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(GZ-4-2020)
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► Viele Chancen für Kommunen und Stadtwerke:

 

Aufbruch in eine smarte Zukunft

VKU unterstützt BET-Studie / Erfahrungen und Handlungsempfehlungen aus erfolgreichen deutschen Smart-City-Projekten

 

Bessere Luft dank intelligenter Verkehrssteuerung, CO2-Reduktion durch optimierte Quartierslösungen mit erneuerbaren Energien und Speichern: Die Digitalisierung bietet viele Chancen für Kommunen und Stadtwerke, um die Lebensqualität in den Städten und Gemeinden zu steigern und die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes zu erhöhen. Was möglich ist und wie Projekte am besten gelingen, zeigt die Studie „Aufbruch in eine smarte Zukunft“ der BET Büro für Energiewirtschaft und technische Planung GmbH in Aachen.

Mit Unterstützung des VKU sammelte und wertete die BET die wichtigsten Erfahrungen und Handlungsempfehlungen aus 35 erfolgreichen deutschen Smart-City-Projekten, darunter bayerische Best-Practice-Beispiele aus Aschaffenburg, Rödental und München, aus. Die Projekte wurden aus dem gesamten Bundesgebiet so ausgewählt, dass von der Kleinstadt bis zur Metropole jeder Stadttypus abgedeckt ist. Die Steckbriefe stellen dar, welche Anwendungsbereiche in den Interviews mit der spezifischen Stadt im Fokus standen und wer die wesentlichen Akteure für diese Projekte sind.

Seit einigen Jahren ermöglicht die Aschaffenburger Versorgungs-GmbH (AVG) den Bürgern Aschaffenburgs und seinen Besuchern über das öffentliche Stadtwerke-WLAN kostenlos im Internet zu surfen. Mit innovativer Kommunikationstechnik wird der Aufbau intelligenter Stromnetze ermöglicht. Laut Dieter Gerlach, Geschäftsführer Stadtwerke Aschaffenburg, „vertrauen viele Bürger dem Stadtwerk gerade bei sensiblen Themen wie dem Datenschutz mehr als privaten Anbietern. Stadtwerke sind prädestiniert, sich dieses Themas anzunehmen, und sollten die nötigen IT-Kompetenzen aufbauen.“

In der oberfränkischen Stadt Rödental sorgen die Stadtwerke unter anderem für eine moderne Glasfaserinfrastruktur. Mit Blick auf das vom Freistaat Bayern angebotene Förderprogramm „Höfebonus“ betont Stadtwerke-Geschäftsführer Michael Eckhardt: „Das Fördergeld macht unsere Glasfaser bald wirtschaftlich und triggert dann den kommunalen ‚Mehrwert‘, zufriedene Bürger, erfolgreichere Unternehmen, Wertsteigerung bei den Anwesen, Ausgleich von Stadt und Land, neue Ansiedlungen und den Anschluss an die digitale Welt.“

In der Landeshauptstadt München zeichnen die Stadtwerke München (SWM), Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG), Landeshauptstadt München und Privatunternehmen für die Umsetzung einer elektrischen Ladeinfrastruktur, Car- und Bike-Sharing sowie Multimodale Verkehrskonzepte / Mobilitätsstationen verantwortlich.

„Wer für die Umsetzung von Projektzielen notwendig ist, sollte schon bei der Planung Teil der Projektentscheidungen sein. Verwaltungsverfahren zur Einbindung aller notwendigen Behörden sollten stärker digitalisiert werden, um Projekte schneller umsetzen zu können“, rät Carina Niedermeier, Projektleiterin Mobilität im EU-Projekt Smarter Together, Stadtwerke München GmbH.

Kommunale Unternehmen sind aus ihrer Sicht bestens geeignet, um die digitale Transformation der Städte und Gemeinden voranzutreiben. „Sie können digitale Technologien mit ihren Infrastrukturen und vielfältigen Dienstleistungen sowie mit der Nähe und dem Vertrauensvorsprung eines lokalen Versorgers vereinen, um Wettbewerbsvorteile zu schaffen und sich gleichzeitig intern effizienter aufzustellen.“

Die Studie hat gezeigt: Bei vielen der untersuchten Projekte steht nicht unmittelbar die Profitabilität im Mittelpunkt, sondern die Verbesserung der Standortfaktoren für die lokale Wirtschaft und der Lebensbedingungen für die Bürgerinnen und Bürger. Die Motivation für diese Städte, Gemeinden und kommunalen Unternehmen ist es, hohe Lebensqualität und eine gute regionale Wirtschaftskraft herzustellen sowie häufig auch die Lebensbedingungen in ländlichen und städtischen Regionen durch eine gute Daseinsvorsorge einander anzunähern.

Die Daseinsvorsorge geht heute z. B. in Form von Breitbandversorgung über den klassischen kommunalen Versorgungsumfang hinaus. Mittelbar kommen diese Investitionen auch den Finanzen der Kommune zu Gute, z. B. über Gewerbesteuereinnahmen, ohne dass dies schon bei Projektstart in einem Geschäftsplan mit detailliert berechneter Refinanzierung abgebildet sein müsste. Auch Vorteile für den Tourismus dienten in manchen Städten als zusätzlicher Grund für die Investition.

Chance für Stadtwerke

Gerade der Infrastrukturbereich bietet Möglichkeiten, Smart City als eine digitale Erweiterung der historischen Rolle der Stadtwerke anzusehen. Viele Best-Practice-Projekte wurden von Netz- oder Messstellenbetreibern umgesetzt, die auf diese Weise die Möglichkeiten für die Zukunft testen und ein modernes, digitalisiertes Netz schaffen. Hieraus ergeben sich signifikante Einsparungspotenziale im intelligenten Messwesen und Netzmanagement.

