der Kampagne „Schau auf die Rohre“ wollen die Fachbehörden sowohl bei den Bürgerinnen und Bürgern als auch bei den kommunalen Entscheidungsträgern mehr Bewusstsein für die Notwendigkeit der Instandhaltung der Netze schaffen.
Bis dato wurde in jedem Regierungsbezirk mindestens ein Aktionstag durchgeführt, informierte Haag. In der verbliebenen Kampagnenlaufzeit (bis Mitte 2021) sind weitere Informationsveranstaltungen im Rahmen von „Aktionstagen“ und Bürgerveranstaltungen geplant. Wie es gelingt, Abwassernetze verantwortlich zu betreiben, darüber informierte Dr. Herbert Rauscher, MVV Industriepark Gersthofen GmbH. Abwassernetze sind nach seinen Ausführungen nicht statisch, sondern unterliegen einer kontinuierlichen Änderung.
Da es sich um „verborgene“ Anlagen handelt, sei die Dokumentation eine wichtige Grundlage für alle Entscheidungen zum Betrieb und Erhalt der Anlage. Die speziellen Rahmenbedingungen im Umfeld der Anlage erschwerten eine Vergleichbarkeit mit kommunalen Kanalsystemen. Für Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten sollten aufgrund des Umfeldes erprobte und bewährte Dienstleister zum Einsatz kommen.
Mehr Starkregenereignisse
Die Sommer der letzten Jahre brachten immer neue Temperatur- und Hitzerekorde mit sich, gleichzeitig aber lokal immer häufigere Starkregenereignisse. Nach trockenen, heißen Tagen folgten extreme Regenfälle. Diese Beobachtung lässt sich auch statistisch nachvollziehen, wie Maria Foltyn vom Bayerischen Landesamt für Umwelt, Hof anhand der Ergebnisse verschiedener Studien nachweisen konnte.
Die wichtigste Erkenntnis dabei: Starkregen ist im Prinzip immer und überall möglich. Ein Zusammenhang mit dem Klimawandel ist gegeben, denn wärmere Luft kann auch mehr Wasser aufnehmen, das sich dann bei ungünstigen meteorologischen und kleinklimatischen Bedingungen schlagartig in heftigen Regengüssen niederschlägt. Auch für Kommunen ist es aus Foltyns Sicht unerlässlich, sich vor den negativen Folgen zu wappnen. Digitale Modelle seien in der Lage, künftig die Vorhersagen von Starkregenereignissen zu verbessern und somit zur Schadensreduzierung beizutragen. Aus Analysen zur Gefahrenermittlung und Risikobeurteilung könnten Maßnahmenpläne für eine wirksame, vorbeugende Planung entwickelt werden.
Absicherung gegen Naturgefahren
Wie Dr. Miriam Dühnforth von der Versicherungskammer Bayern beispielhaft belegen konnte, wurden zwischen 2002 und 2019 von 26 der größten Elementarschadensereignisse 21 Ereignisse durch Starkregen verursacht. Die Prognosen zum fortschreitenden Klimawandel ließen erwarten, dass sowohl die Zahl der Ereignisse als auch die Schadensumfänge im Laufe des 21. Jahrhunderts zunehmen werden.
Während in Deutschland heute 43 Prozent aller Gebäude mit einer Elementarschadenversicherung gegen Naturgefahren versichert sind, haben in Bayern bislang nur 34 Prozent der Häuser diesen elementaren Schutz, berichtete Dühnforth. Dabei könnten im Freistaat Bayern 99,8 Prozent der Gebäude problemlos versichert werden. Für die verbleibenden 0,2 Prozent seien meist individuelle Lösungen nach einer Besichtigung vor Ort möglich.
Noch wichtiger ist die Absicherung gegen Naturgefahren jetzt auch aufgrund eines Kabinettsbeschlusses der Bayerischen Staatsregierung, so Dühnforth: Seit dem 1. Juli 2019 gibt es keine staatlichen Soforthilfen mehr, sofern die Immobilie gegen Elementarschäden versicherbar gewesen wäre. Deshalb sei es wichtig, sich selbst gegen Elementarschäden bei Naturkatastrophen abzusichern. Nur eine Versicherung biete verlässlichen Schutz.
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