Für viele Stadtwerke ist Smart City eine Chance, als innovatives Unternehmen wahrgenommen zu werden. Das resultierende positive Image, neue digitalisierte Produkte und innovative Kombiprodukte schaffen gut nutzbare Differenzierungsmöglichkeiten gegenüber der Konkurrenz und ermöglichen nachhaltigen Geschäftserfolg. Hierzu wurde auch häufig betont, dass das Stadtwerk als lokaler Akteur durch seine Kundennähe und das Vertrauen der Kunden einen wesentlichen Trumpf in der Hand hält, den es in nachhaltige Geschäftsvorteile gegenüber globalen Akteuren übersetzen kann, wenn es schnell genug handelt.

Auch in anderen Sektoren erwarten kommunale Unternehmen durchaus profitable Geschäftsmodelle, wie z. B. über das Zurverfügungstellen der eigenen Glasfaser- und Straßenbeleuchtungsinfrastruktur als Grundlage für den Rollout des 5G-Mobilfunks durch private Telekommunikationsanbieter. Grundsätzlich muss das Stadtwerk oder die Kommune bereit sein, die finanziellen Risiken zu tragen, die mit der Erschließung eines neuen Themenfeldes einhergehen – hierbei bildet Smart City keine Ausnahme.

Einige der befragten Projektverantwortlichen haben Vorschläge geäußert, wie die Politik die Rahmenbedingungen für diese Innovationsprojekte verbessern sollte. Ein wesentliches Thema sind die öffentlichen Fördergelder, die für einige der befragten Projekte die Voraussetzung für die Durchführung bilden. Besonders beim Breitbandausbau betonten die Interviewpartner die Wichtigkeit der Förderung, da die Konsumentennachfrage für eine schnelle Refinanzierung oftmals noch zu zögerlich ist. Als Ergänzung einer Förderung der Investition sollte daher auch eine Nachfrageförderung seitens der Politik geprüft werden, zum Beispiel in Form von Gutscheinen für einen Glasfaser-Hausanschluss oder einer Förderung von Internet-Vertragsabschlüssen mit hoher Bandbreite.

Die Handlungsempfehlungen der Smart-City-Pioniere in Kurzform:

Der konkrete Nutzen eines Smart-City-Projektes muss sich klar an die Bürgerinnen und Bürger, die Unternehmen sowie die Entscheidungsträgerinnen und -träger kommunizieren lassen. Alle Stakeholder sollten frühzeitig involviert werden.

Durch eine gute Organisation und geeignete Kooperationen können auch kleine Kommunen und Stadtwerke alle benötigten Kompetenzen bereitstellen. Häufig übernimmt das Stadtwerk die Federführung für die Umsetzung der Smart-City-Projekte. Erfolgreiche Projekte beginnen nicht mit einem umfangreichen Masterplan, sondern stützen sich auf eine methodisch sauber entwickelte, individuelle Smart-City-Vision und klare Prioritäten sowie die Bereitschaft zum schnellen Start, zum agilen Handeln und zur kontinuierlichen Verbesserung.

Der notwendige Lernprozess in diesem neuen Handlungsgebiet kann durch die Vernetzung mit anderen Smart-City-Akteuren und -Experimenten sehr effektiv beschleunigt werden. Als Kommunikationstechnologie ist derzeit LoRaWAN (Long Range Wide Area Network) recht weit verbreitet, ermöglicht allein aber nicht alle Anwendungen. Nur die geeignete Kombination verschiedener Kommunikationstechnologien ermöglicht eine breite Palette von Anwendungen.

Die Finanzierung der stetig notwendigen technischen Innovation kann durch die gezielte Einbindung langfristiger Technologiepartner erleichtert werden. Offene und standardisierte Schnittstellen bewahren die künftige Handlungsoption für Systemwechsel.

Der Datenschutz muss für jede Smart-City-Aktivität auch technisch gewährleistet sein. Gerade das technologisch innovative kommunale Unternehmen verfügt hierbei über einen Vertrauensvorschuss der Bürger, der als Wettbewerbsvorteil genutzt werden kann.

Das Smart-City-Projekt sollte zunächst als Pilotprojekt eingeführt und getestet werden. Die Gestaltung des Pilotprojektes, das Team, die Fokusgebiete der ersten Erfolge, die Verteilung von Verantwortlichkeiten und die Gewinnung von Fürsprechern legen die Grundlage für eine erfolgreiche Skalierung.

Smart-City-Projekte können durchaus auf kurzfristig profitable Aktivitäten beschränkt werden. Doch ist auch der Denkansatz tragfähig, dass sich die Rentabilität langfristiger einstellt, etwa über die Verbesserung der Standortfaktoren und städtischen Lebensbedingungen oder den Aufbau strategischer Kompetenzen und kompetitiver Portfolios des kommunalen Unternehmens.

Die Politik sollte die Vorgaben der breiten Förderlandschaft an die agile Arbeitsweise anpassen und den hohen Aufwand für die Beantragung und das Berichtswesen reduzieren. Für den Bereich der Quartierslösungen mit nachhaltiger Nutzung von flexiblen Erzeugern, Speichern und Lasten müssen ein unbürokratischer gesetzlicher Rahmen und die nötigen Zertifizierungen bereitgestellt werden.

Schon kleine Schritte reichen, um ein Stück voranzukommen. Es ist jedoch wichtig anzufangen, um das Feld nicht anderen zu überlassen und frühzeitig Erfahrungen zu sammeln.

DK

 

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